Sie gehören zu diesem Trainingslager wie der Ruf des Muezzins: zwei Zaunfahnen, die bei jedem Training „Big Dan“ grüßen. Gemeint ist Daniel van Buyten, 1,97 Meter großer Abwehrhüne, der inzwischen seine achte Saison beim FC Bayern spielt. Im Interview mit fcbayern.de spricht der belgische Nationalspieler, der Anfang Februar 36 Jahre alt wird, unter anderem über die Unterstützung der Fans, die Arbeit mit Pep Guardiola, seine Zukunftspläne. Und als er an seine Anfänge zurückdenkt, bekommt er Gänsehaut.
Das Interview mit Daniel van Buyten
fcbayern.de: Daniel, das wievielte Wintertrainingslager ist das in deiner Karriere?
Van Buyten: „Puh... Ich bin jetzt ungefähr seit 15 Jahren Profi, also ungefähr das 15. Wintertrainingslager.“
fcbayern.de: Wenn du an deine Anfänge als Profi zurückdenkst, wie hat sich so ein Trainingslager für dich verändert?
Van Buyten: „Wenn du jung bist, gibst du immer Vollgas. Und dann merkst du irgendwann, dass du körperlich Probleme bekommst. Wenn du älter bist, hörst du mehr auf deinen Körper, du kannst besser mit der Belastung umgehen und hast eine gewisse Routine entwickelt. Heute weiß ich einfach, wie es im Trainingslager läuft, wie schwierig es ist, wann ich Pausen einlegen muss. Als junger Spieler kann man das nicht so gut steuern.“
fcbayern.de: Im Februar wirst du 36 Jahre alt. Warum quälst du dich noch in einem Trainingslager?
Van Buyten: „Weil ich meinen Beruf liebe. Und wenn du noch mit Liebe dabei bist, ist das keine Qual. Ich mag das. Ich kann nicht zuhause sitzen und nichts machen. Das geht bei mir nicht. Ich muss mich bewegen. Mich reizt auch jedes Jahr die Herausforderung, mit den 20-, 21-Jährigen mitzuhalten. Ich mag diesen Kampf. Und warum nicht, solange mein Körper das gut verträgt? Ich habe mein Leben darauf ausgerichtet, meine Ernährung, alles. Mit fast 36 kann ich nicht mehr jeden Tag bis Mitternacht Party machen.“
fcbayern.de: Hier in Katar wirst du bei jedem Training von einem eigenen Fanclub angefeuert. Fällt da die Arbeit noch leichter?
Van Buyten: „Das pusht und freut mich natürlich. Ich weiß gar nicht, wer das ist. Die waren auch schon in den letzten Jahren hier, damals aber noch ohne Zaunfahne.“
fcbayern.de: 1997 hast du bei Charleroi deinen ersten Profivertrag unterschrieben. Du hast in Frankreich, England und Deutschland gespielt. Du hast alles gewonnen. Was lernst du bei Pep Guardiola noch dazu?
Van Buyten: „Man lernt immer dazu. Jeder Trainer bringt seine Philosophie, seine eigene Arbeitsweise mit. Unsere jungen Spieler können sich glücklich schätzen, schon mit solchen Toptrainern wie Guardiola und Heynckes arbeiten zu können. Sie können sich schneller verbessern als ich früher.“
fcbayern.de: Was konkret ist anders bei Guardiola?
Van Buyten: „Der Trainer ermutigt uns, den Ball noch mehr zu fordern, keine Angst zu haben, auch wenn der Druck mal groß ist. Im Training spielen wir 3-gegen-1 oder 3-gegen-2 auf kleinem Raum, auf drei, vier Metern - im Spiel haben wir 20 Meter! Da ist es also einfacher. Der Trainer sagt immer: 'Nie vergessen: Wenn du es auf drei, vier Metern schaffst, warum dann nicht auf 20 Metern? Deshalb: Keine Angst! Mut haben!'“
fcbayern.de: Wie sehr ist es dir bewusst, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, mit 35 Jahren noch an solch einem historischen Erfolg so aktiv beteiligt gewesen zu sein, wie du es im letzten Jahr warst?
Van Buyten: „Ich bin sehr stolz darauf, in meinem Alter noch so mithalten zu können. Andere Spieler müssen mit 31, 32 Jahren aufhören - ich habe mit 35 die Arsenal-, Juventus- und Barcelona-Spiele gemacht. Das ist sensationell! Ich habe das Quintle gewonnen - das ist einmalig in Belgien! Wenn ich daran denke, wo ich herkomme, aus welch kleinem Dorf (Froidchapelle, d. Red.)... Ich habe beim Tabellenletzten in der untersten Klasse angefangen, weiter drunter geht nicht! Ich war richtig der Letzte. Und jetzt spiele ich in der besten Mannschaft der Welt! Da kann ich ja nur stolz sein! Wenn ich daran denke, kriege ich Gänsehaut.“ (Zeigt seinen Arm.)
fcbayern.de: Und ein weiterer Höhepunkt deiner Karriere ist schon in Sichtweite: die Weltmeisterschaft nächsten Sommer. Dein erstes großes Turnier war die WM 2002. Schließt sich da ein Kreis?
Van Buyten: „Ja, zwölf Jahre danach kehre ich mit Belgien zur WM zurück. Das ist top! Wir haben wieder eine gute Mannschaft mit einem Mix aus jungen und erfahrenen Spielern. Die jungen spielen jetzt auch bei Topvereinen, deshalb hat sich die Mannschaft so verbessert: Deshalb sind wir Gruppenerster geworden und waren bei der Auslosung im ersten Topf. Im FIFA-Ranking waren wir auf einmal Sechster. In Brasilien werden wir unser Bestes geben und wollen erst einmal die Gruppenphase überstehen (Gruppengegner sind Russland, Südkorea und Algerien, d. Red.). Im Achtelfinale könnten wir dann vielleicht auf Deutschland treffen.“
fcbayern.de: Und was kommt nach der WM?
Van Buyten: „Eventuell höre ich nach der WM mit der Nationalmannschaft auf. In meinem Alter ist es vielleicht nicht schlecht, wenn ich die Länderspielphasen zur Erholung nutzen kann. Aber eine Entscheidung ist hier noch nicht gefallen. Momentan liegt mein Fokus darauf, mit dem FC Bayern Titel zu gewinnen.“
fcbayern.de: Und nach der aktiven Karriere? Was schwebt dir da vor?
Van Buyten: „Natürlich will ich im Fußballbereich bleiben. Es kann es sein, dass ich den Trainerschein mache. Vielleicht geht es auch in die Richtung Spielerberater. Ich bekomme immer wieder mit, wie junge Spieler ausgenützt werden. Ich bin so froh, dass ich einen Topmanager gefunden habe. Deswegen habe ich mir schon gedacht: Das könnte ich auch mal machen, gerade für junge Spieler. Ich könnte aber auch Scout werden. Ich glaube, ich habe ganz gute Augen und in Belgien haben wir gerade eine super Generation junger Spieler. Es gibt also mehrere Sachen, die mir Spaß machen könnten.“
Das Interview führte: Nikolaus Heindl.
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