
Es gibt mehrere tausend Exponate im FC Bayern Museum bzw. im Archiv des deutschen Rekordmeisters - jedes einzelne erzählt seine eigene Geschichte.Im FC Bayern Museum widmet sich gleich ein ganzer Ausstellungsbereich den Fans - die besonders kreativ und sammelwütig sind. Also zurücklehnen und lesen: Faszination Bayern-Fan.
Die frohe Botschaft wurde am 3. Dezember 1983 verkündet. Im Bayern-Magazin stand sie geschrieben, und sie lautete: Ab sofort gibt es an der Säbener Straße eine „Bayern-Boutique“. Ein kleiner Raum, nicht zu vergleichen mit den heutigen FC Bayern Stores. Das Sortiment aber war schon damals bunt gemischt – und abenteuerlich: In den „Souvenir-Tipps“ der Woche wurden ab sofort in jeder Ausgabe unter anderem FC-Bayern-Moonboots, eine klassische Sporttasche und ein Original-Trikot des heutigen Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge empfohlen. Bestellscheine lagen bei. Versandgebühren: 5 D-Mark.
Das offizielle Eröffnungsfoto ist eine legendäre Aufnahme. Rummenigge und Jean-Marie Pfaff sind zu sehen, das Duo ist eingewickelt in Fan-Kleidung, und im Hintergrund steht ein Fanartikel, der sich heute, fast 40 Jahre später, als Rarität im FC Bayern Museum wiederfindet: der Bayern-Whiskey.
Die Flasche, die die Fan-Dachorganisation „Club 12“ dem Vereinsmuseum dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, sieht auch heute noch edel aus. Das Bayern-Wappen auf schwarzem Hintergrund, silber verziert. Im Fan-Bereich der Dauerausstellung ist sie zu sehen, sie reiht sich ein in die Sammlung zahlreicher Utensilien, die Anhänger des FC Bayern als Schenkung oder Leihgabe abgegeben haben. Nur: Freilich ist sie inzwischen leer. Ausgetrunken. Auf den FC Bayern!

Beckenbauers Mc Toy-Figur – heute mehr als 1.000 Euro wert
„Angefangen von Bierdeckeln, über Anstecknadeln, Bücher, Trikots, unterschriebene Bälle, Bettwäsche bis hin zu Wimpeln in jeder Größe, Feuerzeuge, Pulswärmer“, das stand zu Zeiten des Whiskeys über die Angebote im Bayern-Magazin geschrieben. Heute bietet der FC Bayern eine unfassbar breite Palette an Kleidungstücken, Gebrauchsgegenständen, Haushaltsartikeln oder Schmuckstücken, versehen mit dem Vereinsemblem. Zahlreiche Fans wollen immer und überall zeigen, wem ihr Herz gehört. Der Bayern-Toaster in der eigenen Küche etwa ist mehr als nur ein Toaster. Er ist das Symbol einer engen Beziehung, eine Art Glaubensbekenntnis.
Wie kreativ und sammelwütig die Anhänger des deutschen Rekordmeisters sind, hat das Team des FC Bayern Museums erfahren können, als im Vorfeld der Eröffnung um Mithilfe bei der Sammlung von Exponaten gebeten wurde. Unzählige Utensilien erreichten die Allianz Arena, immer wieder werden auch heute noch Exponate geschickt, die ihre eigene Geschichte erzählen. Der Whiskey ist ein Beispiel, noch ein wenig älter ist die Mc Toy-Figur von Franz Beckenbauer. 1977 wurde die Sammelpuppe – die es von zahlreichen prominenten Persönlichkeiten zu kaufen gab – in Hongkong hergestellt. 25 Zentimeter ist sie hoch, und wohl eine der ersten modernen lizenzierten Sport-Actionfiguren, die jemals angefertigt wurden. In Deutschland wurde sie für stolze 20 D-Mark vertrieben. Heute ist sie weit mehr als 1.000 Euro wert.

