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Giulia Gwinn und Julien Wolff sitzen nebeneinander und präsentieren das neue Buch von Giulia Gwinn.
© FC Bayern / Priscillia Grubo

Augenöffner: Giulia Gwinn und Julien Wolff im Interview

Wenn man mit 25 Jahren ein Buch schreibt, muss man etwas zu erzählen haben. Giulia Gwinn will mit „Write your own story“ Menschen inspirieren. Für die Kapitänin der deutschen Nationalelf und ihren Autor Julien Wolff wurde das Buch eine gemeinsame Fortbildungsreise. Unser Mitgliedermagazin „51“ hat mit den beiden gesprochen.

Giulia, wie, wann und warum entstand die Idee, ein Buch zu schreiben?
Giulia Gwinn: „Alles begann vor zwei Jahren, und der Anstoß kam auch gar nicht von mir selbst. Meine Einstellung war eher: Ein Buch schreibt man vielleicht mal zum Ende der Karriere. Aber in den Vorgesprächen war ich selber überrascht: Eigentlich habe ich doch schon ganz schön viel zu erzählen, obwohl ich erst 25 bin. Ich möchte mit meiner Geschichte inspirieren. Im Titel ‚Write your own story‘ steckt, dass es eben nicht diesen einen Weg gibt. Ich möchte vor allem junge Mädchen ermutigen, den Mut zu haben, ihren Träumen zu folgen.“

Du hast den Spruch sogar tätowiert …
Gwinn: „Vor ein paar Jahren sollte ich eine Botschaft für ein junges Mädchen auf einen Ball schreiben. Da fiel mir dieser Spruch ein. Eigentlich geht es genau um das: dass jeder seine eigene Geschichte schreibt. Das charakterisiert auch mein Leben sehr gut.“

Julien Wolff: „Da steckt einfach alles drin: Geh deinen eigenen Weg – und vor allem: Trau dich, deinen Weg zu gehen! Es sagt sich ja immer leicht: ‚Jeder soll sein Ding machen.‘ Aber sich das wirklich zu trauen – das lebt Giulia vor. Deshalb war das der perfekte Titel.“

Mit sechs Jahren hatte ich aufgeschrieben, dass ich Fußballerin werden will. 15 Jahre später ist mir das wieder in die Hände gefallen – und da hat sich gezeigt: Was man als kleines Kind träumt, kann Wirklichkeit werden.

Giulia Gwinn über ihre wahrgewordenen Kindheitsträume

Im Buch steht ganz am Anfang: „Für kleine und große Träumerinnen in dieser Welt.“
Gwinn: „Ich war schon immer eine Träumerin. Gleich im ersten Kapitel liest man, wie ich mit meiner Oma und meinem Bruder unseren großen Traum aufgeschrieben und in einer Zauberkugel versteckt habe. Das ist eine meiner Lieblingsstellen, weil ein Grundton gesetzt wird: Mit sechs Jahren hatte ich aufgeschrieben, dass ich Fußballerin werden will. 15 Jahre später ist mir das wieder in die Hände gefallen – und da hat sich gezeigt: Was man als kleines Kind träumt, kann Wirklichkeit werden.“

Wolff: „Es war ein Gänsehautmoment, als du davon erzählt hast. Die Oma lebt ja leider nicht mehr, das ist auch eine kleine Hommage. Zuerst wollten wir das Buch mit einer Szene nach dem ersten Kreuzbandriss starten. Aber dann haben wir uns für die Zauberkugel entschieden – weil es einfach alles umfasst: Träume, Familie, Fußball.“

Gwinn: „Ich wollte nicht mit etwas Negativem einsteigen. Das Buch soll Menschen ja ermutigen. Kurioserweise wusste ich gar nicht mehr, was ich damals aufgeschrieben hatte. Es war spannend, den Zettel aufzuklappen, und das zu lesen, war richtig augenöffnend – ich hatte das damals mit sechs Jahren geschrieben, mit so viel Willen und so großen Träumen.“

Bild links: Giulia Gwinn und Julien Wolff nebeneinander stehend - Bild rechts: Mehrere Bilder der Verletzungen von Giulia Gwinn in einem Magazin.
Bilderbuchkarriere - aber auch Kreuzbandrisse gehören dazu. | © FC Bayern / Priscillia Grubo

Widerstände aufzubrechen, ist ein zentrales Thema des Buches. Musst du heute immer noch gegen Widerstände kämpfen?
Gwinn: „Es herrscht inzwischen mehr Toleranz im Frauenfußball, aber natürlich gibt es nach wie vor Hürden, und man muss immer wieder anecken, um Dinge zu erreichen, die einem wichtig sind. Als Kind musste ich mir sehr viele diskriminierende Sprüche anhören. Heute sind es andere Widerstände, und ich schreibe im Buch bewusst: ‚Wer sich wegduckt, bewirkt nichts.‘ Das ist ein Satz, den ich sehr verinnerlicht habe. Der Frauenfußball wäre heute nicht da, wo er ist, wenn nicht viele vor uns den Mut gehabt hätten, laut zu sein, ihre Meinung zu äußern – auch wenn das mal nicht gut ankommt. Nur so kann man Wege ebnen – auch für die nächsten Generationen.“

