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Vor 100 Jahren: Geburtsstunde der Feier-Bayern

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus - und vor 100 Jahren hatte der FC Bayern München im Juli wahrlich Großes geplant. Von „vorbildlicher Einzelarbeit und aufopferndster Mitwirkung“ ist in der Zeitschrift „Fußball“ zu lesen gewesen, angesprochen waren damit die Mitglieder unseres Vereins. Sie hatten viel zu tun, denn 20 Jahre nach der Gründung stand ein rundes Jubiläum an, das anders sein sollte als die Geburtstage zuvor. Die Passanten in München wunderten sich, als sie an Plakaten zur „Jubiläumswoche der F.A. Bayern München“ vorübergingen, die  für sieben Tage angesetzt war. Eine ganze Woche feiern? All der Aufwand für die Fußballabteilung des TSV Jahn, zu dem der heutige Rekordmeister damals noch gehörte? Die Schutzmänner hatten aufgegeben, das eigentlich verbotene Plakatieren zu verhindern. Sie flüsterten sich zu: „Geh, lass doch die armen Fußballer!“

Gesellig waren bereits die Bayern der ersten Stunde gewesen, nach dem Training, am Stammtisch, zu besonderen Ereignissen traf man sich und genoss das Leben. Aber das, was rund um das 20-jährige Stiftungsfest geplant war hatte doch ein anderes Ausmaß. Von einem „Markstein in der Fußballgeschichte dieses sympathischen Vereins“ war nach einer Woche Dauer-Festivitäten zu lesen, und man war sich sicher, „dass das von Bayern Gebotene wohl seit Langem und für lange einen Vergleich nicht so leicht finden wird“. Auf dem Platz, aber auch abseits des Rasens war so viel los, dass in „Fußball“ – seinerzeit die auflagenstärkste Fachzeitschrift – stand: „Nicht nur sportlich entfaltet die einzigartige Veranstaltung größte Werbekraft, auch gesellschaftlich wird seltenes geboten.“

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Die Bayern dachten groß – und in alle Richtungen

Die Bayern wollten schon damals neue Maßstäbe setzen. Große Feiern – Faschingsbälle, Weihnachtsfeiern, Meister-Partys – ziehen sich durch die Klubgeschichte, gewissermaßen ist diese Jubiläumswoche aber der Ursprung der Feierkultur beim FC Bayern. Zwei Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges hatten die Mitglieder und Präsident Kurt Landauer das Selbstvertrauen und den Willen, sich selbst und den Klub hochleben zu lassen. Sie bemühten sich um große Feier-Locations – das heutige städtische Stadion an der Grünwalder Straße sowie die Münchner Tonhalle an der Türkenstraße. Sie luden namhafte Gegner ein – die Sp.V. Fürth und den 1. FC Nürnberg, die beide erst vier Wochen zuvor das Finale um die Deutsche Meisterschaft bestritten hatten. Sie unterstrichen ihre internationalen Ambitionen – mit der Partie gegen die Schweizer Top-Mannschaft vom FC St. Gallen. Sie hatten aber trotzdem die Basis im Blick – und veranstalteten ein Jugend- sowie ein großes Seniorenturnier. Natürlich feierten sie auch groß: An gleich drei Abenden mit „auserlesenem Programm“. Die Mischung aus Ambition und Tradition stimmte. Das vom heutigen Präsident Herbert Hainer knapp 100 Jahre später ausgegebene Credo – „der FC Bayern soll bei aller Modernität nie seine Wurzeln, seine Tradition und seine Werte vernachlässigen“ – hätte schon damals bestens gepasst.

Natürlich sollte der Sport im Vordergrund stehen. Die beiden Partien gegen Fürth und Nürnberg fanden daher vor passender Kulisse statt. Mehr als 6.000 Zuschauer zog es ins „Grünwalder“, also so viele wie sonst lediglich bei wichtigen Spielen um die Süddeutsche Meisterschaft zugegen waren. Sie wollten die hohen Gäste aus dem Frankenland sehen – damals das Beste, was der deutsche Fußball zu bieten hatte –, aber freilich auch wissen, wie sich die Bayern schlagen. 1:5 und 0:2 endeten die Partien, trotzdem war niemand enttäuscht. Im Gegenteil: Gegen Gegner dieser Klasse zu sehen, wo es ihnen zu einem echten Spitzen-Team noch fehlt, war wichtig. Von St. Gallen, Partnerverein der Münchner, trennte man sich 2:2, aber das Ergebnis war zweitrangig. Es ging um eine besondere Klub-Freundschaft bis weit über die Grenzen hinaus. Bereits im Jahr zuvor war der FC St. Gallen der erste internationale Gegner der Bayern nach dem Krieg gewesen, nun gastierten die Schweizer wieder. Die Partnerschaft mit St. Gallen hielt übrigens von den Gründungsjahren bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg.