Matrjoschka, Trost-Pokal: Bayern-Fans kennen keine Grenzen
Das Angebot an offiziellen Produkten war schon früh sehr groß. Der erste Fankatalog kam ein Jahr nach der Boutique-Eröffnung zur Saison 1984/85 raus. Lustige Randnotiz: Versendet wurde er an interessierte Käufer nur, wenn sie „uns ein mit 80 Pfennig frankiertes und adressiertes Rückkuvert zuschicken“. Zahlreiche Anhänger allerdings hatten noch ausgefallener Ideen und bastelten sich selbst Fan-Artikel. Im FC Bayern Museum gibt es sogar eine handbemalte Matrjoschka. Die russische Holzpuppe besteht aus fünf Figuren. Die größte: Michael Ballack. Dazwischen: Roy Makaay, Owen Hargreaves und Roque Santa Cruz. Ganz innen: Oliver Kahn.
Die Liebe zum Detail ist allen Exponaten anzusehen. Einen ganz besonderen Platz hat ein Ausstellungsstück, das das Museum im Jahr 2012 erreichte. Die Grundschulklasse 1b aus Steinhöring nämlich hatte sich am 21. Mai des Jahres – also zwei Tage nach dem verlorenen „Finale dahoam“ – gemeinsam überlegt, dass sie die Spieler des FC Bayern gerne aufheitern würde. Die Schülerinnen und Schüler bastelten also kurzerhand einen Champions-League-Trostpokal und schickten ihn gemeinsam mit 18 individuell gestalteten Trostschreiben und -zeichnungen nach München. Beiliegend fand sich ein erklärendes Schreiben von Lehrerein Frau Beattie, das mit folgendem Satz schloss: „Ich hoffe, wir können Ihnen allen mit unserem Paket eine kleine Freude machen oder zumindest ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern.“ Das gelang.

Der „zwölfte Mann“ ist immer da
Der „zwölfte Mann“ ist immer da, egal, ob es gut oder schlecht läuft. Das zeigen individuelle Anhänger genau wie die organisierte Fanszene, die sich seit den 60er Jahren im deutschen Fußball entwickelt hat. 1972 erhielt die noch junge Bewegung der Südkurve im Olympiastadion eine neue Heimat. Die Gruppierungen „Südkurve 73“ und die „Red Angels“ mit ihren aus der Rockerszene übernommenen „Fan-Kutten“ waren zu dieser Zeit die bekanntesten Vereinigungen.
In den frühen neunziger Jahren entstand die Gruppe der so genannten „Allesfahrer“, die den Verein zu jedem Heim- und Auswärtsspiel begleiten, darunter auch viele Fans aus anderen Bundesländern. Und heute beleben unterschiedlichste Fan-Gruppierungen die Allianz Arena, unter ihnen die so genannten Ultras sowie andere engagierte Anhänger-Organisationen wie zum Beispiel „Club Nr. 12“. Zahlreiche Fans und Kutten aus dessen Fundus stehen im Vereinsmuseum symbolisch.
Ein echter Hingucker ist die Jacke, die Bayern-Anhänger Bastian Riphausen dem Museum zur Verfügung gestellt hat. Eigentlich schlicht und schwarz, auffällig aber, weil sie übersäht ist mit Pins. Die Sammlung ist beeindruckend, jeder einzelne Anstecker hat zudem einen bestimmten Hintergrund. Wenn Bastian Riphausen seine Jacke beschreibt, sagt er: „Ich bin auf keinen Pin besonders stolz, sondern auf alle zusammen.“ Die „Eindrücke aus Spielen und Reisen mit dem FC Bayern“ sind auf diesem Kleidungsstück vereint.

Auch kleine Pins können zu schwer sein
2003 hat Riphausen, der bereits seit 1993 Mitglied ist, mit dem Sammeln angefangen. Als er rund 50 Pins beisammenhatte, brachte er sie auf der Jacke an. „Ich bin kein Kutten-Typ“, erzählt er lachend, also suchte er sich einen anderen Weg. Um die 30 Auswärtsspiele hat die Jacke mitgemacht, ehe sie im Museum landete. Sie war in Anderlecht, Glasgow, Barcelona, Madrid – aber irgendwann wurde sie einfach zu schwer. Ausgerechnet zum Champions-League-Finale 2013 in Wembley merkte Riphausen, dass das Gewicht der mehreren hundert Pins – einer Mischung aus Fan-, Wettbewerbs- und selbst entworfenen Exemplaren – einfach nicht mehr zu tragen ist. „Ich habe das echt im Nacken gemerkt“, sagt er. Also entschied er sich, dass seine Jacke ab sofort ein Exponat sein soll. In Museum steht sie nun für: Sammelwut – und echte Fan-Liebe!
