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'Kaiser' Franz Beckenbauer wird 70

Der Mann hat viele, sehr viele Talente. In erster Linie ist Franz Beckenbauer natürlich ein hervorragender Fußballer gewesen, der Beste vielleicht, den es jemals in Deutschland gegeben hat, auf jeden Fall der erfolgreichste, der mit der meisten Strahlkraft. Aber er war auch ein hervorragender Präsident, Teamchef, Trainer, Organisations-Chef der Sommermärchen-Weltmeisterschaft 2006, Funktionär - und ein guter Golfer ist er mit nunmehr 70 Jahren noch immer. Trotzdem gibt es einen Beruf, der Beckenbauer besonders fasziniert.

 „Hätte ich die Möglichkeit gehabt“, sagte er einmal, „ich wäre gern Physiker geworden.“ Vermutlich ein erfolgreicher. Denn fast alles, was Beckenbauer anpackte in seinem Leben, führte zum Erfolg. „Lichtgestalt“ ist hierzulande ein Synonym für Beckenbauer, und Beckenbauer ein Synonym für Lichtgestalt. „Er ist der Einzige, der der PDS in Bayern ein Direktmandat verschaffen könnte“, sagte Kabarettist Ottfried Fischer einmal über die Macht des Kaisers.

Das hatte sich Beckenbauer nicht träumen lassen, als er mit zwölf Jahren spürte, den SC 1906 verlassen und sich eine neue sportliche Herausforderung suchen zu müssen. Die entscheidende Weiche für seine Weltkarriere stellte damals aber nicht er selbst, auch nicht seine Eltern oder ein Trainer. Die Watschn eines Gegenspielers vom TSV 1860 - ein, wie er später sagte, „lächerlicher Zwischenfall“ - führte dazu, dass er nicht wie ursprünglich geplant zu den „Blauen“ wechselte, sondern sich der Bayern-Jugend anschloss.  Sein Vater hielt allerdings nicht viel vom Hobby des jungen Franzl. „Vom Fußball“, sagte der Oberpostsekretär aus Obergiesing einst, „kann keiner leben.“  Er irrte sich ebenso wie etliche Jahre später der Sohn.

Kunstschuss vom Weißbierglas

Beckenbauer war ein erfolgreicher Fußballer, Leistungsträger beim FC Bayern und Nationalspieler, als er sich bereits mit der Zeit nach der Karriere beschäftigte. Er war sich sicher: „Mit Fußball möchte ich später einmal nichts zu tun haben, und ein Trainerjob kommt für mich wahrscheinlich nicht in Frage.“ Nach fünf deutschen Meistertiteln, vier Europapokalsiegen, einem EM- und einem WM-Titel, einem Gastspiel bei Cosmos New York und der Rückkehr in die Bundesliga zum Hamburger SV, erinnerte sich Beckenbauer daran aber offenbar nicht mehr.

Er blieb dem Fußball so treu, wie er sich nicht hatte vorstellen können. Zuerst als Teamchef, da führte er die Nationalmannschaft 1990 in Rom zum dritten WM-Titel, dann beim FC Bayern. Der Höhepunkt der launigen Meisterfeier 1994 auf dem Nockherberg war des Kaisers Kunstschuss von einem Weißbierglas auf die Torwand des Aktuellen Sportstudios. Aber wichtiger als die Titel und Trophäen war ihm die erfolgreiche Bewerbung Deutschlands für die WM 2006. „Mein größter Erfolg“, findet Beckenbauer. Er reiste damals monatelang um die Welt, um Stimmen für Deutschland zu sammeln. Der Spiegel sah in ihm einen „nichtstaatstragenden Außenminister, der genauso unangestrengt Politik zu machen vermag wie er Fußball spielte“.

