Seit jeher lässt sich mit Bier perfekt auf den FC Bayern anstoßen. Seit Kurzem erweist sich aber auch Gin als kongenialer Spielbegleiter. Was das mit Weißbier zu tun hat, das hat „51“ bei einem Besuch in der Destillerie erfahren.
Der Barkeeper zwirbelt Zitronenschale. Mit spitzen Fingern platziert er die gelbe Zitruslocke auf dem Weißbierschaum. Fertig. Im hübsch dekorierten Steinkrug verbinden sich Gin, Weißbier, Tonic Water und Zitronensaft zum „Bavarica Tonic“. Samtig, würzig und zitronig schmeckt der Drink, ein süffiger Mix, speziell kreiert für den FC Bayern und seinen neuesten Zugang: Gin. Und bereits nach dem ersten Schluck fragt man sich, warum nicht schon viel früher jemand auf die Idee kam, den Wacholder-Schnaps mit dem FC Bayern zu kombinieren. „Als der Verein Anfang des Jahres auf uns zukam, mussten wir nicht lange überlegen“, erzählt Maximilian von Pückler, Gründer der THE DUKE Destillerie, „zwei bayerische Originale, da muss man ja etwas draus machen.“
Gin-Produktion zum Beobachten
In Aschheim, im Osten Münchens, haben sich die deutschen Gin-Pioniere von THE DUKE vor vier Jahren niedergelassen. In einem charmanten denkmalgeschützten Backsteingebäude mit Schornstein, passenderweise 1892 als Kartoffelbrennerei errichtet. Innen sorgen Holz, Kupfer und warmes Licht für eine Wohlfühlatmosphäre. Angefangen hat die Geschichte der Destillerie im Münchner Zentrum, in einem Hinterhof der Maxvorstadt. „Wir haben uns aus eigener Kraft weiterentwickelt“, erzählt von Pückler. Die romantische Idee von damals ist erwachsen geworden, und mit dem Umzug nach Aschheim „haben wir unsere alte Vision einer gläsernen Manufaktur in die Tat umgesetzt. Der Kunde kann einfach vorbeischauen und durch Glasscheiben beobachten, was wir machen.“

Den Blick der Besucher ziehen vor allem die kupfernen Kessel und Leitungen der beiden Destillen auf sich. Sie bilden das Herz der Produktion, hier wird aus Alkohol, Wasser und Gewürzen Gin. Wärme und der Geruch von Zitrusfrüchten umgibt sie. Georg Zwiehoff – braunes Tweed-Sakko, Musketier-Bart und legerer Haarzopf – hält ein bauchiges Glas in das klare Destillat, das in einem dünnen Strahl in einen Tank fließt. Er schwenkt das Glas, hält seine Nase hinein und blickt zufrieden. Den 33-Jährigen nennen sie hier „Magic“ – und zwar nicht wegen seiner fußballerischen Qualität.
Weißbierduschen als Inspiration
„Ich bin auf dem Feld eher wie ein nasser Sack rumgelaufen“, sagt er und schmunzelt. „Magic“ ist einer der zwei Destillateure von THE DUKE. Die Welt der Aromen ist sein Reich. Haselnuss, Kakao, Zimt, Kubebenpfeffer, Angelikawurzel, Holunder, Muskat, Vanille, Kaffee, Zitrone, Orange … Im Labor, das er mit seinem Kollegen Andreas Türler eingerichtet hat, stapeln sich mögliche Geschmackszutaten aus aller Welt. Ständig suchen sie nach neuen Eindrücken und Kombinationen. Doch bevor es ans Ausprobieren geht, formulieren sie für einen neuen Gin einen Leitgedanken. „Wir haben uns gefragt: Was steht sinnbildlich für den FC Bayern? Und wie passt das zu uns?“, erzählt „Magic“. Die Antwort, die sie in Aschheim fanden: Weißbierduschen.

Wer hätte gedacht, dass der Meisterfeier-Ritus von Manuel Neuer, Thomas Müller und aller Bayern-Profis, bei dem sie mit Genuss Hopfensaft über ihre Mitspieler und Trainer gießen, einen Gin inspirieren würde? „Diese Assoziation ist schon ausgeflippt, aber eine klare Verbindung zwischen dem FC Bayern und unserem Gin“, sagt Zwiehoff. Denn Hopfen und Malz gehören als bayerische Reminiszenz zu den Grundzutaten aller Gins von THE DUKE. „Weil wir in einer Bierregion leben“, erklärt von Pückler. „Gerade der Hopfen bringt eine unglaubliche Aromatik in den Gin. Mit dem FC Bayern Gin wollten wir das noch ein bisschen toppen.“ Also ein Schuss mehr Hopfen als sonst zum Wacholder – das war der Matchplan auf dem Weg zur Rezeptur, die bei THE DUKE entwickelt wurde. Mit Stößel und Mörser. Nase und Gaumen.
Perfektes Zusammenspiel
Nach einer Woche war ein erstes Muster fertig. „Die Richtung hat gleich gestimmt“, erzählt Zwiehoff. Einen Monat später hatten sie die Zutaten ausbalanciert. Fruchtig, floral, würzig und herb schmeckt das Ergebnis. „Die Komplexität beim Gin besteht darin, dass viele Gewürze interagieren. Man möchte ein vielschichtiges Geschmackserlebnis“, erklärt von Pückler. Wie es sich für einen Gin gehört, schmeckt man deutlich den Wacholder. „Er bildet sozusagen unser fantastisches Mittelfeld“, sagt Zwiehoff, „er spielt Doppelpass mit dem fruchtigen Hopfen und dem Malz, das dem Alkoholgehalt schmeichelt.“

