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Die Pöttingers - drei Generationen für den FC Bayern

Es gibt mehrere tausend Exponate im FC Bayern Museum bzw. im Archiv des deutschen Rekordmeisters - jedes einzelne erzählt seine eigene Geschichte. Eine besondere handelt von der Josef Pöttinger. Als begnadeter Fußballer hatte er entscheidenden Anteil an den frühen Erfolgen des FC Bayern - und prägte damit den Ursprung einer Familien-Historie, die eng mit unserem Klub verbunden ist. Eine besondere Geschichte zum Lesen: Drei Generationen für den FC Bayern.

Tennisspielen, das geht noch. Denn 88 scheint in der Familie Pöttinger kein Alter zu sein. „Eine künstliche Hüfte habe ich, sonst fehlt mir nichts“, erzählt Josef Pöttinger. Für ihn geht es daher auch mit 88 Jahren noch regelmäßig auf den Platz. In Ruhpolding, wo er 1969 seine Tennisschule eröffnet hat, schlägt er die Bälle, gerne auch ab und an mit seinem Sohn. Da stehen dann also Josef „Beppo“ Pöttinger und Josef „Pino“ Pöttinger an der Grundlinie, liefern sich ein Familien-Duell und plaudern. Über Gott und die Welt – und gerne auch über den dritten Josef. „Den Papa“, sagte Beppo. „Den Opa“, sagt Pino.

Ein Gespräch mit den Pöttingers hat viele Facetten, kommt aber immer wieder am selben Punkt heraus: Dem Sport, der die Geschichte der Münchner Familie entscheidend geprägt hat. Beppo, später Wimbledon- und Davies-Cup-Spieler, wurde gegen Ende jener Zeit geboren, in der sein Vater als begnadeter Stürmer zwischen 1920 und 1931 einen erheblichen Beitrag zu den frühen Erfolgen des FC Bayern geleistet hat. Das Foto, auf dem der Papa seinem kleinen Sprössling den Bayern-Platz zeigte, klebt im Familien-Album, das gerne aufgeschlagen wird. Besonders in diesem Jahr, in dem sich der Todestag von Josef Pöttinger († 9. September 1970) zum 50. Mal jährte.

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Der Name „Pöttschge“ ist heute noch präsent

„Pöttschge“ wurde der erste Pöttinger in der Mannschaft genannt, noch heute wird dieser Spitzname in E-Mail-Adressen und auf Social-Media-Kanälen der Pöttingers verwendet. Er stand für einen Mann, der in der damaligen Zeit außergewöhnliche Fähigkeiten hatte. Pöttinger, der sich bereits mit 14 Jahren als Jugendspieler dem FC Bayern anschloss, war – so hieß es in seinem Nachruf – „nahezu alles in die Wiege gelegt worden, was zu einem erstklassigen Stürmer gehört“. Ballfertigkeit, Beweglichkeit, Schussvermögen, Sprungkraft: „Einmalig“, sagte man damals. In München kannte man diesen Mann, der mit 57 Toren einen entscheidenden Anteil am Gewinn der ersten Süddeutschen Meisterschaft hatte. 1926, 1928 und 1929 zog der Verein auch dank ihm in die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft ein. „Fußballspielen hat damals nicht viel Geld eingebracht“, sagt Beppo Pöttinger: „Aber es war schon etwas Besonderes.“

Das zeigt allein der Nachlass Pöttingers, den die Familie dankenswerterweise dem FC Bayern Museum zur Verfügung gestellt hat. Er reicht von persönlichen Dokumenten wie Fotoalben und dem Führerschein über Ehrengaben, Auszeichnungen und Erinnerungstücken an 14 Länderspiele bis hin zu einer lebensgroßen Papp-Figur. Ja, schon damals wurde geworben mit den „Stars“ der Stadt, im Modehaus „Hirmer“ begrüßte Olympia-Teilnehmer Pöttinger die Kunden im Nationaltrikot. Also in dem Aufzug, in dem die Presse ihm 1926 einen „Traum-Einstand“ attestiert hatte – und in dem er später zeitweise sogar als Kapitän agierte.

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Auch die Liebe fand Pöttinger über den FC Bayern

Pöttinger – im Vereinsmuseum an der Wand „Alle Spieler, alle Zeichen“ verewigt – hatte eigentlich alles für eine große Fußballkarriere. Aber er hatte auch ein Manko, das man heute, wenn man seinen Sohn mit 88 Jahren so ansieht, kaum glauben kann. Er war verletzungsanfällig, der „Beinbruch 1930“ ist sogar im Fotoalbum dokumentiert. Lächelnd liegt der frisch operierte Stürmer im Krankenbett, doch die Sorgen wurde in den Wochen und Monaten danach größer. Bereits 1931, als auch noch die Kniescheibe zertrümmert war, musste Pöttinger seine Karriere beenden. Als „seine“ Mannschaft 1932 die erste Deutsche Meisterschaft der Clubgeschichte gewann, saß er neben Trainer Richard Dombi auf der Trainerbank. Als inoffizieller Co-Coach – und Mann, der dem FC Bayern allein aufgrund seiner Familiengeschichte stets verbunden war. Und zwar auf allen Ebenen.

