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Jährlich grüßt der Neuaufbau bei den FC Bayern Amateuren

Otschi Wriedt spielt jetzt in Holland, Sebastian Hoeneß ist Trainer in Hoffenheim – und die FCB-Amateure beginnen mal wieder von vorn. Wie jedes Jahr. Unser Mitgliedermagazin „51“ hat sich angesehen, wie der Neuaufbau funktioniert.

Auch bei den FC Bayern Amateuren gilt die alte Fußballregel: Die Jüngsten tragen die Ballnetze zum Trainingsplatz. Jamie Lawrence und Christopher Scott (beide 18) sowie Ivan Mihaljevic (19) haben an diesem windigen Novembernachmittag am FCB-Campus die Säcke geschultert. Alles wie immer also – nur dass die Mannschaft wieder mal ein neues Gesicht hat. 15 Spieler haben die Amateure nach der furiosen Meistersaison im Sommer verlassen, darunter Leistungsträger wie Otschi Wriedt, Derrick Köhn oder Sarpreet Singh, fast alle sind in einer ersten oder zweiten Liga gelandet. 16 Neuzugänge gab es, zwei Drittel davon (11) aus der eigenen U19. Für Trainer Holger Seitz ist diese Fluktuation keine Überraschung. „Wir wollen ja Spieler für den Profibereich ausbilden“, sagt er, „diesem Auftrag sind wir absolut gerecht geworden. Der Campus lebt.“

Rückkehr des Aufstiegs-Trainers der FCB-Amateure

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Auch Seitz ist neu, zumindest ein bisschen. Schon vor zwei Jahren (2018/19) war er Chefcoach der FCB-Amateure und führte sie aus der Regionalliga in die 3. Liga. Nach einem Jahr als stellvertretender sportlicher Leiter am Campus kehrte er nun zurück. Er übernahm kurzfristig den Trainerposten, nachdem Sebastian Hoeneß nach Hoffenheim in die Bundesliga gewechselt war. „Als ich zum ersten Training gefahren bin, war das schon ein besonderes Gefühl“, sagt er mit Blick zurück auf Ende August. Freudig, aber auch gespannt trat er damals zum ersten Mal vor seine neue Mannschaft. „Es war ein sehr emotionaler Moment“, erzählt der 46-Jährige. Zwei Botschaften richtete er ans Team. Erstens: „Ran ans Limit! Nur wenn jeder maximale Bereitschaft zeigt, in den Besprechungen, auf dem Trainingsplatz, in der Vor- und Nachbereitung von Spielen, entwickelt er sich weiter.“ Fehler zu machen, sei erlaubt und einkalkuliert. „Denn wenn jeder nur Dinge macht, die er sicher kann, wird er stagnieren.“ Und zweitens: „Teamspirit ist ein entscheidender Faktor!“ Seitz erinnerte an das entscheidende Aufstiegsspiel gegen Wolfsburg vor gut einem Jahr. „Da hat nach dem frühen 0:1 im Rückspiel das Miteinander dazu geführt, dass wir am Ende verdient aufgestiegen sind.“ Doch wie entwickelt man diesen Teamspirit, wenn mehr als die Hälfte des Kaders neu ist? Wie wird man wieder eine Mannschaft?

