
Ein ereignisreiches und erfolgreiches Jahr geht für die Nachwuchsabteilung des FC Bayern zu Ende. Einige Talente verdienten sich in den vergangenen Monaten ihr Debüt bei den Profis. Die Amateure sind nach der ersten Saisonhälfte in der Regionalliga Bayern auf Meisterschaftskurs, die U19 verpasste zuletzt denkbar knapp die K.o.-Runde der UEFA Youth League, die U17 erreichte in der abgelaufenen Spielzeit das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft und rangiert aktuell wieder auf Platz eins der Bundesliga Süd/Südwest. Im Interview mit fcbayern.com zieht Campus-Leiter Jochen Sauer Bilanz.
Das Interview mit Jochen Sauer
Herr Sauer, das Jahr 2018 neigt sich dem Ende zu. Wie fällt Ihr Fazit für den Nachwuchs des FC Bayern am Campus aus?
Sauer: „Durchweg positiv. Wir haben in der vergangenen Saison 2017/18, unserer ersten Campus-Saison, mit allen Mannschaften hervorragende Ergebnisse erzielt und haben daran in der ersten Saisonhälfte 2018/19 nahtlos anknüpfen können. Dazu haben wir viele hoffnungsvolle Talente langfristig an den FC Bayern binden können und mit Meritan Shabani im DFB-Pokal und Wooyeong Jeong in der Champions League in der laufenden Saison zwei Debütanten bei unseren Profis beglückwünschen können. Mit Jonathan Meier und Paul Will hatten wir noch zwei weitere Spieler mehrmals im 18er Profi-Kader dabei. Mich würde es sehr freuen, wenn sich in der Rückrunde noch der eine oder andere sein Profi-Debüt verdienen würde.“
Trauern Sie noch dem unglücklichen Aus der U19 in der Youth League hinterher?
Sauer: „Nachdem wir in der vergangenen Saison ungeschlagen und als Gruppensieger erstmals in die K.o.-Runde eingezogen sind, haben wir dieses Ziel dieses Mal leider um Haaresbreite verfehlt. Elf Punkte haben nicht fürs Weiterkommen gereicht – in den meisten der anderen Gruppen wären wir damit durch gewesen. Überhaupt gab es in der Geschichte der Youth League erst einmal eine Mannschaft, die mit elf Punkten oder mehr ausgeschieden ist. Sebastian Hoeneß und sein Team haben sich trotzdem sehr gut geschlagen und werden in den Spielen speziell gegen Benfica und Ajax viele wertvolle Erfahrungen gesammelt haben.“
Ein Highlight des vergangenen Jahrs am Campus war sicherlich das U17-Finale gegen Borussia Dortmund.
Sauer: „Ja, das denke ich auch. Erstmals war unser Stadion auf dem Campus ausverkauft, das war eine ganz besondere Kulisse. Leider haben wir das Spiel unglücklich mit 2:3 verloren, aber Holger Seitz und seine Mannschaft haben sowohl im Endspiel als auch über die gesamte Spielzeit zeigen können, dass wir auch im Nachwuchs des FC Bayern sehr gute Arbeit leisten.“
Holger Seitz trainiert seit Sommer die Amateure des FC Bayern. Sind Sie zuversichtlich, dass seine Mannschaft den Aufstieg schafft?
Sauer: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass unsere U23 Meister der Regionalliga Bayern wird. Bis auf einen kleinen Durchhänger im Herbst wusste die Mannschaft zu überzeugen und ich bin mir sicher, dass sie den erfolgreichen Weg auch nach der Winterpause fortsetzen wird. Leider müssen wir als Meister dann noch in die Relegation gegen den Nord-Meister, der nach aktuellem Stand wahrscheinlich VfL Wolfsburg II heißen wird.“
Wie wichtig wäre der Aufstieg für die individuelle Weiterentwicklung der Talente?
Sauer: „Es ist mit Sicherheit etwas anderes für unsere Jungs, in einem vollbesetzten Stadion in Rostock, Kaiserslautern oder Münster zu spielen als aktuell bei dem einen oder anderen eher kleinen Verein in der Regionalliga Bayern. Das soll jetzt auch gar nicht despektierlich klingen, denn ich ziehe den Hut vor Klubs wie Garching, Pipinsried oder Schalding-Heining, die mit vergleichsweißen bescheidenen finanziellen Mittel auskommen müssen und hervorragende Arbeit leisten. Paradebeispiel ist aktuell der VfB Eichstätt. Aber unsere Jungs wollen alle in den Profifußball, und in der 3. Liga werden sie natürlich ganz anders gefordert. Ich glaube aber nicht, dass die Zugehörigkeit unserer U23 zur 3. Liga in jedem Einzelfall ausreicht, um wieder vermehrt Spieler für unsere eigenen Profis auszubilden. Dazu werden bei uns gerade strategische Überlegungen in viele unterschiedliche Richtungen angestrengt.“
Adrian Fein hat sich kurz vor Ende der Sommertransferperiode zu Jahn Regensburg ausleihen lassen. Gehen die Überlegungen in diese Richtung?
