Es war ein schöner Tag, dieser 10. Mai 1997, die Sonne schien, der Frühling war da. Im Münchner Olympiastadion aber war die Stimmung trotzdem schlecht. 63.000 Zuschauer pfiffen, als der FC Bayern München in der zweiten Halbzeit noch immer keinen Treffer gegen Tabellenschlusslicht SC Freiburg erzielt hatte. Trainer Giovanni Trapattoni musste reagieren – Einer aber fand das gar nicht gut.
Als Jürgen Klinsmann in der 80. Minute gegen Vertragsamateur Carsten Lakies ausgewechselt wurde, war er sauer. Was erlaubte sich der Trainer da? Wie konnte er ausgerechnet ihn auswechseln? Klinsmann meckerte, schimpfte, aber das reichte noch nicht. Vor lauter Wut trat der Bayern-Torjäger mit seinem linken Fuß gegen eine Werbetonne. Oder besser gesagt: Er trat in sie hinein.
Die Sanyo-Werbetonne nämlich war – anders als Klinsmann wutentbrannt vermutete – nicht sonderlich resistent. Das Loch, das Klinsmann in der hölzernen Tonne ihr hinterließ, hatte scharfe Kanten. Den Schmerz konnte er damals natürlich noch nicht zugeben. Die Menge aber amüsierte sich – und Sanyo freute sich unerhoffter Aufmerksamkeit und erhöhter Umsätze.
"Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich einen Knall gehört habe, als ich auf den Platz gelaufen bin", erzählte Lakies später. Für den Amateur waren es die einzigen zehn Minuten, die er je für die Profi-Mannschaft spielen durfte. Am 0:0 konnte er auch nichts mehr ändern. Geschichte hatte er aber auf seine Weise geschrieben.
Klinsmann sieht es inzwischen mit Humor
Klinsmann hat sich noch in der Kabine bei dem jungen Burschen entschuldigt. „Wie jeder ehrgeizige Fußballspieler habe ich mich über meine Auswechslung geärgert. Aber das war sicher nicht meine größte Leistung“, sagte er zu seinem Fehlverhalten. Recht hat er, denn die 31 Tore, die er in 65 Pflichtspielen zwischen 1995 bis 1997 für die Bayern schoss, bleiben in besserer Erinnerung. Daher gebührt dem Mann, der als Trainer in der Saison 2008/2009 zu den Bayern zurück kam, pünktlich zu seinem 49. Geburtstag am 30. Juli das „Exponat der Woche“.
"Ich habe mir beim Tonnentritt das ganze Schienbein aufgeschürft“, sagte Klinsmann etliche Jahre später, als er über seinen Fauxpas schon lachen konnte. Dass er seinen Fehltritt tatsächlich inzwischen mit Humor sehen kann, bewies der ehemalige Nationalspieler und –trainer auch, als er bei seinem Abschiedsspiel 1999 im Stuttgarter Neckar-Stadion mit einem sanften Tritt gegen eben diese Tonne ein Feuerwerk in Gang setzte.
Heute hat der „Tritt in die Tonne“ längst Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. Zu sehen ist die wohl berühmteste Werbetonne natürlich in der FC Bayern Erlebniswelt. Das Team des Vereinsmuseums fand das „Stück Bayern-Geschichte“, das jahrelang bei Werbeaktionen und Ausstellungen zu sehen war, bei einem Weinhändler in Stuttgart wieder. Für knapp 3.000 Euro hatte dieser die Tonne 2006 bei Ebay ersteigert.
