Vom 17. bis 25. Juni finden in Berlin die Special Olympics für Menschen mit Behinderung statt. Unter dem Motto „Wir spielen ohne Abseits“ werden über 7.000 Sportlerinnen und Sportler in 26 Disziplinen um Medaillen kämpfen – und dafür, mehr Sichtbarkeit beim Thema Inklusion zu schaffen. Der FC Bayern unterstützt das Event, unter anderem machte der deutsche Rekordmeister beim Topspiel gegen RB Leipzig in der Allianz Arena darauf aufmerksam. Im Interview erklärt Sven Albrecht, Bundesgeschäftsführer und Vorstandsmitglied von „Special Olympics Deutschland“, warum der Doppelpass mit dem FC Bayern bei diesem Thema wichtig ist. Karten gibt es unter www.berlin2023.org/tickets.
Das Interview mit Sven Albrecht
Herr Albrecht, welcher Gedanke steht hinter den Special Olympics World Games?
Sven Albrecht: „Die Special Olympics World Games sind das weltweit größte inklusive Sport-Event und die größte Multisportveranstaltung in Deutschland seit Olympia 1972. Die Weltspiele sind für die Athlet*innen mit geistiger und Mehrfachbehinderung der sportliche und emotionale Höhepunkt der Special Olympics Bewegung. Allein nach Berlin werden diesen Sommer 7.000 Athlet*innen aus der ganzen Welt kommen und neben Medaillen auch für mehr Sichtbarkeit und Toleranz kämpfen. Bevor die Athlet*innen in 26 Sportarten an den Start gehen, werden die Delegationen bundesweit in mehr als 200 Host Towns in Empfang genommen. Wir können uns auf viele Begegnungen und Emotionen freuen und ein großes, buntes Fest der Inklusion.“
Auch beim FC Bayern ist das Thema gelebte Inklusion sehr zentral – was kann ein Verein wie der FC Bayern hier bewirken?
„Der FC Bayern ist international bekannt, hat eine große Strahlkraft und erreicht viele Menschen. Dieses Potenzial kann genutzt werden, um inklusive Infrastrukturen zu schaffen und inklusive Sport-Angebote für alle Menschen zu fördern. Der FC Bayern ist so ein Vorbild für viele weitere Clubs und Verbände. Eines unserer weiteren großen Ziele von Special Olympics ist es, Vorurteile im Bereich der Arbeitswelt abzubauen und Menschen mit Behinderung für den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Der FC Bayern ist natürlich ein attraktiver Arbeitgeber, auch für Menschen mit einer Behinderung. Generell gilt es, über veränderte Infrastrukturen nachzudenken und sich dem Gang des manchmal Herausfordernden zu stellen. Aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, jeder Gang für die Inklusion lohnt sich.“
Was kann der Sport generell beim Thema Inklusion bewirken?
„Mit der Kraft des Sports können wir Großes schaffen und Barrieren in den Köpfen und auf dem Spielfeld einreißen. Es geht nicht immer um die beste Leistung, wer schneller rennt oder höher springt, es geht im Sport vor allem darum, Begegnungen zu schaffen und eine gute Zeit zu haben. Sport kann das Vehikel sein, um die Gesellschaft zu öffnen, für Menschen mit einer Beeinträchtigung und ihre Bedürfnisse. Sport kann auch einen großen Beitrag für die Persönlichkeitsentwicklung der Athlet*innen leisten und erzeugt in besonderer Weise Aufmerksamkeit, die wir brauchen, um Barrieren abzubauen.“
Vor dem Start der Special Olympics werden die Teams von Kanada und Mauritius die Allianz Arena besuchen – sind solche Treffen wichtig, um einen Austausch zu verstetigen?
„Durch diese Begegnungen werden wieder Grenzen eingerissen und Vorurteile abgebaut. Dieser Austausch kann initial sein für weiterführende Beziehungen und fördert natürlich Sichtbarkeit. Wir haben 190 Delegationen, die erstmals bundesweit in Host-Towns ankommen. Daher fördert während der Weltspiele nicht nur Berlin einen internationalen Austausch, sondern ganz Deutschland, und so auch ein Besuch der Allianz Arena. Nicht zuletzt ist es ein tolles Erlebnis für die Athlet*innen, im Stadion ihrer Bayern-Stars zu sein.“
„Es gibt keine andere Veranstaltung, die in so besonderer Weise ein Wir-Gefühl lebt.”
Sven Albrecht über die Special Olympics World Games
Beim FC Bayern entwickeln gerade Fans mit Hörbehinderung Gebärden für die Spielerinnen und Spieler – ist das ein Musterbeispiel gelebter Inklusion?
„Auf jeden Fall. Es existieren so viele Barrieren, die häufig nicht gesehen werden. Wir brauchen zum Beispiel für Menschen mit geistiger Behinderung aufbereitete Informationen in Leichter Sprache, Orientierungssysteme mit Symbolen - ich könnte noch viele andere Punkte aufführen. Schlussendlich geht es darum, dass Menschen mit Behinderung die gleiche Lust auf ein Stadionerlebnis haben. Der Abbau von Barrieren ist kein „nice to have“, sondern eine Grundvoraussetzung für Teilhabe. Ich freue mich daher, dass sich der FC Bayern mit guten Beispielen auf den Weg macht.“
Was erwartet die Zuschauerinnen und Zuschauer beim Besuch der Special Olympics World Games?
„Neben den vielen Wettbewerben, die vom 17. bis 25. Juni über ganz Berlin verteilt stattfinden, gibt es ein umfangreiches Kultur- und Rahmenprogramm, bei dem Workshops, Aufführungen, Panels und vieles mehr für die ganze Familie angeboten werden. Dazu noch Highlight Events am Brandenburger Tor. Ein Höhepunkt ist sicher die Eröffnungsfeier im Berliner Olympiastadion am 17. Juni mit vielen inklusiven Live-Performances, der Interpretation unseres Games Songs „Are You Ready“ von Madcon und dem Einmarsch der 190 Delegationen. Es gibt sogar noch Tickets. Versprechen kann ich ein einmaliges Erlebnis. Es gibt keine andere Veranstaltung, die in so besonderer Weise ein Wir-Gefühl lebt.“
Was sind Ihre Ziele bei dieser Veranstaltung?
„Neben erfolgreichen Wettbewerben, bei denen jeder Athlet, jede Athletin hoffentlich sein Bestes geben konnte, freuen wir uns auf ein großes Fest der Begegnungen und Emotionen. Insgesamt wünschen wir uns eine größere Bekanntheit von Special Olympics und kämpfen für mehr Sichtbarkeit für Menschen mit einer geistigen Behinderung und vor allem für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen. Mit den Weltspielen in Deutschland haben wir die Chance, diese Sichtbarkeit für einen Moment zu erreichen, um dann darüber hinaus viele kleine Steine zum Rollen zu bringen. Schlussendlich ist es unsere gemeinsame Aufgabe, diese Chance zu nutzen, um nachhaltig etwas zu verändern: eine Gesellschaft, in der sich jeder willkommen fühlt. Davon profitieren wir alle. Wir können auf diesem Weg viel von unseren Athlet*innen lernen.“
Der deutsche Rekordmeister unterstützt die Kampagne „Nicht alle Helden tragen Trikots. Der Sport sagt Danke“:
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