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Kahn im Interview: „Der strategische Radar muss ständig an sein“

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Oliver Kahn: „Der strategische Radar muss ständig an sein“

In der neuen Business-Zeitung des FC Bayern Basketball spricht Oliver Kahn, Vorstand der FC Bayern München AG und designierter Vorstandschef des deutschen Rekordmeisters, erstmals ausführlich über seine persönlichen Vorstellungen der Unternehmensführung beim amtierenden Champions League-Gewinner sowie seine Gedanken zum Geschäftsmodell Fußball in Zeiten der Corona-Pandemie.

Das Interview mit Oliver Kahn

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Herr Kahn, Sie sind nun seit Januar 2020 im Amt. Was hat Sie seitdem am meisten beeindruckt, was vielleicht auch überrascht?
Oliver Kahn: „Ich habe 2008 aufgehört, professionell Fußball zu spielen und bin danach Stück für Stück in die Unternehmenswelt reingewachsen. Ich habe Unternehmen mitgegründet, die aus der digitalen Welt kommen. Hierarchien spielen dort keine so große Rolle. Im Gegensatz dazu ist der FC Bayern sehr hierarchisch geprägt. Das war für mich zunächst gewöhnungsbedürftig. Was mich immer an diesem besonderen Verein beeindruckt hat, war das strikte Erfolgsdenken, das man in anderen Klubs nicht so wahrnimmt. Diese Kultur ist ein gewaltiger Differenzierungsfaktor. Die Energie und Kraft kann man hier jeden Tag spüren. Der Verein ist nach dem Gewinn des Triples 2013 noch einmal rasant gewachsen von ca. 500 auf aktuell über 1.000 Mitarbeiter*Innen. Das ist wirklich beeindruckend.“

Wie strukturieren Sie Ihren Tag?
„Ich bin ein großer Freund von digitalen Hilfsmitteln. Mit Trello nutze ich seit langem ein Tool, mit dem ich die Team- und die persönliche Effizienz um einiges steigern kann. Mit diesem Programm kann ich einen so vollen Terminkalender wie heute locker organisieren.“

Woher holen Sie sich Ihre Inspiration?
„Ich bin jemand, der sich gerne weiterentwickeln möchte. Bei den unterschiedlichsten Online-Kursen hole ich mir viele Anregungen und Inspirationen. Die Harvard- oder Stanford University bieten in diesem Bereich substantielle Kurse und Programme. Der Vorteil der englischen Sprache ist, dass viele Dinge oft einfacher und verständlicher erklärt werden können. Im Deutschen werden bestimmte Themen oftmals verstärkt im Detail erläutert. Zudem lese ich gerne Bücher und bin sehr viel geschäftlich unterwegs. Ich habe im vergangenen Jahr verschiedene Orte besucht, wie zum Beispiel China, den Mittleren Osten, Thailand und die USA. Dort habe ich viele neue Eindrücke gesammelt.“

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Haben Sie einen Mentor?
„Ich habe nicht den einen speziellen Mentor, sondern ich versuche, mir von Menschen aus unterschiedlichen Bereichen Feedback und Rat einzuholen. Mit Herbert Hainer, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge gibt es für mich beim FC Bayern einige erfahrene Ansprechpartner.“

Was sind die zentralen Themen, die den Verein momentan bewegen?
„Ein zentrales Thema ist natürlich die Frage, wie die momentane Krise das  Fußballbusiness in Zukunft beeinflusst und verändert. Die aktuell wichtigste Frage ist, wann es wieder möglich sein wird, mit Zuschauern zu spielen. Hier gibt es Ansätze, die, unter der Voraussetzung einer weiteren Normalisierung der Corona-Pandemie, eine schrittweise Erhöhung der Zuschaueranzahl vorsehen. Die Krise hat schonungslos offengelegt, wie anfällig das Geschäftsmodell Fußball ist. Die Saturierung der klassischen Einnahmequellen der Klubs bei gleichzeitig weiter steigenden Gehältern führt auf Dauer in eine Sackgasse. Pandemieklauseln und für alle Vereine geltende und vor allem durchsetzbare Financial Fairplay-Regelungen sind mögliche Optionen, einem aus den Fugen geratenen Wettbewerb im Fußball zu begegnen.“