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Ein Verein für alle – schon damals

Die erste Mannschaft strebte nach Höherem, trotzdem hatte man die Basis im Blick. 40 bis 50 Seniorenteams etwa spielten vorab in diversen Bezirken einen Sieger aus, der in der Jubiläumswoche der Bayern an der Endrunde teilnehmen durfte. Mannschaften aus Landshut, Altötting und Rosenheim gastierten, aber auch z. B. aus Moosach und Sendling. Die Bayern hatten bereits in diesen Tagen eine große Reichweite, die sie auch nutzen wollten. Freunde und Fans gewinnen, Bekanntheit erlangen – das war das Ziel, das erreicht wurde. In den Wochen nach dem Jubiläum meldeten sich Dutzende neue Mitglieder an, die kleine Globalisierung im Münchner Umland hatte geklappt. Auch das Jugendturnier, an dem vier Mannschaften teilnahmen, war ein voller Erfolg. Und „Fußball“ zog das Fazit: „Kein Spiel eignet sich so für frische gesunde Jungens, wie das frische lebendige Fußballspiel.“

Etwas langsamer, aber nicht minder spannend ging es bei den Alten Herren zu. Der FC Bayern wollte schon damals ein Verein für alle sein, die Pioniere gehörten da freilich dazu. Die Spiele der Jubiläumswoche wurden zu einer echten Massendarbietung, die auf verschiedenen Sportplätzen der Landeshauptstadt geboten wurden. 29 Partien fanden statt, die Münchner Schiedsrichtervereinigung hatte 26 Referees gestellt und den reibungslosen Ablauf gewährleistet. So etwas hatte es bis dahin noch nie gegeben.

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Bis heute geblieben: Exponate – und die Feier-Kultur

Klotzen statt kleckern – das war das Motto, das auch neben dem Platz galt. Denn als „Künstler-Klub“ war den Bayern der gesellschaftliche Bereich schon immer sehr wichtig gewesen. Die „Tonhalle“ in der Türkenstraße, das Stammhaus des Philharmonischen Orchesters, war eine große Adresse, und hier zu feiern, eine Ehre. Vor den Spielen sowie am Festball spielte die Kapelle der 1. bayerischen Schützenregierung auf. Dirigent Georg Fürst, langjähriges Mitglied und Komponist des „Bayern-Marsches“, führte durch das Programm. Am „Festabend“ selber sprach Franz John, der erste Präsident unseres Vereins, zu den Gästen, künstlerische Darbietungen sorgten für viel Applaus. Dazu gab es „eine Unmenge Glückwünsche“, die „der F.A. Bayern ihre große Beliebtheit und Hochachtung“ zeigten.

Die allererste Ausgabe des „kicker“ übrigens kam just in der Woche nach dem Jubiläum raus – und thematisierte dieses natürlich groß. Ein Kern-Satz, geschrieben von Fußballpionier und Kicker-Gründer Walther Bensemann: „Wenn Bayern Feste feiert, geht es fidel zu.“ Was von damals geblieben ist? Die Feierkultur – und Exponate, die wiederum ihre eigene Geschichte erzählen. Im Archiv des FC Bayern Museums gibt es zum Beispiel Postkarten, die in dieser Woche vor 100 Jahren verkauft wurden. Sie kamen bestens an. Weil die Finanzen nach dem Krieg nicht rosig waren und eine ganze Festschrift das Budget gesprengt hätte, hatten sich die Bayern mit dieser Art „Merchandise“-Produkt ausgeholfen. Zu sehen waren und sind Mannschaften aus den ersten 20 Jahren der Vereinsgeschichte, gewissermaßen also waren die Karten schon damals wertvolle Souveneris. Das sind sie heute umso mehr. Erinnerungsstücke an eine Woche, nach der kaum ein Münchner noch sagte: „Die armen Fußballer.“ Die Bayern hatten Eindruck gemacht.

Fotos: Postkarten aus dem Archiv des FC Bayern; Feier-Location Tonhalle

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