20 Mal Bundesliga, fünf Mal Champions League, drei Mal DFB-Pokal – die Bilanz von Niklas Süle nach seinem ersten Dreivierteljahr FC Bayern kann sich sehen lassen. Im Interview mit fcbayern.com spricht der 22 Jahre alte Innenverteidiger über seinen Start in München, die Erfahrung Champions League und das anstehende Auswärtsspiel bei Besiktas Istanbul.
Niklas, deine Eltern sind in diesen Tagen zu Besuch. Ein Kontrollbesuch?
Süle: „Nein, nein. (lacht) Meine Eltern kommen relativ häufig zu Besuch, gerade rund um die Spiele. Das freut mich immer sehr. Ich bin ja relativ früh von zuhause ausgezogen. Mit 14 bin ich ins Internat nach Hoffenheim. Trotzdem hatte ich immer eine enge Verbindung zu meinen Eltern. Die Familie ist für mich das Wichtigste.“
Eltern sind wahrscheinlich die ehrlichsten Kritiker. Wie streng waren sie mit dir?
Süle: „Der Austausch mit meinen Eltern war immer super. Mein Vater ist sehr fußballbegeistert und eigentlich mein größter Kritiker, was ich aber gut finde. Er hat mich in meiner fußballerischen Entwicklung sehr unterstützt. Meine Mutter interessiert das Fußballspezifische nicht so sehr, sie hat dafür immer viel Wert auf die Schule und meine persönliche Entwicklung gelegt.“
Gab’s denn Probleme in der Schule?
Süle: „Die habe ich gerne ein bisschen vernachlässigt. (schmunzelt) Wenn ich zurückdenke, muss ich mich selber tadeln. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt. Aber ich habe Glück gehabt. Heute verstehe ich, dass meine Eltern da sehr kritisch mit mir waren. Das mit der Schule würde ich heute anders machen.“
Glaubst du, deine Eltern sind heute stolz auf dich?
Süle: „Ich denke, sie sind vor allem stolz darauf, dass mein Bruder und ich mit beiden Beinen im Leben stehen. Wir sind offene Menschen, lebenstauglich, fröhlich und einigermaßen vernünftig. (schmunzelt) Ich glaube, darauf sind sie eher stolz als auf das, was mein Bruder und ich beruflich leisten.“
Beruflich läuft es allerdings sehr gut für dich im ersten Jahr beim FC Bayern. Du kommst auf viele Einsätze, allerdings hast du erst ein Tor erzielt. Dabei warst du doch in der Jugend Stürmer...
Süle: „Es fing eigentlich gut an. Ich habe das erste Bundesliga-Tor dieser Saison geschossen. Seitdem habe ich immer wieder aussichtsreiche Aktionen, komme für einen Abwehrspieler auch zu sehr vielen Torschüssen, aber ich habe zu wenige Tore daraus gemacht. Da will ich mich auf jeden Fall steigern. Mit harter Arbeit wird das bestimmt besser.“
Woran muss man als erstes arbeiten, wenn man mit 21 Jahren zum FC Bayern kommt?
Süle: „Das hier ist schon eine andere Hausnummer. Die Säbener Straße ist weltbekannt, die Spieler kennt man aus dem Fernsehen. Erstmal muss man sich ans Trainingsniveau gewöhnen. Jeder Ball ist umkämpft, fast jede Situation wird ausdiskutiert. Genau das bringt einen weiter. Und wenn man sieht, wie ein Spieler wie Arjen Robben, der alles erreicht hat, jeden Tag im Kraftraum arbeitet, ist das für einen jungen Spieler wie mich sehr inspirierend.“
Beim FC Bayern muss man jedes Spiel gewinnen.
Süle: „Das musste ich auch lernen. Als wir das erste Champions-League-Spiel diese Saison gegen Anderlecht 3:0 gewonnen haben, wurde nach dem Spiel die Mannschaftsleistung in einigen Punkten kritisiert. Das war sehr ungewohnt für mich. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. So ist das bei Bayern.“
Apropos Champions League: Du spielst in dieser Saison erstmals mit einem Klub international. Kribbelt es unter der Woche um 20:45 Uhr anders als am Samstag um 15:30 Uhr?
Süle: „Als ich noch in Hoffenheim war, war es dienstags und mittwochs immer Pflichtprogramm, mit den Kumpels auf der Couch zu sitzen und Champions League zu kucken. Jetzt bin ich selber Teil davon. Ich durfte in Paris spielen, und auch wenn das Resultat negativ war, war das eine unglaublich wichtige Erfahrung für mich. Sich mit den Besten zu messen, dafür kommt man zu einem Verein wie dem FC Bayern. Dann noch das Spiel bei Celtic, ein wahnsinniges Erlebnis! Das alles als junger Spieler noch dazu in meiner ersten Champions-League-Saison erleben zu dürfen, ist unglaublich!“
Du scheinst überhaupt keine Schwierigkeiten gehabt zu haben, dich an das Champions-League-Niveau anzupassen.
Süle: „Naja, Champions League ist schon richtig schwer. Ich erinnere mich an das erste Spiel gegen Anderlecht. Jeder hat einen klaren Sieg von uns erwartet - dann steht man auf dem Rasen und merkt, dass der Gegner auch richtig kicken kann. In der Champions League ist selbst bei Klubs, die nicht so einen Namen wie Real Madrid oder Barcelona haben, die Qualität sehr hoch. Ich habe das Glück, in einer Mannschaft zu spielen, die seit Jahrzehnten in diesem Wettbewerb antritt und immer das Ziel hat, möglichst weit zu kommen. Das macht es mir einfacher, mich auf diesem Level zurechtzufinden.“
Jetzt geht es nach Istanbul. Was bedeutet der klare Hinspiel-Sieg fürs Rückspiel?
Süle: „5:0 ist natürlich ein gutes Polster. Aber uns erwartet sicherlich eine außergewöhnliche Atmosphäre und Besiktas hat auch eine gute Mannschaft. Das hat man im Hinspiel in den ersten 15 Minuten gesehen, als wir noch Elf gegen Elf gespielt haben. Trotzdem wollen wir in Istanbul voll auf Sieg spielen. Wir dürfen uns zu nichts hinreißen lassen und müssen einfach unser Spiel spielen.“
Wie erwartest du Besiktas?
Süle: „Vor ihren eigenen Fans werden sie versuchen, uns unter Druck zu setzen und das Spiel zu gewinnen. Ich bin wirklich gespannt auf die Kulisse. Aber ich denke, wir haben so viel Erfahrung in der Mannschaft, dass wir uns davon nicht beeindrucken lassen.“
Noch nicht ganz perfekt, aber zum Greifen nah ist die Meisterschaft. Wie groß ist deine Vorfreude auf die Meisterschale?
Süle: „Ich freue mich schon extrem. Es wäre meine erste Meisterschaft, das ist etwas ganz Besonderes. Die Meisterschaft ist das Größte, was du im deutschen Vereinsfußball erreichen kannst.“
Du hast ja schon das eine oder andere Tattoo. Planst du, die Meisterschale als Tattoo zu verewigen?
Süle: „Nein, das habe ich nicht vor.“
Was haben eigentlich deine Eltern gesagt, als du mit dem ersten Tattoo nach Hause kamst?
Süle: „Sie waren nicht so schockiert. (schmunzelt) Ich wollte mir schon mit 12 Jahren ein Tattoo stechen lassen. Da haben sie gesagt: ‚Kannst du knicken. Mit 18 kannst du machen, was du willst.‘ Sie waren also vorbereitet, als ich mit 19 dann mein erstes Tattoo hatte.“
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