Er ist der Dauerbrenner beim FC Bayern: Joshua Kimmich hat in der laufenden Saison bislang alle 15 Pflichtspiele bestritten, 13 davon über die volle Spielzeit. Und auch in der deutschen Nationalmannschaft hat sich der 22-Jährige, der seit Saisonbeginn die Nachfolge von Philipp Lahm als Rechtsverteidiger angetreten hat, längst etabliert. Keine Frage, Kimmich hat derzeit einen Lauf.
Vor den beiden Spielen gegen seinen ehemaligen Klub RB Leipzig traf sich Kimmich mit dem Bayern-Magazin zum großen Interview. Darin spricht der gebürtige Schwabe über den bisherigen Saisonverlauf, seine persönliche Situation als Nachfolger von Philipp Lahm und die plötzliche Offensivstärke als Rechtsverteidiger. Außerdem erzählt von seiner Heimat, seinen zwei Jahren in Leipzig und die Anfangszeit in München, die er zusammen mit seiner Schwester in einer WG verbrachte.
Das Interview mit Joshua Kimmich:
Joshua, wie groß war Deine Enttäuschung vergangene Woche nach dem Sieg gegen Celtic? Du hast erstmals in dieser Saison nicht durchgespielt...
Kimmich: „Es ist schon okay, wenn ich mal zehn Minuten nicht spiele. (schmunzelt) Wir haben ja auch schon 3:0 geführt. Und ich hatte in der zweiten Halbzeit auch gemerkt, dass ich ein paar Wege in den Beinen hatte. Alle drei Tage zu spielen, ist ein neuer Rhythmus für mich. Dazu noch die Länderspiele. Es waren schon viele Partien, viele Minuten in letzter Zeit.“
Als Du vom Platz gingst, sind die Zuschauer aufgestanden und haben applaudiert. Bekommt man das mit auf dem Rasen?
Kimmich: „Das merkt man schon. Wenn man 3:0 führt und die Leute klatschen, wenn man ausgewechselt wird, ist das ein schönes Gefühl. Man spürt: Die Fans waren zufrieden heute.“
Die Bayern-Fans haben Dich zum „Spieler des Monats September“ gewählt, gegen Celtic wurdest Du von der UEFA zum „Man of the Match“ gekürt. Was bedeuten Dir solche Auszeichnungen?
Kimmich: „Eine solche Resonanz von außen ist natürlich schön. Es zeigt, dass man der Mannschaft mit einer guten Leistung helfen konnte, vielleicht sogar mit einem Tor oder mit einer Vorlage. Gleichzeitig ist es aber auch Antrieb, weiter Gas zu geben und die Leistung zu bestätigen.“
Nachdem Philipp Lahm sein Karriereende angekündigt hatte, wurdest Du schnell als sein Nachfolger auserkoren. Wie gehst Du mit der Erwartungshaltung um, die damit verbunden ist?
Kimmich: „Ich kannte diese Situation ja von der Nationalmannschaft. Daher wusste ich, dass immer wieder Vergleiche kommen würden. Einerseits freut mich das, andererseits war mir von Anfang an klar, dass ich Philipp nicht eins zu eins ersetzen kann. Philipp war Kapitän, hat unzählige richtig gute Spiele gemacht, hat immer seine Leistung gebracht. Ich bin 22 Jahre alt und kann mir von ihm viele Dinge abgucken. Aber ich möchte auch meinen eigenen Weg gehen.“
Gibt es außer Philipp Lahm noch andere Rechtsverteidiger, von denen Du Dir etwas abschaust?
Kimmich: „Da gibt es in meiner Generation schon einige. Zum Beispiel Dani Alves, der meiner Meinung nach das Rechtsverteidigerspiel extrem geprägt hat. Mit seiner Aggressivität gegen den Ball, mit seinen offensiven Laufwegen, mit seiner Torgefährlichkeit. Auch Dani Carvajal von Real Madrid finde ich richtig gut.“
In Deiner noch jungen Karriere hast Du schon zahlreiche Positionen besetzt: Rechtsverteidiger, Sechser, rechtes Mittelfeld, Innenverteidiger... Wo siehst Du Deine Zukunft?
