Schon sein Vater Danny hat die Champions League gewonnen, daher weiß Daley Blind, worauf es ankommt. Zugleich will er über das Spiel hinaus wirken: Er ist ein guter Beweis dafür, nie aufzugeben, wenn man seine Träume leben möchte.
Das Interview mit Daley Blind
Daley, Bastian Schweinsteiger hat uns erzählt, dass du ihm als Erster über den Weg gelaufen bist, als er damals zu Manchester United kam. Er schwärmt noch heute, wie du ihn empfangen hast. Kannst du dich erinnern?
Daley Blind: „(lächelt) Ja, natürlich! Es war auch für mich eine coole Situation: Bastian war Champions League-Sieger und Weltmeister, ich hatte seine Karriere genau verfolgt und habe mich damals sehr gefreut, dass er zu Manchester gekommen ist. Wir haben uns vom ersten Moment an sehr gut verstanden. Er ist ein feiner Kerl, eine Persönlichkeit, und es war eine Ehre, mit ihm zusammen zu spielen."
Gab es an deinem ersten Tag beim FC Bayern nun auch jemanden, der dich ähnlich empfangen hat?
„Bei mir war die Situation ein bisschen anders, weil ich Matthijs de Ligt, Ryan Gravenberch und Noussair Mazraoui aus unserer gemeinsamen Zeit bei Ajax Amsterdam als Anlaufstationen hatte. Zudem hat Leroy Sané bei Manchester City gespielt, da hatte ich also noch eine weitere Verbindung. Ich habe hier vom ersten Tag an eine besondere Atmosphäre gespürt. Man merkt in diesem Team den starken Zusammenhalt. In der Kabine sitze ich zum Beispiel neben Thomas Müller. Er spricht wahnsinnig viel und ist definitiv ein Typ, der es jedem Neuzugang leicht macht. Joshua Kimmich hat mir nach meinem ersten Spiel gleich eine Nachricht geschickt, das fand ich eine sehr schöne Geste. Alle geben dir bei diesem Team von Beginn an ein gutes Gefühl, das ist etwas Besonderes."
Wenn man zu einem neuen Verein kommt, hat man bestimmte Erwartungen – gerade bei einem Club wie dem FC Bayern. Was hat sich für dich bestätigt, was hat dich überrascht?
„Jeder hat natürlich ein Bild von der Größe dieses Vereins. Aber wenn du dann tatsächlich hier bist, spürst du erst, was es wirklich bedeutet, welche Dimensionen hier alles hat. Am meisten beeindruckt mich die Arbeitsmoral in diesem Club: Jeder ist absolut fokussiert und richtet alles darauf aus, um am Ende der Saison vorne dabei zu sein und Titel zu gewinnen. Mir imponiert diese Atmosphäre, diese nie nachlassende Einstellung auf höchstem Niveau."
Du spielst seit 2019 mit einem Defibrillator. Was bedeutet das für dich?
„Am Anfang war ich in dieser Sache noch sehr auf mich selbst konzentriert, man muss das erst einmal verarbeiten und seinen persönlichen Weg finden. Aber schon während meiner Reha habe ich eine Menge Nachrichten bekommen und gemerkt, wie viele Menschen dieses Thema beschäftigt. Ich möchte nun aufzeigen, dass alles möglich ist – über den Sport hinaus: Auch ein Herzleiden bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass man gezwungen ist, damit aufzuhören, was man gerne macht. Selbst den Traum als Fußballprofi kann ich weiterleben. Man muss auch nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen, weil man fürchtet, dass man aufgrund seiner medizinischen Situation nichts unternehmen kann."
Du möchtest den Menschen also auch Mut machen.
„Natürlich muss alles in Abstimmung mit den Ärzten passieren. Aber ich bekomme so viele Nachrichten, dass manche Leute sich nicht aus dem Haus trauen oder Angst haben, wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzugehen, und ich denke, wenn man sich selbst antreibt, dann ist so viel mehr möglich. Das möchte ich mit meinem Beispiel zeigen. Ich hoffe, ich kann da für den einen oder anderen eine kleine Inspiration sein, und möchte Kindern und allen Menschen vermitteln, dass es sich immer lohnt, niemals aufzugeben, sich Ziele zu setzen – und dafür zu leben."
Fußball mit Herz hat bei dir noch einmal eine besondere Dimension.
„Das kann man in meinem Fall so sagen, ja."
Dein Vater Danny Blind hat unter anderem die Champions League gewonnen. War es für dich immer ein Antrieb, aus seinem Schatten herauszutreten?
„Nein, das war nie mein Antrieb. Ich bin sehr, sehr stolz auf ihn, und er hat mir während meiner Karriere enorm geholfen. Natürlich vergleichen mich viele Leute mit ihm, und vielleicht wurde ich auch öfter etwas kritischer bewertet, weil ich einen Vater habe, der selbst so viel im Fußball erreicht hat. Aber ich selbst habe mich nie unter Druck gesetzt, ihn übertreffen zu müssen. Als ich klein war, konnte ich von einer Karriere wie der seinen nur träumen. Bei uns lagen im ganzen Haus und im Garten immer Bälle herum. Es ist schön, dass ich in seine Fußstapfen treten konnte: Der Name Blind hat eine Menge Trophäen gewonnen, das ist doch eine tolle Familientradition."
Hat er beim Familienessen sonntags streng geschaut, wenn du dir vom Braten Nachschlag geholt hast?
„(lacht) Um ehrlich zu sein, als ich klein war, noch nicht. Aber als es mit 16, 17 Jahren mit dem Fußball ernster wurde, hat er mir eingetrichtert, auf Desserts zu verzichten: „Die machen dick, also nimm sie nicht!“ Ich esse bis heute fast nie einen Nachtisch. Zugegeben, hin und wieder werde ich auch mal schwach, aber im Großen und Ganzen habe ich diesen Rat immer beherzigt."
Du hast die niederländische Meisterschaft siebenmal gewonnen – dein Vater fünfmal. Habt ihr euch da gegenseitig angestachelt, gab es eine Strichliste an der Küchenwand?
„(lacht) Ja, als ich auch Profi geworden bin, haben wir natürlich so einen kleinen Wettbewerb ausgerufen. Ich habe ihn mit Meisterschaften, Spielen in der Nationalmannschaft und bei vielen Trophäen überholt – leider kontert er dann immer, dass er die Champions League gewonnen hat und ich nur die Europa League…"
Dann ist die Champions League diesen Sommer mit dem FC Bayern fällig…
„Wir werden alles dafür geben, und der FC Bayern ist einer der Vereine, die immer die Qualität haben, die Champions League zu gewinnen."
Was wird im Sommer, wenn dein Vertrag ausläuft?
„Ich konzentriere mich darauf, dem Club in den kommenden Monaten zu helfen und so viele Trophäen wie möglich zu gewinnen. Meine Familie ist inzwischen auch in München, wir fühlen uns in der Stadt wohl, und ich bin stolz, ein Teil des FC Bayern zu sein. Das Ziel ist, mich für einen Vertrag über den Sommer hinaus zu empfehlen, aber das ist alles Zukunftsmusik. Es gibt da keinen Druck für beide Seiten – jetzt geht es erst mal darum, die Erfolgsgeschichte des Clubs weiterzuschreiben."
Das ausführliche Interview gibt es in der aktuellen Ausgabe des FC Bayern Mitgliedermagazins „51“.
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