Systeme, Taktik und Gespräche stehen auf dem Programm

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Breitbeinig steht Seitz auf dem Trainingsplatz. „Noch mehr Schärfe! Noch mehr Präzision!“, ruft er mit kräftiger Stimme, während die Spieler nach vorgegebenem Schema die Bälle hin- und herpassen. Erst dreieinhalb Wochen vor dem ersten Punktspiel ist er auf den Trainerstuhl zurückgekehrt. Seitdem hat er mit seinen Assistenten Dirk Teschke und Martin Lanzinger einerseits an Systemen, Taktik und Automatismen gearbeitet, andererseits am Mannschaftsgefühl – mit vielen Einzel- und Gruppengesprächen, aber auch mit Unterstützung des Campus-Sportpsychologen Christian Luthardt. Im Trainingslager im Stubaital Anfang September erarbeitete dieser mit den Spielern Grundsätzliches. „Wir haben uns klargemacht, dass wir nicht denken dürfen, dass es jetzt einfach so weiterläuft, nur weil wir letzte Saison Meister geworden sind“, erzählt Torwart Ron-Thorben Hoffmann. Jeder Spieler schrieb die Dinge auf einen Zettel, die er in der neuen Saison ins Team einbringen möchte. „Bei mir ist das zum Beispiel meine Erfahrung aus dem letzten Jahr, auch aus schwierigen Phasen, und dass ich auf dem Platz Ver­antwortung übernehmen möchte“, sagt Hoffmann. Die Zettel klebten sie auf ein großes Plakat, auf dem jeder unterschrieb. Das Schaubild hängt nun in der Kabine. „Vor jedem Spiel führen wir es uns noch mal vor Augen. Das hilft.“

Corona macht Teambuilding für Amateure kompliziert

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Erfahrung, Ruhe und Gelassenheit, das schrieb Nicolas Feldhahn auf seinen Zettel. „Ich will auf dem Platz jemand sein, an den sich die anderen anlehnen können“, sagt er. Der Kapitän spielt seine sechste Saison in München, so schwer wie diesmal sei das Teambuilding aber nie gewesen, meint er. Wegen der Kürze der Zeit in der Vorbereitung und wegen Corona. „Normalerweise gibt es Mannschaftsabende, man geht mal zusammen essen, all das ist jetzt deutlich komplizierter“, sagt der Kapitän. Andererseits habe die Pandemie auch etwas Gutes. „Da im Frühjahr die U19-Saison abgebrochen wurde, konnten die Spieler schon bei uns mittrainieren und haben Einsatzzeit bekommen.“ Der Umbruch wurde so abgemildert. Der Integrationsprozess sei in vollem Gange, erzählt Hoffmann. „Ich denke, wir haben alle gut aufgenommen.“ Ihr obligatorisches Einstandslied haben die Neuzugänge auch schon zum Besten gegeben, nur Tiago Dantas und Rémy Vita müssen noch singen. „Das ist immer traurig für die Ohren, aber halt auch lustig.“

Hoffmann: „Ein unfassbares Erlebnis“

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Ron-Thorben Hoffmann mit Torwarttrainer Toni Tapalovic sowie Manuel Neuer und Ex-Kollege Sven Ulreich.

Hoffmann ist einer der „Springer“ im Team von Seitz. Unter der Woche trainiert er bei den Profis, am Wochenende spielt er bei den Amateuren. Auch Tiago Dantas, Chris Richards und Angelo Stiller zählen dazu. Im August gehörte Hoffmann als einer von sechs Amateuren zum Kader der Profis beim Champions League-Triumph in Portugal. „Ein unfassbares Erlebnis“, sagt er, „viele haben mich gefragt, ob es nicht eine riesige Fallhöhe ist, wenn man dann in die 3. Liga zurückkehrt. Aber nein! Ich habe mit voller Power weitergemacht. Denn es bedeutet mir viel, bei den Amateuren zu spielen.“ Hoffmann weiß: Hier kann er sich beweisen und auch mit erst 21 Jahren schon Verantwortung übernehmen. Er muss grinsen: „Wobei: Zuletzt gegen Wiesbaden war auf dem Platz nur Timo Kern älter als ich. Da habe ich mir auch gedacht: Oha, wie die Zeit verfliegt.“ Wegen der Champions League stieß Hoffmann erst gut zwei Wochen vor dem Saisonstart zum Team. „Die ersten zwei, drei Spieltage waren schon relativ zäh“, meint er. Aber mit jedem Spiel lernt die jüngste Mannschaft der 3. Liga. „Der Trainer hat uns Zeit gegeben und gesagt: ‚Jungs, es ist normal, dass am Anfang noch nicht alles klappt. Wie auch? Wir sind erst ein paar Wochen zusammen.‘“

