Jetzt sind es noch fünf Wochen. Dann wird die Gemeinde Windeck an der südlichen Grenze Nordrhein-Westfalens endgültig Kopf stehen. Etwas über 20.000 Einwohner verteilen sich hier auf fast 70 Ortschaften, eine davon ist Dattenfeld - und hier liegt das Epizentrum: der TSV Germania Windeck, Herausforderer des FC Bayern in der ersten Runde des DFB-Pokals (am 16. August im Kölner RheinEnergieStadion).
Zum zweiten Mal hat sich der Fünftligist (NRW-Liga), der in der letzten Saison knapp den Regionalliga-Aufstieg verpasste, über den Mittelrheinpokal für den DFB-Pokal qualifiziert. Vor einem Jahr verloren die Germanen in der ersten Runde gegen Schalke 0:4. Jetzt heißt der Gegner FC Bayern. F ünf Wochen vor dem Spiel hat fcbayern.de mit dem Vorstandsvorsitzenden Heinz Georg Willmeroth gesprochen. Über den Stand der Vorbereitungen, die Vorfreude auf Bayern und Pokalfieber.
Das Interview mit Heinz Georg Willmeroth:
fcbayern.de: Herr Willmeroth, noch fünf Wochen bis zum „großen“ Spiel gegen den FC Bayern. Herrscht schon Pokalfieber bei Ihnen?
Willmeroth: „Selbstverständlich. Bis jetzt haben wir in unserer Geschäftsstelle schon mehr Karten verkauft wie vor einem Jahr gegen Schalke insgesamt. Die 16.000 von damals haben wir jetzt schon geknackt, die beiden besten Kategorien sind schon komplett weg. Auch der Wunsch nach Presse-Akkreditierungen ist doppelt so hoch wie beim Schalke-Spiel. Es ist unglaublich. Und es sind noch fünf Wochen!“
fcbayern.de: Mit wie vielen Zuschauern rechnen Sie denn?
Willmeroth: „Ich persönlich bin bescheiden und wäre mit 25.000 Zuschauern zufrieden. Die Nachfrage ist immens, einfach weil es der FC Bayern ist. Der FC Bayern hat die meisten Mitglieder, ist der erfolgreichste deutsche Verein. Ich bin völlig überrascht, wie viele Bayern-Fans es hier in der Gegend gibt. Viele Leute erzählen uns, dass sie froh sind, endlich mal die Bayern sehen zu können und wie unglaublich schwierig es ist, an Karten zu kommen, egal ob bei Heim- oder Auswärtsspielen. Alle Vereine in der Bundesliga können froh sein, dass es den FC Bayern gibt. Zumindest ein Heimspiel ist dann ausverkauft. Wenn die Bayern kommen, ist immer ausverkauft.“
fcbayern.de: Dann kommt wohl noch einiges an Arbeit auf Sie zu.
Willmeroth: „Das ist nicht schlimm, ich mache das gerne. Im Moment arbeite ich nur noch für dieses Spiel. Ich bin aber auch in der glücklichen Lage, im Vorruhestand zu sein. Deswegen kann ich mir das erlauben.“
fcbayern.de: Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen auf das Spiel?
Willmeroth: „Als ich vor einem Jahr beim DFB-Workshop war, bin ich erschrocken, was man alles bewerkstelligen muss für so ein Spiel, schon allein um die Fernsehübertragung sicherzustellen. Etwas besseres, als im RheinEnergieStadion zu spielen, kann uns daher gar nicht passieren. Dort ist die ganze Infrastruktur vorhanden, das macht es uns viel leichter. Und dadurch dass wir schon letztes Jahr gegen Schalke im RheinEnergieStadion gespielt haben, war es diesmal nur ein Türöffnen. Es hat nur geheißen: Schön, dass ihr wieder da seid.“
fcbayern.de: Die Gemeinde Windeck liegt ja ohnehin im Einzugsgebiet des 1. FC Köln. Würden Sie da nicht lieber gegen den FC spielen als gegen Bayern?
Willmeroth: „Natürlich hätte ich gerne gegen den FC gespielt, aber nicht lieber. Ich selbst bin FC-Fan. Zu meiner Jugendzeit gab es einfach auch nichts anderes als den 1. FC Köln und da bleibt man halt hängen. Aber der FC Bayern ist das Nonplusultra. Als ich im Sportstudio das Los sah, war ich völlig fassungslos, ich hatte eine Gänsehaut. Den FC Bayern wünschen sich zigtausend deutsche Vereine.“
fcbayern.de: Erst Schalke, dann Bayern und alles pünktlich zum 100-jährigen Vereinsjubiläum.
