Bei den Fans des FC Bayern genießt er Kultstatus, wenn es um Talente geht ist das Auge des Tigers legendär. Zahlreiche Eigengewächse des Rekordmeisters gingen durch seine Schule und schafften anschließend den Sprung in den Profifußball – einige beim FC Bayern, viele andere in der ersten und zweiten Bundesliga. Die Rede ist von Hermann Gerland. Nachdem er im Sommer 2018 seine Tätigkeit als Co-Trainer der Profis beendete, kehrte er als sportlicher Leiter an den FC Bayern Campus zurück, um sich wieder verstärkt der Talentsuche und -förderung zu widmen. Am Dienstag feiert der Tiger seinen 65. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, Hermann Gerland.
Geboren am 4. Juni 1954 in Bochum war Hermann der älteste Sohn einer Bergmann-Familie. „Als mein Vater starb, war ich neun Jahre alt“, erzählte er. „Wir waren vier Kinder, und wir waren arm.“ Diese Zeit hat ihn geprägt. Pflichtbewusstsein, Leistungsbereitschaft, Einsatzwille - damit hat Gerland den Sprung in den Profifußball geschafft. „Ich bin ein Malocher-Typ, der den Fußball liebt und nicht Show“, beschrieb er sich selbst, „mein Lebensmotto heißt: Ohne Fleiß keinen Preis.“
Wie „besessen“ habe er als Jugendlicher für seinen Traum gearbeitet. „Ich wollte es allen zeigen und habe verbissen trainiert.“ Nicht umsonst sagt Gerland noch heute: „Übung macht den Meister, das steht nicht nur in jedem Buch, das ist die Wahrheit. Wer nicht übt, wird nicht Meister.“ Von 1972 bis 1984 spielte Gerland dann tatsächlich in der Bundesliga, immer für den VfL Bochum. Ein kantiger Verteidiger, der bald den Spitznamen Eiche trug. Bis heute nennen sie Gerland so in Bochum, wo auch seine Trainerkarriere begann.
Von A wie Alaba bis Z wie Zvjezdan - die Liste der Talente ist lang
Nach drei Jahren beim VfL (1985-88) war er noch beim 1. FC Nürnberg (88-90, 95-96), Tennis Borussia Berlin (1996-98), Arminia Bielefeld (1999-2000) und in Ulm (2000-01) als Trainer tätig. Voll aufgehen konnte er dann beim FC Bayern. 1990 vermittelte ihn Jupp Heynckes, damals Chefcoach der Profis, zur zweiten Mannschaft nach München. Von 1990 bis 1995, 2001 bis 2009 und 2010/11 war Gerland für die Amateure des FC Bayern zuständig. Sportliche Höhepunkte waren die Regionalliga-Meisterschaft 2004, sowie das Erreichen des DFB-Pokal-Achtelfinals (1993/94) und -Viertelfinals (1994/95, 2004/05). Vor allem aber machte er sich einen Namen als vielleicht erfolgreichster Talentschmied der Bundesliga.
Die Liste der Spieler, die durch seine Schule gegangen sind, ist lang: Von Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Holger Badstuber, Thomas Müller und Owen Hargreaves über Christian Nerlinger, Dietmar Hamann, Markus Babbel und Mats Hummels bis zu David Alaba, Zvjezdan Misimovic, Paolo Guerrero oder Piotr Trochowski. „Ich denke, ich habe ein gutes Auge“, urteilte Gerland im Interview mit dem FC Bayern-Magazin „51“ über die Fähigkeit, schon früh das Potenzial der Spieler zu erkennen. „Aber um zu erkennen, dass es einer wirklich bei Bayern schafft, muss auch ich länger beobachten.“
Traumjob Co-Trainer
Im April 2009 wurde Gerland Co-Trainer der Profis und assistierte seither Trainer-Größen wie Louis van Gaal („Er hat unser Spiel revolutioniert“), Heynckes („Er wurde immer besser“) oder Pep Guardiola („Ein Phänomen“). „Ich hatte das Glück, unter den größten Trainern überhaupt arbeiten zu dürfen“, sagte Gerland rückblickend über seinen „absoluten Traumjob. Keine Frage, Spieler zu sein, ist noch schöner. Aber das nächste ist Co-Trainer. Oder Torwart-Trainer. Chef-Trainer ist dann schon wieder nicht ganz so schön. Ich will nicht im Mittelpunkt stehen.“
Bei den Fans genießt der dreifache Vater und inzwischen auch Großvater Gerland längst Kultcharakter. Das Grünwalder Stadion trägt schon seit vielen Jahren den inoffiziellen Titel Hermann-Gerland-Kampfbahn, auch in der Allianz Arena wurde er regelmäßig mit Sprechchören gefeiert. Der Vertrag des Hobby-Pferdezüchters („meine größte Leidenschaft nach dem Fußball und meiner Frau“) beim FC Bayern läuft noch bis 2022. Doch ans Aufhören denkt er deswegen noch nicht. „Ich kann mir aber auch dann nicht vorstellen, dass ich nichts mehr mache. Vielleicht etwas im sozialen Bereich, Training mit benachteiligten Kindern eventuell.“
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