Vom Spieler der zweiten Mannschaft zum Präsidenten - und mit zahlreichen Stationen dazwischen: Die Geschichte des FC Bayern erzählt von nur wenigen Männern, die den Verein auf so vielfältige Art und Weise geprägt haben wie Siegfried Herrmann. Er wurde am 20. August 1886 in München geboren und trat 1904 17-jährig dem FC Bayern bei, dem er bereits ab 1907 einen wichtigen Stempel aufdrückte: Über zwei Jahrzehnte hinweg war er maßgeblich als Jugendleiter tätig - und somit mitverantwortlich für die fruchtbare Nachwuchsarbeit. Später begleitete er als Vizepräsident, Schriftführer und Spielausschussvorsitzender unter Kurt Landauer die kontinuierliche sportliche Entwicklung bis hin zur Deutschen Meisterschaft 1932.
Der Weg zum Präsidenten war vielleicht nicht sein primäres Ziel, jedoch eine Mission: Nach Landauers erzwungenem Rücktritt am 22. März 1933 folgte Herrmann - und führte die Arbeit im Sinne seines Intimus fort. In seiner nur einjährigen Amtszeit stellte er die administrativen Weichen dafür, dass sich der FC Bayern auch in den folgenden Jahren des NS-Regimes im damals möglichen Rahmen seine Werte bewahren konnte. Per Satzung ließ er beispielsweise 1934 verankern, dass weiterhin Menschen jüdischer Herkunft zunächst noch Mitglieder bleiben durften. Nach seinem Rücktritt im Juli 1934, ob freiwillig oder unfreiwillig ist nicht geklärt, wählte ihn die Versammlung zum Ehrenpräsidenten.
Bedingt durch seine berufliche Karriere als Kriminal-Oberinspektor war Herrmann schon lange vor 1933 bei den Nationalsozialisten in Ungnade gefallen. Als Leiter der sogenannten politischen Abteilung der Münchner Polizei war er zum Beispiel 1925 mitverantwortlich für das reichsweite Redeverbot von Adolf Hitler. Unmittelbar nach der Machtergreifung im Januar 1933 wurde er zur Kriminalpolizei zurückversetzt. 1941 folgte seine Strafversetzung nach Wien. Bis dahin unterstützte er weiterhin im Hintergrund als Vereinsarchivar und Mitgliederwart seinen FC Bayern.
Unmittelbar nach Kriegsende im Mai 1945 wurde Herrmann vom neuen Münchner Polizeipräsidenten zurück nach München geholt und zu einem von zwei städtischen Sicherheitsdirektoren auf Lebenszeit berufen. Auch die Mitglieder des FC Bayern übertrugen ihm 1945 wieder das Amt des Vizepräsidenten. Dieses hatte er - zwischen 1947 und 1951 auch nochmals unter Präsident Landauer - inne, bis er 1953 noch einmal als kommissarisch eingesetzter Präsident für ein halbes Jahr das höchste Amt des Klubs begleitete.
Herrmann blieb dem Verein bis zu seinem Tod am 4. Juni 1971 treu. Unter anderem war er im Jubiläumsjahr 1950 hauptverantwortlich für die erstellte Vereinschronik. Diese berichtet auch sehr offen und ausführlich über das Vereinsgeschehen während der Zeit des Dritten Reiches - und zwar weit über das sportliche Geschehen hinaus.