Nimmt man allein das Wichtigste, die Liebe, dann landet man wieder bei diesem Verein. Denn sein „Mariechen“ lernte Pöttinger auch auf dem Platz kennen. Der englische Trainer William Townley wohnte in seiner zweiten Amtszeit zwischen 1919 und 1921 in Schwabing bei Mariechens Großmutter. Eines Tages nahm der Coach das Mädchen mit zum Spiel – schon war es um sie geschehen. „Die Oma hat sich gleich den Besten rausgesucht“, sagt Enkel Pino heute lachend.

Mariechen und Josef heirateten, bekamen ihren Beppo, und der wollte freilich seinem Papa nacheifern. Mit zehn Jahren spielte er bereits in der Bayern-Jugend, „ein Mittelfeldrenner war ich, nicht gerade genial“. Und sowieso sei es „immer ein Drama gewesen, wenn ich gespielt habe“. Vater Josef nämlich war der größte Kritiker seines Buben, der später immerhin in der Oberliga kickte. „Keine Verwandten im Fußball hat er, das hat er immer gesagt“, erzählt Beppo. Besonders unangenehm war es dem Papa später, als er Trainer unter anderem in Jena, den Bayern (Honorar: 500-600 Mark pro Monat) und in Augsburg war, wenn die Jugendmannschaften die Vorspiele der ersten Herren bestritten. „Um Gottes Willen“, hat er dann gesagt: „Jetzt kommt der Bua!“ Beruhigen konnten ihn nur: Tore.

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Der Papa als Kritiker – und später als Fan

Beppo gelangen einige („Papa hat dann immer gesagt: Der Torwart ist blind!“), allerdings war er trotzdem froh, als ihm eines Tages auf der Tribüne des Grünwalder Stadions ein netter Herr einen Ferienjob anbot. Auf der Tennisanlage „Iphitos“ sollte er Bälle einsammeln. Die kleineren Spielgeräte wurden schnell zur größeren Leidenschaft. Mit dem Fußball hörte er auf, auch das aber war Vater Josef nicht recht. „Zwei Jahre lang hat er nicht mit mir geredet“, erinnert sich Beppo. Erst, als er 1950 Deutscher Jugendmeister im Tennis wurde, war der Papa wieder besänftigt – und stolz auf seinen sportlichen Jungen. In der Clubzeitung stand: „Wir Bayern freuen uns mit ihm und gratulieren dazu herzlich.“

Für Beppo ging es weit, bis nach Wimbledon und Paris, auch ins Davies-Cup-Team. Seine Leidenschaft aber war und ist es, anderen seinen Sport beizubringen. Seinem Sohn sowieso, Pino stand einst auf dem Sprung zur Weltklasse. Aber auch den Größen des FC Bayern. „Sepp Maier, Bulle Roth – sie alle waren oft da“, erzählt er. Sogar Gerd Müller schleppten sie mit auf den Tennisplatz. Maier hatte sich für den Stürmer eine besondere Taktik überlegt: „Beppo“, hat er gesagt, „dem Gerd müssen wir einfach klar machen: Der Ball muss nicht ins Netz wie beim Fußball, sondern übers Netz.“ Das klappte. Sie alle spielten passabel Tennis, „und der Sepp“, sagt Beppo, „hat sogar seine Beinarbeit so verbessert, dass er plötzlich Elfmeter gehalten hat“.

Der Tod kam während eines Länderspiels

Gewissermaßen hatten die Pöttingers also auch in der großen Bayern-Ära der siebziger Jahre ihre Finger im Spiel, die der Senior nicht mehr erleben durfte. Sein Tod 1970 kam überraschend – und bezeichnenderweise während eines Länderspiels. Für die Partie zwischen Deutschland und Ungarn in Nürnberg hatte „Pöttschge“ Ehrenkarten vom DFB erhalten, er fühlte sich aber nicht wohl. Ein Besuch beim Doktor in der Früh konnte nicht verhindern, dass er am Abend, als das Spiel vorbei war und seine Frau nach Hause kam, an einem Herzinfarkt gestorben war. Mit 67 Jahren, viel zu früh, „heute wäre das vielleicht anders ausgegangen“, sagt der Sohn. Der Nachruf auf „einen der Besten, die je im Dress des FC Bayern spielten“, erschien in den Clubnachrichten September/Oktober 1970.

Die Pöttingers haben den Kontakt zum Verein immer gehalten. Pino, der in Kitzbühel lebt, fährt gerne in die Allianz Arena. „Du musst mal wieder mitkommen“, ruft er seinem Vater zu. Eine letzte Anekdote fällt den beiden dann auch noch ein. Es gibt ja noch einen Pöttinger – „Pöttschges“ Urenkel Beppos Enkel, Pinos Sohn, der überraschenderweise Benjamin und nicht Josef heißt („das war jetzt dann schon mal erlaubt“). Er sollte vor einigen Jahren mal als Einlaufkind beim FC Bayern fungieren, seine Familiengeschichte hätte das ja ohne Weiteres hergegeben, aber: „Er war einfach zu groß.“ 1,40 Meter, schon damals. Ein Junge einer echten Sportlerfamilie halt.

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Die Familiengeschichte hinter den Exponaten: Das FC Bayern Museum bedankt sich bei Familie Pöttinger! 

Fotos Exponataufnahmen: Sarah Fürbringer
Set-Styling: Marvin Unger

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