Die drei Säulen der Bayern-Amateure

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Inzwischen regnet es am Campus. Seitz hat sich eine Mütze geschnappt, das Training läuft unbeeindruckt weiter. Bei einem Spiel zehn gegen zehn stehen Spielsystem und Spielaufbau im Mittelpunkt. „Breite und Tiefe herstellen!“, fordert der Coach lautstark von der angreifenden Mannschaft. Immer wieder pfeift er ab und lässt die Teams in ihre Ausgangsposition zurückkehren. Auch die Spieler selbst sprechen viel miteinander. „Geh drauf!“, ruft Feldhahn. Er dirigiert sein Team mit Worten und Gesten aus der Innenverteidigung heraus. Der 34-Jährige bildet mit Maximilian Welzmüller (30) und Kern (30) das Gerüst der jungen Mannschaft. Seitz nennt das Trio „die Säulen unserer U23. Sie wissen, worauf es als Fußballprofi ankommt, auf und außerhalb des Platzes, und geben die Richtung vor.“

Der Trainer bespricht sich oft mit den dreien, holt ihre Meinung zu Gegnern und Taktik ein. Umso schwerer wog es, dass sowohl Feldhahn (Meniskus-OP) als auch Welzmüller (Außenband im Knie) große Teile der Hinrunde verletzt ausfielen. Nach zehn Spielen standen auch deswegen erst zwölf Punkte auf dem Konto. Feldhahn, der Mitte November sein Comeback feierte, blickt dennoch zuversichtlich auf die weitere Saison: „Ich habe das Gefühl, dass wir jeden schlagen können, wenn wir unsere Leistung abrufen.“ Bisher wechseln sich Siege und Niederlagen ab. Es fehlen noch Balance und Konstanz – wie in der Hinrunde der vergangenen Saison. Die beiden Auswärtsspiele in Wehen Wiesbaden und Magdeburg Anfang November verdeutlichten diese Problematik beispielhaft. „In Wehen Wiesbaden haben wir das bisher beste Spiel in dieser Saison gemacht, sieben Tage später eines der schlechtesten“, erzählt Seitz. Noch steckt die Mannschaft mitten in einem Reifeprozess. „Die Jungen müssen erst verinnerlichen, dass man in jedem Spiel 100 Prozent abruft“, betont Feldhahn, „dass man nicht nur versucht, ein Tor zu schießen oder einen Zweikampf zu gewinnen, sondern dieses Ziel bedingungslos verwirklichen will.“

Integrationskonzept für Neuzugänge am Campus entworfen

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Hand in Hand zum Erfolg: Ein funktionierendes Team ist die Basis für den Erfolg.

Am Ende sind gute und erfolgreiche Spiele auch fürs Zusammenwachsen als Mannschaft entscheidend. Natürlich stoßen die Trainer diesen Prozess an, vor einigen Monaten wurde am Campus eigens ein Integrationskonzept für Neuzugänge entworfen. „Aber ich bin lange genug dabei, um zu wissen: Nichts ist besser fürs Teambuilding als eine tolle Leistung am Wochenende“, sagt Seitz. Das könne man auch im Training beobachten. „Die Teams, die ein Trainingsspiel gewinnen, entwickeln einen gewissen Spirit. Erfolg schweißt zusammen.“ Trainer und Mannschaft müssen also eine diffizile Wechselwirkung hinbekommen: Siege einfahren, um Teamgeist zu entwickeln – und Teamgeist entwickeln, um Siege einzufahren. Daran arbeiten die Amateure jeden Tag, auch jetzt, wenn es draußen ungemütlich wird. Feldhahn, der Kapitän, ist der Letzte, der vom Trainingsplatz geht. Er wirft sich ein Ballnetz über die Schulter. Bei den Amateuren packen sie wieder an. Gemeinsam.

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