Willmeroth: „Ich weiß nicht, was wir gemacht haben, dass wir vom Glück so bevorzugt werden. Wir sind ein Dorf von dreieinhalbtausend Einwohnern! Vom ‚Jahrhundertspiel‘ gegen Schalke haben wir vor einem Jahr ein riesiges Panoramabild für unser Sportheim gemacht. Es konnte ja kein Mensch ahnen, dass jetzt Bayern München kommt. Dieses Spiel müssen wir jetzt als ‚Jahrtausendspiel‘ apostrophieren.“
fcbayern.de: Und wie groß ist das Kribbeln jetzt schon bei Ihren Spielern?
Willmeroth: „In der Mannschaft juckt’s gewaltig. Wir haben mit der Vorbereitung auf die Saison begonnen und der Kampf um die Positionen ist schon mächtig entbrannt. Jeder möchte dabei sein, aber leider können nur 18 Mann im Kader stehen.“
fcbayern.de: Was bedeutet dieses Spiel finanziell für Ihren Verein?
Willmeroth: „Als wir uns für den DFB-Pokal qualifiziert hatten, also noch bevor wir überhaupt wussten, gegen wen wir spielen würden, habe ich direkt gedacht: Jetzt haben wir zum Glück schon mal 100.000 Euro im Sack, damit können wir ein paar Baumaßnahmen machen. An unserem Sportheim müssen wir nämlich noch einiges umbauen. Da hilft so eine Einnahme natürlich. Und auch für den Schuldendienst können wir einiges tun. Wir haben in Dattenfeld kein Stadion, sondern einen einfachen Sportplatz, an den wir im letzten Jahr eine Tribüne für 320 Zuschauer gebaut haben. Das ist für uns schon sensationell.“
fcbayern.de: Sie könnten sich doch jetzt bestimmt ein kleines Stadion hinstellen.
Willmeroth: „Dafür sind wir viel zu klein. Im Schnitt haben wir zwischen 300 und 450 Zuschauer. Theoretisch würde unser Sportplatz sogar für die Regionalliga ausreichen. Aber laut Regionalliga-Richtlinien bräuchten wir ein Stadion für 5.000 Zuschauer mit mindestens 1.000 Sitzplätzen. Das haben wir hier nicht. Deswegen bin ich persönlich auch ein bisschen froh, dass wir nicht aufgestiegen sind. In der Regionalliga hätten wir bei uns nicht spielen können.“
fcbayern.de: Haben Sie denn die Mannschaft verstärkt?
Willmeroth: „Ein wenig. Das versuchen wir ja immer. Aber das ist alles hunderte Nummern kleiner als beim FC Bayern. Da geht es nur um ganz kleines Geld. Und ob es wirklich Verstärkungen sind, wird man erst sehen.“
fcbayern.de: Das ist bei einem Klub wie dem FC Bayern ja auch so.
Willmeroth: „Ja gut. Aber wenn ich einen Arjen Robben hole, weiß ich, dass ich keine Katze im Sack kaufe. So genial wie der Robben Fußball spielt... Es ist eine wahre Freude, ihm zuzusehen. Und wenn er uns die Dinger reinhaut, dann schwärme ich davon und erzähle es auch meinen Enkeln.“
fcbayern.de: Letztes Jahr gab’s ein 0:4 gegen Schalke. Wären Sie mit dem gleichen Ergebnis auch gegen Bayern zufrieden?
Willmeroth: „Wenn wir nicht mehr als fünf Tore kassieren, singe ich Halleluja und werde jeden meiner Spieler im Stadion herzen und küssen. Das sind die großen Bayern. Unsere Jungs haben doch jetzt schon einen Streifen in der Hose.“
fcbayern.de: Aber so ein Spiel gegen Bayern das ist doch Motivation pur.
Willmeroth: „Natürlich werden die motiviert sein und sie werden versuchen, ihr Bestes zu geben. Aber wir spielen normalerweise vor 300 Zuschauern - und im RheinEnergieStadion werden 25.000 oder vielleicht 30.00 sein. Das ist doch irre! Wenn unsere Spieler das sehen, wird ihnen der Schweiß ausbrechen.“
fcbayern.de: Große Hoffnungen, dem FC Bayern ein Bein stellen zu können, machen Sie sich also nicht.
Willmeroth: „Ich bin ein Träumer, aber kein Phantast. Ich nehme den FC Bayern in Demut und mit Freude an. Bein stellen, das geht gar nicht.“
Das Interview führte: Nikolaus Heindl
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