!Nie wieder: Diese Botschaft kann nicht oft genug ausgesendet werden – und so nimmt der FC Bayern München den „Erinnerungstag gegen das Verbrechen im Nationalsozialismus sowie gegen aktuellen Rassismus und jegliche Art der Diskriminierung im deutschen Fußball“ Jahr für Jahr zum Anlass für besondere Aktionen. Sonderführungen, eigens gestaltete Ausstellungen, Lesungen: Die Erinnerungskultur ist ein wichtiger Bestandteil der historischen Arbeit des FC Bayern Museums sowie des gesamten Vereins. Das verdeutlicht auch der Rückblick auf die Erinnerungstage in den vergangenen Jahren.
2013, 2014: Die Anfänge – der FC Bayern als Vorbild
Bereits 2013, also im ersten Jahr nach der Eröffnung des Vereinsmuseums, wurde der 27. Januar zum Anlass genommen, den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken. Eine Lesung, Sonderführungen sowie die Vorführungen des Films „Kick it like Kurt“ waren so gut besucht, dass die Relevanz des Themas auch rund 70 Jahre nach der Befreiung der Häftlinge aus dem Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deutlich wurde. Ein ganzes Wochenende im Zeichen des Gedenkens folgte im Jahr 2014. Im Mittelpunkt stand Kurt Landauer, Bayerns Ehrenpräsident mit jüdischen Wurzeln. Schon damals wurde dem FC Bayern seitens Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Vorbildcharakter attestiert.
2015: Sonderausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden“
Die Arbeit ging weiter – und wurde intensiviert. Zahlreiche Besucher, Medienvertreter und auch Schulklassen versammelten sich 2015, als Karl-Heinz Rummenigge „Kicker, Kämpfer und Legenden – Juden im deutschen Fußball und beim FC Bayern“ eröffnete. Das Team des FC Bayern Museums hatte die Sonderausstellung des Centrum Judaicum in Berlin in Kooperation mit der Evangelischen Versöhnungskirche in Dachau und dem Stadtarchiv München um zum Teil noch nie ausgestellte Exponate und Schicksale von Bayern-Akteuren ergänzt. Die jüdischen Einflüsse auf den Klub wurden in der Ausstellung ebenso thematisiert wie die Biografien von 31 vertriebenen, politisch verfolgten oder getöteten Bayern-Mitglieder unter dem NS-Regime. Ebenso wurden aber auch die Einwirkungen der NSDAP-Mitgliedern beim FC Bayern auf das Vereinsgeschehen aufgezeigt. „Die Sonderausstellung ist ein erneutes Zeichen gegen Rassismus und jegliche Art der Diskriminierung im Fußball“, sagte Rummenigge.
2016: „verehrt – verfolgt – vergessen“ – eine Wanderausstellung wird geboren
Die Evangelische Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau war die erste Station der Wanderausstellung „verehrt – verfolgt – vergessen: Opfer des Nationalsozialismus beim FC Bayern München“ – von da aus zog sie in den letzten Jahren durch Deutschland und über die Grenzen hinaus. Das Interesse an der Ausstellung, in deren Mittelpunkt zum damaligen Zeitpunkt 56 Vereinsmitglieder standen, die aus religiösen oder politischen Gründen fliehen mussten, deportiert und ermordet wurden, war und ist ungebrochen groß. Der damalige Präsident Karl Hopfner betonte bei der Eröffnung: „Der FC Bayern will als das Zugpferd des deutschen Fußballs versuchen, unterschiedlichen Zielgruppen den Zugang zu den Themen Holocaust, Rassismus und Ausgrenzung zu erleichtern." Das ist bis heute eindrucksvoll gelungen, viele weitere Biografien wurden recherchiert und die Wanderausstellung weiter ergänzt.
