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Die Schreibmaschine, die den FC Bayern rettete

Sie ist ein echter Blickfang – und gleichermaßen uralt wie brandneu: Besucher der FC Bayern Erlebniswelt können seit einigen Wochen eine Schreibmaschine bestaunen, die die Geschichte des FC Bayern nachhaltig geprägt hat. 1954 wurde das Modell „SM3“ der Olympia-Werke West GmbH vom Ehrenpräsidenten Kurt Landauer erworben – und war schon kurze Zeit später ein wichtiges Mittel zum noch wichtigeren Zweck: Mit ihr verfasste Briefe retteten den FC Bayern aus finanzieller Not. In der diesjährigen Jahreshauptversammlung 2019 verzeichnet der Verein wieder Rekordzahlen. Das war jedoch nicht immer so, ganz besonders nicht Mitte der 1950er Jahre. Aber der Reihe nach…

Landauer war 1954 seit drei Jahren nicht mehr als Vorsitzender des FC Bayern im Amt, aber nach wie vor in der Fußballbranche aktiv. Eine neue Schreibmaschine konnte er gut gebrauchen, sage und schreibe DM 379,00 bezahlte der heutige Ehrenpräsident für das neueste Modell. Um welche Investition es sich dabei für Landauer gehandelt haben muss, zeigen folgende Vergleichswerte: Eine Jahreskarte für die Haupttribüne beim FC Bayern kostete damals DM 60,00, der Beitrag für ein erwachsenes Mitglied betrug DM 18,00, die Wiesn-Maß DM 1,70. 

Bei den Bayern lief es nicht gut. Sportlich rangierte der Klub zur Jahreswende 1954/55 seit Wochen bereits auf den Abstiegsrängen der Ligatabelle, auch die finanzielle Lage war kritisch.  Von seinem alten Weggefährten Sigi Herrmann ließ Landauer sich breitschlagen, nochmals in den ,FC Bayern-Ring´ zu steigen. Persönliche Eitelkeiten spielten beim jüdischen Präsidenten, der 1951 zum zweiten Mal unfreiwillig hatte seinen Stuhl räumen müssen, keine Rolle mehr. Es ging 1955 um den FC Bayern. Und nur um den FC Bayern.

Trotz Landauers eindringlichem Appell in der Vereinsversammlung an die Mannschaft: Der – bis heute einzige sportliche – Abstieg war nicht mehr abzuwenden. Als viel größere Bedrohung jedoch sollte sich die wirtschaftliche Lage des Klubs herausstellen. Bis zum Saisonende hatte sich ein Schuldenberg von DM 65.000 angehäuft, das entsprach etwa einem Fünftel des damaligen Jahresumsatzes. Die Liquidität des Vereins war zum Ende der Spielzeit 1954/55 nicht mehr gegeben. Die Aufrechterhaltung des Spielbetrieb zum neuen Saisonstart wäre nicht möglich gewesen – zumindest nicht ohne Landauer.

Die Bayern-Familie hilft: 22 Darlehensgeber – und mehr als 30.000 DM

Bereits Wochen vor Saisonende spannte er zahlreiche Briefbögen in seine neue Schreibmaschine. Er richtete diese Schreiben an alte FC Bayern-Weggefährten, denen er die gegenwärtige, verheerende finanzielle Situation des Vereins schilderte, und bat um die Gewährung von zinslosen Darlehen, um den Niedergang unseres Klubs zu verhindern.

Und tatsächlich: Bereits Ende April konnte die Klubleitung erste Dankesschreiben an die Unterstützer, unter anderem mit folgenden Wortlaut, verschicken: „Es ist uns eine wirklich große Freude, berichten zu können, dass diese Aktion, dank des großen Ansehens und Geschicks unseres Herrn Landauer, schon jetzt einen zwar ersehnten, wenn auch nicht unbedingt erwarteten Erfolg zeitigte, so dass wir berechtigte Hoffnung haben dürfen, dem F.C. Bayern bis Saisonbeginn die Wege in finanzieller Hinsicht geebnet zu haben.“

Die Mehrzahl der Angeschriebenen erklärte sich sofort bereit, ihrem FC Bayern in dieser – bis heute vielleicht prekärsten Lage – unterstützend beizustehen. So kam es, dass Kurt Landauer Anfang Juli 1955 mit seiner „Olympia SM3“ eine Liste erstellte. In der ersten Spalte führte er in alphabetischer Reihenfolge die Namen der 22 Darlehensgeber und der drei Spender auf. In die zweite Spalte fügte er die jeweiligen Geldbeträge an, zwischen DM 100,00 und DM 5.000,00. Vor dem höchsten Betrag stand sein eigener Name, Kurt Landauer. In der dritten Spalte wurde der Gesamtbetrag aufgeführt. Er belief sich auf insgesamt DM 30.500,00. Durch die drei Spender kamen nochmals DM 1.200,00 zusammen.

Landauer ebnete den Weg – die Erfolgsgeschichte begann

Ein Jahr darauf war der FC Bayern wieder in die Oberliga Süd aufgestiegen, 1957 konnte der FC Bayern mit dem erstmaligen Gewinn des DFB-Pokals seinen zweiten nationalen Titel der Vereinsgeschichte erringen. Eine Erfolgsgeschichte nahm – auch dank Landauer – ihrenLauf.

Seine Frau Maria Baumann hielt Landauers „Olympia SM3“ nach dessen Tod 1961 weiterhin in Ehren. Nach ihrem Ableben im Jahre 1971 ging Schreibmaschine in den Besitz ihrer Nichte Henny über, die sie nun dankenswerterweise der FC Bayern Erlebniswelt als Leihgabe zur Verfügung stellte. Dort erinnert sie an schwere Zeiten – und einen Mann, der für seinen FC Bayern lebte.

 

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