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Georgia Stanway bejubelt den EM-Sieg in Basel.
© Imago

Europameisterin²: Georgia Stanways bewegtes Halbjahr beim FC Bayern & mit England

Es ist spät geworden in Basel. Mal wieder, wie schon so oft bei dieser EM-Endrunde, haben die regulären 90 Minuten keine Entscheidung herbeigebracht. Georgia Stanway sitzt mit einem breiten Grinsen im St.-Jakob-Park, umgeben von ihren Mannschaftskolleginnen. Die frischgebackene Europameisterin genießt ein Stück Pizza. Der Jubel auf dem Rasen ist verklungen, die Scheinwerfer sind längst gedimmt. Hier, abseits des Trubels, zeigt sich ein anderer Moment des Triumphs: leise, fast vertraulich.

Zwischen den Zeilen ihrer Instagram-Story, in der sie das vergangene halbe Jahr als „Rollercoaster six months, so proud“ bezeichnet, offenbart sich eine persönliche Geschichte. Fast beiläufig hat sie diese Worte gesetzt – kein Pathos, kein großer Ausruf. Vielmehr eine nüchterne, knappe Bilanz einer Zeit voller Wellen: Schmerzen und Freude, Reha-Tage im Kraftraum und die Abende, an denen sich Geschichte verdichtet. Ein Rückblick auf eine bewegte Phase im Leben der zweifachen Europameisterin.

Der schwere Start in 2025

Alles begann Ende Januar beim Training am FC Bayern Campus mit einer Außenbandverletzung im rechten Knie – mitten im Aufbruch, kurz nach dem Jahreswechsel. Die Diagnose kam schnell, die Operation ebenso. Von einem Moment auf den nächsten war klar: Für Stanway war das Kapitel Klubfußball in diesem Frühjahr vorerst abgeschlossen. Dabei hatte sie bis dahin kaum eine Minute verpasst, stand fast durchgehend auf dem Platz, in ihrer gewohnten Rolle als Taktgeberin und Antreiberin. Und doch war es am Ende eine Saison, die irgendwie ohne sie zu Ende ging. Der FC Bayern holte erstmals das Double, Meisterschaft und Pokalsieg. Ein 4:2 im Finale gegen Werder Bremen, ein Dreierpack von Lea Schüller, der emotionale Abschied von Trainer Alexander Straus. All das fand ohne Stanway auf dem Rasen statt. Es waren Erfolge, die sie maßgeblich mitgeprägt hatte. Aber zumindest nicht mehr auf dem Platz genießen konnte.

Die FC bayern Frauen bejubeln den Pokalsieg in Köln.
Ihre bis dato erfolgreichste Saison in München, wenngleich sie aufgrund ihrer Verletzung zum Ende hin nicht mehr zum Einsatz kam: Mit den FC Bayern Frauen holte Stanway in der abgelaufenen Spielzeit das Double aus meisterschaft & Pokal. | © Imago

Der nicht zu erwartende Sommer

Dann kam der Sommer. Georgia Stanway wurde rechtzeitig fit für die Europameisterschaft – nicht überstürzt, sondern in kleinen Schritten und mit Bedacht auf den Platz zurückgeführt. England griff mit ihr nach dem nächsten großen Coup. Die Zielsetzung war klar: die Titelverteidigung, der zweite EM-Sieg nach 2022. Das Feld war eng, die Konkurrenz gewachsen. Doch Stanway stand wie so oft in der ersten Reihe. In einem Turnier, das für die Lionesses wenig Raum für Glanz ließ, wurde sie zu einer der Konstanten in einem Team, das sich über Kampf und Kompaktheit definierte. Die Münchnerin ordnete, unterbrach, sicherte ab - unauffällig, aber unverzichtbar. England musste durch enge Türen: Platz zwei in der Gruppe hinter Frankreich. Elfmeterschießen gegen Schweden im Viertelfinale nach 0:2-Rückstand. Verlängerung gegen Italien im Semifinale. Und dann das Endspiel von Basel gegen Spanien, den amtierenden Weltmeister. Eigentlich waren die Lionesses doch schon ein ums andere Mal beinahe ausgeschieden.

