Wenn man heute auf die Tribüne der Allianz Arena blickt, sieht man ein bunt gemischtes Publikum. Ob auf Stehplätzen oder Sitzplätzen, ob Jung oder Alt, ob Männer oder Frauen: Der deutsche Rekordmeistert zieht Besucher aller Art an. Ein Exkurs in die Geschichte aber zeigt, dass das nicht immer so war. Im Archiv der FC Bayern Erlebniswelt findet man zum Beispiel Aufzeichnungen über eine Partie, bei der die Anwesenheit von weiblichen Fans als echte Besonderheit herausgestellt wurde. Ein Rückblick zum Weltfrauentag - der an diesem Mittwoch, den 8. März, weltweit begangen wird.
Dass sein 59. Geburtstag im Jahr 1972 auf einen Spieltag fiel, passte Wilhelm Neudecker († 24. Dezember 1993) seinerzeit bestens. Denn der damalige Präsident des FC Bayern nahm seinen persönlichen Ehrentag zum Anlass für eine besondere Aktion: Zum Heimspiel in der zweiten Runde des Europapokals der Landesmeister gegen Omonia Nikosia lud Neudecker alle Münchner Frauen ins Olympiastadion ein. 700 Bayern-Anhängerinnen folgten seinem Angebot – und am nächsten Tag las man in den Münchner Zeitungen Schlagzeilen wie „Münchens Frauen erobern das Fußballstadion“ oder „Der UIi hat so schöne blonde Haare“.
„Ein Hauch von Wohlgerüchen“
In Block Y, 5, 6, 7, und 8 fanden sich die weiblichen Fans ein, die allesamt freien Eintritt zu der Partie hatten, die 9:0 endete und bis heute der höchste Europapokal-Sieg der Bayern ist. 25.000 Zuschauer waren insgesamt ins Olympiastadion gekommen, aber, so stand es tags darauf in der „Abendzeitung“, „über dem Block Y lag ein Hauch von Wohlgerüchen, und die Atmosphäre war schon vor dem Anpfiff sehr familiär“. Frauen-Liebling war neben Gerd Müller, der gleich fünf Mal traf, der heutige Präsident Uli Hoeneß, der das Tor zum 2:0 erzielte. Nach seinem Treffer konnte sich eine Dame „kaum mehr fassen und genehmigte sich einen großen Schluck aus der Obstlerflasche“, schrieb eine Zeitung. Es ging also recht munter zu unter den Damen.
Eine Umfrage unter der „hoiden Weiblichkeit“ hatte gar die „Bild“-Zeitung gemacht. Und siehe da! Vielen Frauen waren gar nicht nur wegen der netten Einladung und des freien Eintritts vor Ort. „Ich bin begeisterte Bayern-Anhängerin, aber mein Mann nimmt mich nie mit“, sagte etwa Bärbel R. Und Manuela A. meinte: „Mein Mann redet immer so begeistert über Fußball, dass ich mir das Spektakel mal selbst ansehen wollte. Der Gerd Müller ist schon eine richtige Wucht.“ Die Motive der Zuschauerinnen waren vielfältig: Fußballinteresse, Neugier, Stars, Gemeinschaftserlebnis, Spektakel. Und unter die Frauen hatten sich auch ein paar Männer gemischt. Eine Perücke reichte, um als weiblicher Fan durchzugehen, denn – wie die AZ schrieb: „Ein Sextest fand nicht statt.“
Zwei Tage später mussten die Damen in Begleitung kommen
Neudecker übrigens hatte sich „30.000 zahlende Fans und 20.000 Frauen“ gewünscht. Der Plan ging nicht ganz auf – seine Idee aber war trotz des miserablen Wetters an jenem Tag in München sehr gut angekommen. Zum Rückspiel, das zwei Tage später in Augsburg ausgetragen wurde, waren Damen übrigens wieder gerne gesehen. Sie erhielten erneut kostenlosen Eintritt, allerdings mit einer Einschränkung: Ein männlicher Begleiter war Pflicht. Bunt gemischt also – wie heute.