Kimmich: „Wenn man mich vor vier Jahren, als ich noch in Leipzig war, das gefragt hätte, hätte ich gesagt: ganz klar auf der Sechserposition. Kaum war ich bei Bayern, da habe ich Innenverteidiger gespielt, wieder ein Jahr später war ich in der Nationalmannschaft Rechtsverteidiger. Ich denke, es ist schon eine essentielle Stärke von mir, dass ich mehrere Positionen ausfüllen kann. Aber natürlich möchte ich irgendwann das Selbstverständnis haben, dass es heißt: Diese Position gehört Kimmich.“
Als Du aus Leipzig nach München gekommen bist, hast Du mit Deiner Schwester eine WG gegründet. Besteht die noch?
Kimmich: „Nein, die WG haben wir aufgelöst. Meine Schwester macht ein duales Studium und ist nur noch manchmal in München, dafür hat sie jetzt eine eigene kleine Wohnung. Aber für den Anfang war es für uns beide die absolut richtige Entscheidung. Wir wussten, es ist jemand zuhause, dem man vertraut, wir hatten in einer für uns beide neuen Stadt einen familiären Bezugspunkt. Das war uns beiden sehr wichtig.“
Wie sah da die Aufgabenteilung aus?
Kimmich: „Ich würde sagen klassisch (lacht). Wäschewaschen ist nicht mein Spezialgebiet, früher bin ich mit meinen Klamotten auch noch öfter nach Hause zu meiner Mutter gefahren, heute hat meine Freundin da ein Auge drauf. Dafür schnappe ich mir den Staubsauger und achte generell auf Sauberkeit. Da bin ich fast schon ein wenig pingelig. Aber so bin ich erzogen worden, zunächst von meinen Eltern, später im Internat beim VfB Stuttgart, wo wir immer unsere Zimmer aufräumen mussten.“
In Leipzig hast Du Dir eine Wohnung mit Yussuf Poulsen geteilt. Habt Ihr noch Kontakt?
Kimmich: „Ja, klar. Wir haben immerhin zwei Jahre zusammengewohnt, da entwickelt sich schon ein besonderes Verhältnis. Ich freue mich, dass wir uns jetzt innerhalb von ein paar Tagen gleich zweimal sehen – auch wenn die Freundschaft dann auf dem Platz mal ruhen muss.“
Leipzig konnte mit dem Sieg in Dortmund ein Ausrufezeichen setzen. Ist RB Euer Hauptkonkurrent um den Titel?
Kimmich: „Es ist ja so, dass Dortmund noch vor uns steht. Daher ist der BVB wieder ein großer Konkurrent. Bei RB fand ich das Spiel in der Champions League gegen Porto noch beeindruckender als den Sieg in Dortmund. Gegen Porto saßen unter anderem Demme, Werner und Poulsen draußen, auch Emil Forsberg hat noch nicht so viele Partien bestritten. Da merkt man schon, welch ungeheure Qualität in dem Kader steckt – auch wenn ich jetzt nicht anfangen will, über unsere eigenen Qualitäten zu sprechen.“
Die Spiele Deines Heimatvereins VfB Bösingen verfolgst Du noch regelmäßig vor Ort. Ist dann Ausnahmezustand am Spielfeldrand?
Kimmich: „Nein, gar nicht. Das ist ja mein Zuhause. Meistens fahre ich sonntags zu meinen Eltern und dann gibt es immer irgendein Spiel, in dem ein paar meiner Kumpels mitkicken. Bösingen hat drei Herrenmannschaften, da haben die sich schön aufgeteilt: Ein, zwei spielen mit der Ersten in der Landesliga, der Großteil in der Zweiten, dann noch mal ein paar in der Dritten. Mir macht es einfach Spaß, meinen Freunden zuzusehen und ich schaue auch, dass ich regelmäßig dort bin.“
Und dann gibt’s Tipps vom Bayern-Star und Nationalspieler?
Kimmich: „Ne, ne, die kriegen von mir ordentlich die Meinung gegeigt vom Spielfeldrand (lacht). Und wenn es mal gut läuft, muss ich auch nichts sagen, dann loben sie sich eh gleich selbst. Einer meiner Freunde ist Kapitän in der Zweiten und hat zuletzt oft getroffen. Dann meinte er zu mir: ‚Zehn Tore in zehn Spielen – davon kannst Du Dir mal eine Scheibe abschneiden!‘ (lacht). Die Sprüche gleichen sich also immer wieder aus.“
Das vollständige Interview mit Joshua Kimmich lesen Sie im aktuellen Bayern-Magazin zum Heimspiel gegen RB Leipzig!
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