Georgia Stanway während des EM-Finals gegen Spanien.
Eckpfeiler in der Mannschaft von Englands Nationaltrainerin Sarina Wiegmann: Die Münchnerin Georgia Stanway. | © FA / Lionesses

Die Partie in Basler St. Jakob-Park begann um 18 Uhr. Der Himmel grau, der Rasen durch den Regen schwer. Spanien dominierte die erste Hälfte, hielt den Ball, bestimmte den Rhythmus. Mariona Caldentey traf zur verdienten Führung. Doch England stemmte sich dagegen. Erst zögerlich, dann mit wachsender Entschlossenheit. Chloe Kelly ersetzte die verletzte Lauren James und brachte Energie. Ihr Flankenlauf bereitete den Ausgleich durch Alessia Russo vor. Im Mittelfeld hielt Georgia Stanway die Ordnung. Sie grätschte, dirigierte, führte ihre Mannschaft und füllte die leeren Räume im Mittelfeld. Es war kein Auftritt für Schlagzeilen, aber einer von leiser Autorität. In der 114. Minute dann der Moment, den sie so lang hinausgezögert hatte: angeschlagen, ausgepumpt und ausgepowert musste sie vom Feld. Die 26-Jährige hatte bis ans Ende ihrer Kräfte alles gegeben. Ihr Platz im Elfmeterschießen blieb somit leer. Vom Rand sah sie zu, wie Spanien Nerven zeigte: Gleich drei Schützinnen scheiterten. 

Back-to-back Europameisterin

Sie hat es schon wieder getan: Für die 26-jährige Münchnerin war der Erfolg in der Schweiz bereits der zweite große Titel auf europäischem Parkett. | © FA / Lionesses

England traf hingegen einigermaßen sicher. Chloe Kelly – wie schon im Endspiel 2022 – setzte den Schlusspunkt: 3:1 nach Elfmeterschießen für England, ein Erfolg, der sich nicht aus dem Spiel, sondern aus der Widerstandskraft erklärte. Eigentlich wie schon das ganze Turnier über. Und als das Team auf dem Rasen feierte, war Stanway längst Teil dieses Moments. Nicht als Elfmeterschützin zwar, aber als eine, ohne die England nicht im Nervenkrimi dieses Finals gestanden hätte. Dann war es amtlich: Die Lionesses waren erneut Europameister! Für Sarina Wiegman war es der dritte EM-Titel in Folge – ein historisches Detail für die Statistik. Für Georgia Stanway war der Erfolg vielleicht sogar das persönlichste Kapitel eines ohnehin bemerkenswerten halben Jahres. Im Zuge dieser EM-Wochen hatte sie sich einmal mehr in Position gebracht. Ihr Spiel lebte nicht vom einzelnen Moment, sondern vom Rhythmus, den sie vorgab. 

England bejubelt den EM-Sieg in Basel.
Grenzenloser Jubel: In Bastler St. Jakob-Park zelebrierten die Lionesses ihren zweiten EM-Titel in Folge. | © Imago

In einer Zeit, in der Sichtbarkeit oft mit Einfluss verwechselt wird, verkörperte sie das Gegenteil: Führungsstärke auf ihre ganz eigene Art. „Dieses Turnier hat uns alles abverlangt und alles übertroffen, was wir jemals erlebt haben“, sagte die 26-Jährige später. „Und dann ein Finale über 120 Minuten und einem Elfmeterschießen, das wir am Ende gewinnen konnten.“ Dass sie sich nach mehreren Monaten ohne Wettkampf in den Mittelpunkt des europäischen Fußballs zurückarbeitete, war kein Zufall, sondern Folge einer Haltung. Diszipliniert, geduldig, fast stoisch. Ihre Leistung bei der EM war Ausdruck davon, und ihre Rückkehr nach München in wenigen Tagen ist es auch. 

Georgia Stanway bejubelt den EM-Sieg in Basel mit dem Pokal in der Hand.
Erneut auf dem europäischen Fußballthron: Georgia Stanway krönte ihre Saison mit dem vierten Titel nach Meisterschaft, DFB-Pokal und dem Supercup. | © FA / Lionesses

Sie bringt nicht nur den zweiten EM-Titel ihrer Karriere mit, sondern etwas Tieferes: Erfahrung. Widerstandskraft. Reife. „Wir haben es erneut geschafft, zurückzukommen und Lösungen gegen Spanien zu finden. Sie sind eine unglaublich gute Mannschaft, sie haben so eine Qualität, aber heute konnten wir sie schlagen und unseren Titel verteidigen“, fügte die Engländerin hinzu. Und so endet dieses erste Halbjahr in 2025 nicht nur mit dem zweiten EM-Titel ihrer Laufbahn, sondern auch mit einem ruhigen Moment in der Schweiz: eine Pizza, geteilt mit den Teamkolleginnen, später ein Blick in den Nachthimmel von Basel. Georgia Stanway weiß, dass es immer weitergeht. Und sie ist mit Sicherheit schon jetzt bereit für den nächsten Rollercoaster Ride in München.

Der FC Bayern gratuliert Georgia Stanway zum zweiten EM-Titel ihrer Karriere: 

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