Es gibt in der Geschichte des Weltfußballs kaum einen Spieler, den man ähnlich reflexartig mit dem knappen, klaren, entscheidenden Schlagwort verbindet, um das sich bei der schönsten Nebensache der Welt letztlich alles, aber auch wirklich alles dreht: Tore. Gerd Müller steht für Tore. Der „Bomber der Nation“ hörte mit dem Toreschießen niemals auf, ehe der angepeilte Titel vergeben war. Bis in alle Ewigkeit wird das Phänomen Gerd Müller die Menschen beschäftigen, wie schon seit Generationen.
Oliver Kahn über Gerd Müller: „Ein Torjäger in absoluter Reinkultur".
Der heutige Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn nickte zum Beispiel bei einem Gespräch anlässlich Müllers 75. Geburtstag vor einem Jahr mit Nachdruck bei der Frage, ob er froh sei, dass er in seinem Torwartleben nie gegen Müller Bälle halten musste: „Absolut, absolut“, sagte er, „er hatte ein unglaubliches Gefühl für die Situation im Strafraum und dafür, wie er sich zu bewegen hatte. Ein Torjäger in absoluter Reinkultur.“ Kahn hatte am meisten Respekt vor diesen Typen, die einem irgendwie immer auf dem Radar verloren gegangen sind – „und dann war das Spiel aus, der Stürmer hatte wieder die entscheidenden Treffer gemacht, und du hast dich immer noch gefragt, ob er überhaupt dabei gewesen ist“. Müller, sagte Kahn, spielte in „einer ganz, ganz wichtigen, entscheidenden Phase des FC Bayern. Auf den 70ern gründet der Verein seinen Mythos FC Bayern, und Spieler wie Gerd Müller, Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Sepp Maier und Karl-Heinz Rummenigge waren auf diesem Weg entscheidende Faktoren.“
Sepp Maier über Gerd Müller: „Oberschenkel hatte er wie bei anderen der Taillenumfang"
„Was hams denn da für einen geholt“, schoss Sepp Maier einst durch den Kopf, als der junge Stürmer Gerd Müller aus Nördlingen das erste Mal im Training an der Säbener Straße vor ihm stand. „Er war gut genährt“, erzählte das Torwart-Idol einmal, „Oberschenkel hatte er wie bei anderen der Taillenumfang – so, wie der ausschaut, dachte ich mir, wird der nicht lange bei uns bleiben.“ Doch schon nach der ersten Einheit revidierte Maier seine Meinung: „Gerd schlug Haken wie ein Wildhase auf der Flucht, hatte aus dem Stand einen super Schuss, und er war absolut undurchschaubar als Stürmer.“
Im Training ließ Trainer Zlatko „Tschik“ Cajkovski immer so lange spielen, bis seine Mannschaft gewonnen hatte – und natürlich holte er sich Müller stets ins Team. Der „Bomber“ gab auch in den 70ern kein Übungsspiel verloren. Uli Hoeneß erinnerte sich noch genau, wie es ihm und Paul Breitner beim Spielchen „Alt gegen Jung“ einmal zu bunt wurde: Komm, wir zwei gehen jetzt in die Verteidigung, beschlossen die beiden Heißsporne, heute macht der nicht wieder seine sieben, acht Tore. „Ja, von wegen“, sagte Hoeneß mit einem Schmunzeln, „der Paul lag links auf dem Hosenboden, ich rechts, und Gerd schoss Tor um Tor.“
Karl-Heinz Rummenigge über Gerd Müller: „Der Strafraum war Gerds Welt"
Karl-Heinz Rummenigge kam 1974 zum FC Bayern – und erlebte, wie Müller sauer unter der Dusche stand, wenn er mal keines oder aus seiner Sicht zu wenige Tore erzielt hatte. „Der Strafraum war Gerds Welt: Einen Schritt vor, einen zurück, vor, zurück, vor, zurück – und irgendwann hatte er die paar Zentimeter Raum, die ihm gereicht haben“, erzählte der langjährige FCB-Vorstandsvorsitzende mal im Mitgliedermagazin „51“. Müller habe „ein Reaktionsvermögen wie kein anderer Mittelstürmer dieser Welt“ gehabt. Und auch technisch sei er stark gewesen: „Seine Doppelpässe mit Franz Beckenbauer waren millimetergenau – dieses Duo, ich würde sagen, das war für die Gegner wie Max und Moritz: Da war kein Kraut gewachsen.“
Franz Beckenbauer über Gerd Müller: „Ohne Gerd hätten wir nie diese Erfolge gehabt“
Beliebte Frage: Wer ist der beste Bayern-Spieler in der Vereinsgeschichte – Beckenbauer oder Müller? Der „Kaiser“ selbst hat dazu eine klare Meinung, wie er zum 75. seines langjährigen Zimmerkollegen erklärte: „Ohne Gerd hätten wir nie diese Erfolge gehabt. Er hat die Tore geschossen und hatte eine Mentalität, die uns weitergebracht hat. Ich würde sagen, Gerd war vielleicht nicht der beste Spieler – aber der wichtigste. Manchmal gibt es Klassifizierungen: ,Most valuable Player‘. Und das war er: Gerd war der wertvollste Spieler. Insofern war er auch der wichtigste.“
Herbert Hainer über Gerd Müller: „Er steht für Fußball, für Tore, für Bescheidenheit"
Herbert Hainer saß einst nach dem gewonnen WM-Finale 1974 mit ein paar Freunden bei ein paar Bier im Münchner Olympiapark, um auf den Weltmeister anzustoßen, den Müller mit seinem 2:1 gegen die Niederlande zum Titel geschossen hatte. „Man kann in Worten nur schwer beschreiben, was Gerd Müller für den deutschen Fußball und den FC Bayern geleistet hat“, sagte der heutige Präsident. „Gerd Müller steht für Fußball, für Tore, für Bescheidenheit – und er hat unheimlich vielen Menschen eine Inspiration gegeben, was man aus sich machen kann.“
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