
Ein Hoch dir edles Fußballspiel,
des echten Mannes höchstes Ziel,
Du stärkst die Muskeln,
stärkst die Glieder,
drückst Kummer, Leid und Sorgen nieder.
Du bringst uns Kraft zu regem Schaffen,
den Geist läßt du uns nie erschlaffen:
drum noch einmal dem Fußballspiel,
Ein Hurra hoch recht laut und schrill.
So beginnt sie, die „Festzeitung zum 5. Stiftungsfest des F.C. Bayern“ – mit einer Hymne, etwas ironisch, auf etwas ganz Neues, Fremdes, „Ausländisches“, eine noch junge, relativ unbekannte Sportart aus England: den Fußball. 1905 ist diese Hymne erschienen, vor 115 Jahren. Verfasst hat sie Hans Albert, seinerzeit Spieler beim FC Bayern München und „Zeugwart“; später war er als „Redakteur“ in Leipzig gemeldet. Anlass war das Gründungsjubiläum des FC Bayern, damals sprach man noch von „Stiftungsfest“, das man natürlich auch ganz anders gefeiert hat als heutzutage die Vereins-Jubiläen.
Über die Anfänge unseres Vereinslebens ist fast nichts bekannt: Klubnachrichten, Trikots, Akten oder gar persönliche Dokumente, Bilder oder Unterlagen – viel ist nicht zu finden. Erhalten haben sich bisher lediglich eine Postkarte, ein Pokal sowie zwei „Kneip-Zeitungen“ aus den Jahren 1902 und 1903. Schon deshalb ist diese „Festzeitung“ mit ihren vielen historischen und humoristischen Facetten ein Glücksfall. Die Mitglieder, ihr Sport, ihr sonstiges Tun und nicht zuletzt das Miteinander im Klub gewinnen durch sie erstmals an Konturen. Dass sie sich seit Kurzem im Archiv des FC Bayern Museums befindet, ist einem ziemlich großen Zufall geschuldet.
Die Zeitung stammt aus dem Nachlass von Heinrich Besthorn
2018, Hessen: ein Sterbefall, der schon Jahrzehnte zurückliegt, ein unaufgeräumter Speicher, verstaubte Kartons. Endlich wollen die Nachkommen den Nachlass ihres verstorbenen Großvaters, des Architekten Heinrich Carl Besthorn, sichten und auflösen. Beim Öffnen der Schachteln eröffnet sich auch eine längst vergangene Welt: Dinnerkleidung, Frack, Zylinder, viele handschriftliche Dokumente aus der ehemaligen Münchner Wohnung in der vornehmen Brienner Straße im Studenten- und Künstlerviertel Maxvorstadt – darunter ein großformatiges 20-seitiges Heft in Sütterlin-Handschrift, versehen mit künstlerisch hochwertigen Zeichnungen: Es ist die perfekt erhaltene Festzeitung des FC Bayern von 1905!
2019 erfolgen der Ankauf und die Übergabe durch das Vorstandsmitglied Andreas Jung an Petra Leufstedt, die Leiterin der Museums. Im Archiv wird sie nun aufbewahrt, in einem säurefreien Karton, um sie als Original zu erhalten.

80 Mitglieder feierten ein buntes Fest
Welche Verbindung des Festschrift-Besitzers 1905 zum FC Bayern bestand, ist nicht mehr zu klären. War Heinrich Besthorn, damals 27 Jahre alt, einer der ersten Fans des FC Bayern? 80 Mitglieder hatte unser Klub damals, als Spieler ist er im FC-Bayern-Archiv nicht verzeichnet. Vermutlich besuchte er den Festabend, zu dessen Anlass die Zeitung entstand. Sie enthält, fein säuberlich als Einzelblatt eingelegt, das „Programm zum 5. Stiftungsfest des Münchner Fussball-Club ‚Bayern‘ “. Die gesellige, zuweilen schillernde Atmosphäre rund um diesen damals neuartigen Fußballklub nimmt Gestalt an.
„Stars and Stripes forever“ – mit den Klängen des späteren Nationalmarschs der USA begann das Stiftungsfest, das in seinem Verlauf eher einem Künstlerfest des 19. Jahrhunderts ähnelte. Eine Operettenouverture des Komponisten Franz von Suppé, dann ein Prolog aus dem „Bajazzo“, gesprochen vom späteren Präsidenten Kurt Landauer, Lied- und Gedichtvorträge, Tanz, Tombola und schließlich eine „Schnellmalerei“ von Sepp Mauder. Es ist eine unendlich bunte, kreative, lebendige Welt, die eher an die Schwabinger Bohème mit Spiel- und Bewegungsdrang erinnert und nicht so sehr an das, was man sich heute unter einem modernen Fußballverein vorstellt. Es waren Künstler und Kreative, die am Anfang der Vereinsgeschichte standen.
Sepp Mauder und Ulrich Kähler prägen die Festzeitung
Nimmt man etwa den aus Sendling stammenden Joseph („Sepp“) Mauder, der zusammen mit seinem Mannschaftskameraden Ulrich Kähler auch die gesamte Festzeitung illustrierte. Mauder sollte sich nach seiner dreijährigen Lehrzeit als Glasmaler sowie seinem Abschluss an der Münchner Kunstgewerbeschule bald einen Namen machen als Illustrator von Kinderbüchern und als Sportkarikaturist; später zeichnete er für die Sportzeitschriften Fußball und Sport Magazin. Bis zu seinem Tod 1969 begleitete er die gesamte Vereinsgeschichte des FC Bayern in Wort und eben in Bild.
Mauder und Kähler haben die Zeitung mit ihren Bildern geprägt – und zwar zu allen bunten Themen, die sie enthält. Unter anderem ist „Der Bayernplatz im Jahr 2000“ zu sehen, dessen gezeichnetes Netz Ähnlichkeit aufweist mit den Rauten der Allianz Arena. Wichtige Themen außerdem: München als „Boomtown“, aber auch Lifestyle, Mode und natürlich die Damenwelt.
Welches Gefühl bleibt einem nach dem Lesen der Festzeitung von 1905? Jenes, dass diese Sportwelt von 1905 doch anders war als heute: spielerisch, experimentierfreudig, kreativ. Nichts geändert aber hat sich am Appell an die Mannschaft:
Fröhlich rufe ich und heiter:
„Bayern, machet nur so weiter,
Laßt das Mütchen nur nicht sinken
Will er Euch auch manchmal stinken
Feiert schönes Stiftungsfeste
Und vergesset nicht das Beste
Wie’s in einem Sportklub Brauch,
Spielet manchmal Fussball auch!