Was haben Sie für eine Unternehmensführung im Verein vorgefunden?
„Ich habe ein Unternehmen vorgefunden, das sehr stark von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge geprägt ist und hierzu zählen natürlich auch die Strukturen und die Unternehmensführung.“

Gibt es Punkte, die sich ändern könnten?
„Führung bedeutet für mich, ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen ihr volles Potential entfalten können. Ein Leader muss sich daran messen lassen, ob es ihm gelingt, die Leute, mit denen er zusammenarbeitet, so stark zu machen, dass sie ihre persönlichen und die Unternehmensziele erreichen können. Im Englischen würde man sagen „building others up“, wobei die Betonung auf „others“ liegt. Dabei bleibe ich immer offen und fordere konträre Sichtweisen und Perspektiven, damit kreative Ideen entstehen können.“

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Gibt es Projekte, die im ersten Amtsjahr Priorität besitzen?
„Im ersten Halbjahr meiner Tätigkeit beim FC Bayern hatte für mich das Kennenlernen der einzelnen Bereiche des Klubs Priorität. Hier konnte ich wertvolle Informationen und Einblicke in den Status Quo des Vereins gewinnen. Jetzt geht es darum, den Blick in die Zukunft zu richten, und Antworten auf wegweisende strategische Fragestellungen zu geben. Uns muss klar sein, dass der sportliche Erfolg der vergangenen Dekade kein Selbstläufer ist und permanent neu erarbeitet werden muss. Unser zu Grunde liegendes Potenzial ermöglicht es uns, Spitzenleistungen in allen Bereichen zu bringen. Ob bei unseren Mitarbeitern, der Mannschaft, der Beziehung zu unseren Fans und unseren Partnern, in diesen Bereichen wollen wir weiterhin Maßstäbe setzen. Neben dem sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg des FC Bayern werden gesellschaftliches Engagement und nachhaltiges Agieren noch mehr von uns erwartet. Diese Bereiche sinnvoll miteinander zu verzahnen, wird die Aufgabe der kommenden Monate sein.“

Wie lange dauert so ein Prozess?
„Da wir in einer Zeit ständig beschleunigter Veränderung leben, kann ein Strategieprozess nie zu Ende sein. Die Stärken, die ich heute besitze, können morgen schon obsolet sein. Neue Technologien und die digitale Transformation bieten großartige Chancen und können ganze Industrien massiv verändern. Darauf müssen wir uns auch im Fußball einstellen. Das bedeutet, dass der „strategische Radar“ ständig eingeschaltet sein muss. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich der Fußball in den nächsten Jahren signifikant verändern wird. Beispielsweise schauen jüngere Generationen ganz anders Fußball und haben andere Erwartungen, als ältere Generationen das gewohnt sind. Wenn wir sie nicht verlieren wollen, müssen wir digitale Ökosysteme schaffen, die es ermöglichen, in Zukunft auf jeden Fan individuell einzugehen.“

Was sind spezielle Fähigkeiten, die Sie beim FC Bayern einbringen möchten?
„Durch meine Zeit als aktiver Spieler des FC Bayern München und meine unternehmerischen Erfahrungen der letzten Jahre bin ich in der Lage, die kommerziellen Aspekte eines Klubs mit den traditionellen Werten des Fußballs zusammenzubringen. Ich würde behaupten, dass ich ein sehr strategischer Mensch bin, der bei geschäftlichen Aktivitäten einem bestimmten Plan folgt. Dabei ist es mir wichtig, meinen Werten wie Offenheit, Toleranz und Integrität treu zu bleiben, und andere zu Spitzenleistungen zu motivieren.“

Hätten Sie nach Ihrer Karriere gedacht, dass Sie noch einmal in anderer Funktion beim FC Bayern arbeiten?
„Irgendwie war das immer klar. Nach meinem Karriereende hatte ich weiterhin Kontakt zu den handelnden Personen des Vereins, wie Uli Hoeneß oder auch Karl-Heinz Rummenigge. Der Kontakt zu Bayern ist auch durch meine Tätigkeit als ZDF-Experte nie abgerissen. Dadurch habe ich den Fokus auf den Fußball nie verloren. Irgendwann habe ich zu den Verantwortlichen gesagt, dass, wenn sie auf die Idee kämen, mich zurückzuholen, es von Vorteil wäre, mir bitte rechtzeitig Bescheid zu geben, da ich kein Mensch bin, der gerne ad hoc in eine Aufgabe reinspringt. Die Phase, in der ich mich jetzt befinde, gibt mir die Möglichkeit, mich solide auf die Aufgabe und die damit einhergehende Verantwortung vorzubereiten.“