Sauer: „Zum Beispiel. Adrian hat sich beim Jahn nach einer sehr kurzen Eingewöhnungsphase im neuen Umfeld einen Stammplatz erkämpft und vor allem erspielt. Er muss jetzt jedes Wochenende auf einem hohen athletischen und fußballerischen Niveau an seine Leistungsgrenze gehen, um diesen Stammplatz zu verteidigen. Dadurch entwickelt er sich stetig weiter. Die Verantwortlichen in Regensburg sind froh, ihn im Team zu haben – und selbiges hört man auch aus Heidenheim über unseren ehemaligen Spieler Niklas Dorsch. Ich denke, wir sollten noch mehr in diese Richtung denken. Die individuelle Förderung ist maßgebend und viel wichtiger als der Tabellenstand einer Nachwuchsmannschaft. Wir müssen die Talente frühestmöglich fördern und sie auch mal eine Altersstufe überspringen lassen, wenn sie das Niveau dazu haben; so entwickeln sie sich weiter - bessere Ergebnisse und ein guter Tabellenplatz sind dann die logische Konsequenz.“
Dass beides funktioniert, dafür scheint die U17 aktuell ein sehr gutes Beispiel zu sein….
Sauer: „Genau. Wir spielen in der U17-Bundesliga mit der wahrscheinlich jüngsten Mannschaft, mit der der FC Bayern jemals vertreten war. Teilweise stehen bis zu sieben Spieler in der Anfangsformation, die noch in der U16 spielen könnten. Trotzdem sind wir Tabellenführer nach der ersten Saisonhälfte, was viele bei uns aufgrund der Alterststruktur so nicht erwartet hätten. Aber gerade die jüngeren Spieler haben den Niveauunterschied sehr schnell angenommen und sich innerhalb weniger Wochen erfolgreich angepasst. Wir überlegen gerade sehr intensiv, wie wir mit diesen positiven Erfahrungswerten unsere Mannschaften der U17 bis U23 im nächsten Jahr aufstellen.“
Der prominenteste Neuzugang am Campus vor dieser Saison war sicherlich der Trainer der U17, Miroslav Klose. Wie haben Sie ihn in seinem ersten Halbjahr als Chefcoach wahrgenommen?
Sauer: „Miro und sein Co-Trainer Slaven Skeledzic haben einen großen Anteil an der Wintermeisterschaft unserer U17. Ich denke, am Anfang war sein Respekt vor der neuen Aufgabe genauso groß, wie der seiner Spieler vor dem neuen Trainer. Die meisten von ihnen haben vor viereinhalb Jahren als kleine Jungs vorm Fernseher mitgejubelt, als Miro in Brasilien Weltmeister wurde. Er ist eine Legende des deutschen Fußballs und wir sind sehr froh, dass er nun seine Erfahrungen und sein fußballerisches Wissen an unsere Talente weitergibt. Und das nicht nur an seine eigene Mannschaft.“
Inwiefern?
Sauer: „Miro hat bereits nach wenigen Trainingswochen, die Stürmer aus mehreren Jahrgängen unter seine Fittiche genommen. Mindestens einmal die Woche findet nun ein Sondertraining statt, um unsere Offensivspieler individuell zu verbessern. Miro zeigt den zentralen Stürmern, wie sie sich im Strafraum richtig zu verhalten haben und den Außenstürmern, wie sie die Mitspieler in der Mitte richtig bedienen. Das ist für diese Jungs eine wunderbare Geschichte, von der sie wahnsinnig profitieren können.“
Wird es in der Winterpause Transfers oder irgendwelche personellen Veränderungen in den U-Mannschaften geben?
Sauer: „Aktuell haben wir nichts auf der Zugangsseite geplant, natürlich sind wir aber schon an der einen oder anderen Geschichte für den Sommer dran. Wir werden versuchen, unsere Teams weiter gezielt zu verstärken. Nicht ausschließen möchte ich, dass im nächsten Transferfenster bei den Amateuren oder der U19 etwas in Sachen Abgänge passiert. Beide Kader sind sehr groß, einige Spieler kommen eher selten zum Einsatz. Falls einer von ihnen eine neue sportliche Herausforderung suchen möchte, würden wir uns sicherlich damit beschäftigen.“
Wenn Sie drei Wünsche fürs neue Jahr freihätten, wie würden die lauten, Herr Sauer?
Sauer: „Sportlich steht der Aufstieg unserer Amateure in die 3. Liga ganz oben. Dann wenig Verletzungspech für unsere Talente und dass wir auch im neuen Jahr diesen herausragenden Teamgeist bei unseren Mitarbeitern und Trainern am Campus genießen können.“
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