Die übrigen „Botanicals“, wie sie die Gewürze in der Aschheimer Destillerie nennen, runden den Geschmack ab, ohne dominant aufzutreten. Koriander oder Lavendelblüten zum Beispiel, wie alle insgesamt zwölf verwendeten Botanicals in Bioqualität. „Man schmeckt nicht jede einzelne Komponente eindeutig heraus, aber jede ist wichtig – wie beim Fußball, wo es ja auch Spieler braucht, die selbst weniger im Mittelpunkt stehen, aber ohne die eine Mannschaft nicht funktioniert. Das Konglomerat von Zutaten ergibt ein schönes, komplexes Gesamtbild. Eine runde Angelegenheit, harmonisch und außergewöhnlich zugleich“, sagt Zwiehoff. Man wollte nicht zu klassisch sein, aber auch nicht zu experimentell. Ein reizvoller Mix von Tradition und Moderne, so wie der FC Bayern in Wirklichkeit ja auch. Destilliertes Mia-san-mia.
Bayerisches Selbstverständnis, Geselligkeit und Weltoffenheit
Zwiehoff schaut prüfend durch ein rundes Glasfenster in den Kessel einer großen Destille. Darin brodeln Wasser, Alkohol und Gewürze. Vor dem Erhitzen ist die Mischung schon zwölf Stunden lang durchgezogen, Mazeration nennt der Fachmann diesen ersten Schritt der Produktion. „Es ist wie Teekochen, nur mit Alkohol.“ Das Mazerat wird in der Destille erhitzt, sodass sich Alkohol und Aromen vom Wasser trennen können. Zwiehoff schmunzelt: „Der Körper bleibt zurück, der Geist geht weiter.“ Der Alkohol-Aroma-Dampf wird aufgefangen, abgekühlt und läuft dann aus der Destille in einen Tank. 85 Prozent beträgt jetzt der Alkoholgehalt. Dieser Rohbrand wird mit Wasser vermischt, filtriert, um Trübungen zu vermeiden, und durchläuft dann eine zweite Destillation. Also wieder erhitzen, verdampfen, abkühlen.

„So arbeiten wir Feinheiten im Geschmack heraus“, erklärt „Magic“. Anschließend wird der Feinbrand erneut mit Wasser vermischt, um ihn auf eine angenehme Trinkstärke zu bringen. Beim FCB-Gin sind das 42 Volumenprozent Alkohol. Vier Wochen lagert der Gin anschließend in großen Stahltanks: Zeit, die der Gin braucht, um sich zu harmonisieren. „Wir Destillateure sprechen von ‚Vermählung‘. Alkohol und Wasser werden eins“, erklärt Zwiehoff. Dann ist der Gin fertig. Als „Liberalitas Bavarica“ wird er offiziell im Sortiment von THE DUKE geführt. Der Name steht für bayerisches Selbstverständnis, für Geselligkeit und Weltoffenheit. Über Etikett und Verpackung ist der Gin unübersehbar als FC Bayern Gin erkennbar. Der Münchner Illustrator Benedikt Stalf hat aus Fußballspielern, der Allianz Arena, Säbener Straße, Hopfen, Frauenkirche, Bergen und bayerischen Rauten ein Gesamtbild komponiert. Eins fügt sich ins andere: der FC Bayern und THE DUKE, Bayern und Gin, Tradition und Moderne.
Den Fans schmeckt’s
In Aschheim klirren die Flaschen. 5.000 werden gerade mit dem „roten“ Gin befüllt, verkorkt und etikettiert. Anschließend packen sie fünf Mitarbeiter in vorbereitete Kartons. Per Hand wird auch noch das silberne Bayern-Hologramm aufgeklebt, das den Gin als echtes, lizenziertes FCB-Produkt ausweist. „Auch wenn wir inzwischen Unterstützung von einer Maschine haben, ist vieles bei uns noch Handarbeit. Wir sind eine Manufaktur“, sagt Zwiehoff.
Seit Anfang November ist der FCB-Gin auf dem Markt – und wurde sofort zum Verkaufshit. Was die Aschheimer Gin-Brenner aber besonders freut, ist, dass auch das geschmackliche Feedback positiv ist. „Die Resonanz ist überragend“, berichtet Maximilian von Pückler, „die Verbindung von Wacholder, Hopfen und dem FC Bayern ist ein echtes Erfolgsrezept.“ Als Begleiter für das nächste Bayern-Spiel empfiehlt er „Bavarica Tonic“, „ein Gin Tonic, abgerundet mit Weißbier, sogar mit schöner Schaumkrone“. Alternativ schmecke aber auch ein regulärer Bayern-Gin-Tonic „gigantisch“, meint „Magic“ Zwiehoff. Na dann: Prost!
Ein Interview mit Chef-Trainer Hansi Flick, einen bunten Jahresrückblick und mehr gibt es in der aktuellen Ausgabe unseres Vereinsmagazins „51“ (Dezember 2020):
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