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Welche Elemente sind Ihnen im Kontext von Team- oder Personalführung beim Leadership wichtig?
„Leader müssen Menschen für Ziele begeistern und motivieren. Damit ich das erreiche, muss ich den handelnden Personen verdeutlichen, dass jeder ein Teil des großen Ganzen ist und einen wichtigen Beitrag zur Zielerreichung leistet. Das ist für mich echte Wertschätzung. Unabhängig von Hierarchien kann jeder sich einbringen und trägt in seinem Bereich dazu bei, dass der FC Bayern so erfolgreich ist. Darüber hinaus schätze ich eine intelligente Kommunikations- und Feedbackkultur, um Weiterentwicklung zu ermöglichen.“

Es wird momentan sehr viel über Diversität gesprochen. Gibt es eine Erfolgsformel für die Zusammenstellung von Mitarbeitern? Gibt es ein ideales Team für Sie?
„Die Zusammenstellung eines idealen Teams ist teilweise eine echte Wissenschaft geworden und Diversität ist ein Faktor davon. Als ehemaliger Sportler habe ich gelernt, wie erfolgreich Teams agieren, die sich durch kulturelle Vielfältigkeit auszeichnen. Verschiedenheit bringt neue Sichtweisen hervor, die wiederum zu kreativen Lösungen führen.“

Wie wichtig sind Mitarbeiter*Innen als Markenbotschafter*Innen? Und wie wichtig ist es, sie sichtbar zu machen?
„Jeder Mitarbeiter des FC Bayern München ist ein Markenbotschafter und steht für die Werte des Klubs. Es ist wichtig, diese Werte zu demonstrieren, zu leben und nach außen zu transportieren.“

Was können Sie von jüngeren Mitarbeiter*Innen lernen?
„Ich lerne jeden Tag neue Dinge dazu. Ich nehme wahr, dass klare Werte eine sehr große Rolle spielen. In internen Workshops mit den Mitarbeitern des FC Bayern kam immer wieder die Frage auf, wofür stehen wir, wozu gibt es uns und welchen Mehrwert geben wir der Gesellschaft. Sportlicher Erfolg allein reicht nicht mehr aus. Klare Orientierung zu geben und Sinn zu vermitteln, ist ein Kernthema für alle Fußballklubs.“

Was ist Networking für Sie?
„Networking bedeutet für mich, interne und externe Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Neben der sozialen Komponente, interessante Menschen kennenzulernen, beinhaltet Networking immer auch die Komponente, geschäftliche und arbeitsbezogene Beziehungen herzustellen. Networking bringt einen in Kontakt mit Menschen, die einem Rat geben können oder die für einen eine bestimmte Tür öffnen können. Gutes Networking bedeutet nicht nur, Kontakte in der eigenen Branche zu haben, sondern quer durch alle Sektoren sinnvoll vernetzt zu sein.“

Warum sind persönliche Beziehungen gerade im Sport so wichtig?
„Der Ausgangspunkt jeder erfolgreichen Partnerschaft im Sport beginnt mit einer guten Beziehung zwischen Menschen. Stimmt die menschliche Basis, lassen sich viele Probleme und Herausforderungen bewältigen.“

Die Business Zeitung des FC Bayern Basketball wird in einer Printausgabe an die Mitglieder von „FCBB Business Circle“ und „FCBB imPuls“ sowie digital ausgespielt. Auf gut 70 Seiten informiert das Magazin in mehreren Interviews mit prominenten Persönlichkeiten rund um die Themen Networking, Personal Branding und Unternehmensführung. Neben Oliver Kahn kommen Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter oder auch Tennisprofi Sabine Lisicki zu Wort.

Mit dem Projekt FC Bayern AHEAD will Oliver Kahn eine erfolgreiche Zukunft des Rekordmeisters gestalten:

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