Julien, bei allem Respekt: Wie schwer ist es, sich als „alter weißer Mann“ für ein gemeinsames Buch in eine junge Frau wie Giulia hineinzuversetzen?
Wolff: „Sich komplett in eine Frau hineinzuversetzen – das wird nie ganz möglich sein. Und das ist auch okay. Empathie ist der Schlüssel, wir haben uns gut ergänzt. Am Ende ist das Geschlecht nicht entscheidend – sondern das Menschliche. So konnte ich mich in ihre Sicht hineinversetzen. Es wäre gelogen, wenn man sagen würde: Es spielt überhaupt keine Rolle, ob Mann oder Frau. Natürlich gibt es Unterschiede – aber die sollten nicht entscheidend sein.“

Gab es in der Zusammenarbeit Momente, die dir selbst die Augen geöffnet haben?
Wolff: „Klar. Man ist als Mann zwar nicht naiv und weiß zum Beispiel, dass Sexismus ein Thema ist. Aber wenn man dann hört, mit welchen Dingen Spielerinnen konfrontiert werden, wird einem vieles noch bewusster. Das bewegt mich. Umso wichtiger finde ich, dass Giulia solche Themen anspricht. Die Arbeit an dem Buch war für mich wie eine Fortbildung und ein positiver Augenöffner, welche Chancen, aber auch welche Herausforderungen es gibt, im Fußball wie darüber hinaus, und wie junge Frauen wie Giulia damit umgehen.“

Bild links: Cover des Buchs von Giulia Gwinn "Write your own story" - Bild rechts: Giulia Gwinn und Julien Wolf sitzen nebeneinander und halten das Buch von Giulia Gwinn vor ihr Gesicht.
Sie haben sich gut ergänzt, sagen die beiden. Das ist nachzulesen. | © FC Bayern / Priscillia Grubo

Ein Elfmeter gegen Paul Breitner war besonders prägend. Warum?
Gwinn: „Einmal gab es bei einer Aktion draußen vor dem Olympiastadion die Möglichkeit, sich mit Paul Breitner im Elfmeterschießen zu messen. Mein Vater musste mich erst überreden, dass ich mich traue – es kam mir vor, als würden 60.000 Menschen zuschauen. Als ich dann getroffen hatte, war das ein emotionaler Boost, ich dachte: Wenn ich gegen Paul Breitner antreten kann, schaffe ich alles. Das hole ich mir bis heute zurück in den Kopf, um mir Selbstvertrauen zu geben.“

Und auch mit Uli Hoeneß hast du eine besondere Geschichte …
Gwinn: „Ich lag im Krankenhaus nach meinem neuerlichen Kreuzbandriss, wachte gerade aus der OP auf. Da kam ein Anruf – anonym. Es war Uli Hoeneß, der mir sagen wollte, dass der ganze FC Bayern hinter mir steht und ich mich immer bei ihm melden kann. Er hätte das nicht machen müssen. Umso mehr hat es mir bedeutet. Herbert Hainer hat sich auch bei Mala Grohs nach ihrer Krebsdiagnose gemeldet – das sind genau die Werte, die der Verein vertritt. Uli Hoeneß hat mal gesagt: Auf die Schulter klopfen kann jeder. Es geht darum, da zu sein, wenn es mal nicht läuft. Ob eine Verletzung wie bei mir oder die schwere Erkrankung von Mala: Das sind Gesten, für uns als Spielerinnen, aber auch für alle da draußen. Und genau das macht den FC Bayern für mich besonders.“

Ich lag im Krankenhaus nach meinem neuerlichen Kreuzbandriss, wachte gerade aus der OP auf. Da kam ein Anruf – anonym. Es war Uli Hoeneß, der mir sagen wollte, dass der ganze FC Bayern hinter mir steht und ich mich immer bei ihm melden kann.

Giulia Gwinn über den Anruf von Uli Hoeneß nach ihrem zweiten Kreuzbandriss

Julien, wie hast du Giulia vor dem Buch gesehen – und wie danach?
Wolff: „Vorher hätte ich gesagt: Note Eins. Jetzt sage ich: Eins mit Sternchen. Sie hat Courage, ist besonders – und ich bewundere, wie sie mit ihrer Haltung durchs Leben geht.“

Giulia, eines deiner Life Learnings lautet: „Alles ist gut, solange du wild bist.“
Gwinn: „Ich bin zwar nicht mehr das kleine Mädchen auf dem Bolzplatz – ich bin jetzt Teil der großen Fußballwelt. Trotzdem will ich mir diese Leichtigkeit, dieses Wilde erhalten. Eine gute Mischung aus Disziplin, Fokus – und eben auch Unbekümmertheit.“

Du schreibst: „Wo Scheinwerfer sind, sind auch Schatten.“ Wie schafft man es, im Dunkeln seinen Weg im Auge zu behalten?
Gwinn: „Mit viel Eigenantrieb. Und mit dem Glauben, dass die positiven Geschichten zurückkommen. Man muss immer wieder schöne Momente visualisieren, abspeichern wie 
einen inneren Filter. Die schlechten Erlebnisse legt man zur Seite. Was mir sehr hilft: Der Glaube an das Gute.“

Das komplette Interview lest ihr in der neuen Ausgabe des FC Bayern Clubmagazin „51“: 

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