Dabei strebte Beckenbauer nicht nach Macht. Sein Wunsch sei, „dass sich die Menschen nicht so wichtig nehmen.“ Weil er sich selbst nicht so wichtig nimmt. Hierarchisches Denken ist ihm zuwider, er behandelt die Bundeskanzlerin nicht anders als den Rasenpfleger im Stadion, und das macht ihn glaubwürdig, volksnah. Seinen beiden jüngsten Kindern vermittelt er als wichtigstes Gut, Respekt vor anderen Menschen zu haben: „Wenn du freundlich bist, kostet dich das nichts. Und dann sind auch die anderen freundlich zu dir.“

Weltweit hofiert und dennoch erdverbunden

Er ist ein Kosmopolit und hat doch seine Giesinger Wurzeln nie vergessen. Beckenbauer weiß sich auf jedem Parkett in jeder Ecke der Welt sicher zu bewegen, wird überall hofiert und bewundert, aber er ist erdverbunden geblieben. „Seine Größe ist seine Schlichtheit, dass ein Mann mit diesen Voraussetzungen und dieser Entwicklung derselbe Junge geblieben ist“, so beschrieb ihn einmal der frühere Bayern-Trainer Dettmar Cramer.

Beckenbauer trägt das Herz auf der Zunge und sagt, was er denkt. In den vergangenen Jahren, seit er sich mehr ins Privatleben zurückgezogen hat, ist er gelassener geworden, aber noch immer hat er hohe Ansprüche. Der Maßstab ist das eigene Können. Es kann deshalb noch immer passieren, dass er grantig wird und ihm nicht genehme Leistungen auf seine so ganz eigene charmant grantelnde Art würdigt. Da spricht er von „Obergiesing gegen Untergiesing“ oder von einer „Schülermannschaft“. Legendär waren in seiner Zeit als Präsident des FC Bayern die Bankettreden bei den Champions League-Reisen. Wehe, wenn die Mannschaft patzte, dann gab der noch immer impulsive Beckenbauer gerne den „wilden Kaiser“.

Unvergessen ist seine Ansprache nach der 0:3-Niederlage bei Olympique Lyon in der Zwischenrunde 2001, da verglich er die Mannschaft mit der „Uwe-Seeler-Traditionself“, wollte „Altherrenfußball“ gesehen haben und fühle sich an „Fußball wie vor 30 Jahren“ erinnert. Die Kritik fruchtete, zwei Monate später gewannen die Münchner „Altherrenfußballer“ um Stefan Effenberg und Oliver Kahn die Champions League.

Nichts dem Zufall überlassen

Er eroberte mit einer Leichtigkeit die Welt, wie kein Fußballer vor ihm und keiner nach ihm. „Du musst genießen, was du tust“, sagt Beckenbauer. „Der Mensch ist geboren, um zu arbeiten und danach die Früchte seiner Arbeit zu genießen. Was ich mache, tue ich mit Freude.“ Seine Nonchalance, mit der er so manche Probleme beiseite wischt, täuscht darüber hinweg, dass Beckenbauer nichts dem kaiserlichen Zufall überließ.

Nie verliert er den Blick für diejenigen, die nicht wie er auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Die 1982 gegründete Beckenbauer-Stiftung unterstützt körperlich, geistig oder seelisch Behinderte sowie bedürftige oder in Not geratene Menschen. „Die Popularität vom Franz ist darin begründet, dass er auch in seinen Erfolgen der gleiche sozial denkende Mensch geblieben ist. Und er hat sich nie auf die faule Haut gelegt“, sagt seine älterer Bruder Walter.

Doch kurz vor seinem 70. Geburtstag musste auch der Kaiser einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen. Sein Sohn Stefan starb mit nur 46 Jahren nach schwerer Krankheit.

Seine ersten drei Kinder hätten sich manchmal einen Vater gewünscht, der weniger Fußballer und mehr Vater gewesen wäre, aber das hat er nun spät nachgeholt bei seinem vierten Sohn und seiner ersten Tochter. Beckenbauer hat seine Ämter aufgegeben, wegen der Familie. „Gibt’s was Schöneres, als abends ein Glaserl Wein zu trinken, eine Zigarre zu rauchen und auf einen erfolgreichen Tag zurückzublicken?“ Wir wünschen alles Gute zum 70., lieber Franz Beckenbauer!

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