2017: „Zurück zu den Wurzeln – Das Leben und Wirken von Walther Bensemann“
Wieder ins Museum – und dort „zurück zu den Wurzeln“ – ging es im Jahr 2017. In einer Abendveranstaltung wurde Walther Bensemann (1873 – 1934) gedacht, einem Mann, der im deutschen Fußball und insbesondere beim FC Bayern für wichtige Pionierarbeit steht. Seine Biografie, vorgetragen vom Autor Bernd Beyer, beeindruckte die Zuhörer. Bensemann war maßgeblich an der Gründung der Fußballmannschaft des MTV München, aus der drei Jahre später der FC Bayern hervorging, beteiligt. Zudem war er der Gründer und Herausgeber des heutigen „kicker-sportmagazin“, ehe er 1933 wegen seiner jüdischen Wurzeln enteignet und als gebrochener Mann im November 1934 im Alter von 61 Jahren mittellos im Exil in der Schweiz starb. Sein Leben gilt als mahnendes wie schreckliches Beispiel der Gräueltaten – ein Schicksal, das nicht vergessen werden darf.
2018: Lesung der Landauer-Briefe
Still war es am Erinnerungstag 2018 im FC Bayern Museum, so still, dass man merkte: Die anwesenden Gäste sind von der Lesung der Briefe zwischen Kurt Landauer und seiner späteren Ehefrau Maria Baumann regelrecht in den Bann gezogen. 34 waren es an der Zahl, geschrieben zwischen 1944 und 1947 während Landauers Exil in der Schweiz. Das Ensemble der Münchner Kammerspiele gab sie eindrucksvoll wieder. Zu Tage trat der sensible, während der Leidensperiode phasenweise sogar gebrochene Kurt Landauer. Er gab aber nie auf, sondern kam nach dem Krieg zurück nach München - für seine große Liebe Maria und seinen FC Bayern.
2019: Aus dem Museum in die Innenstadt
Ins Gespräch kommen, sich erinnern, gegen das Vergessen angehen – das war das Ziel der Aktion anlässlich des Erinnerungstages 2019. Erinnerungsinseln an vier Münchner Orten, an denen jüdische Mitglieder gelebt oder gewirkt hatten, waren daher Anknüpfungspunkte, um auf Schicksale FC Bayern-Mitglieder hinzuweisen, die nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten ausgeschlossen, vertrieben, in den Tod getrieben oder ermordet wurden. Die Verbindung der Bilder von damals mit den heutigen Orten (unter anderem an der Theatinerstraße und der Bayerstraße) ließen zahlreiche Passanten innehalten. Unzählige Fragen und das Interesse haben abermals gezeigt, wie wichtig es ist, ein Zeichen für die Erinnerungskultur zu setzen.
2020: Erinnerungszeichen auf Augenhöhe
„Vergangenheit mahnt. Gegenwart erinnert. Zukunft verpflichtet.“ – das waren Worte, die Karl-Heinz Rummenigge in seiner beeindruckenden Rede wählte. Sie rundete einen Tag ab, an dem der FC Bayern auf den Straßen von München ein wichtiges Zeichen gegen das Vergessen gesetzt hatte: In Kooperation mit der Stadt München wurden Erinnerungszeichen für die beiden ehemaligen Vereinsmitglieder Wilhelm Neuburger und Hugo Railing sowie deren Ehefrauen Irene und Hedwig übergeben. Gemeinsam mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Bürgermeisterin Christine Strobl gedachten die Verantwortlichen des FC Bayern an der Innstraße 18 sowie der Montgelasstraße 2 den beiden ermordeten Mitgliedern jüdischer Herkunft.
Eine ausführliche Dokumentation der Stadt München zur Übergabe der Erinnerungszeichen 2020 gibt es hier:
Weiter, immer weiter
Gegen das Vergessen – für die Erinnerung: Das gilt nicht nur am 27. Januar. Trotzdem ist es hilfreich und wichtig, dass der gesamte deutsche Fußball sich Jahr für Jahr im Rahmen des „Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ gegen das Vergessen einsetzt. Die Botschaft, die alle teilen: Menschen in Deutschland dürfen „!Nie Wieder“ wegen ihres Glaubens, ihrer politischen Haltung, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Der FC Bayern wird nicht aufhören, Jahr für Jahr darauf hinzuweisen.