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Thomas Tuchel, Interview, FC Bayern

Thomas Tuchel: „Bayern war immer kernig“

Am Samstag steht für Thomas Tuchel mit dem Supercup-Finale gegen Leipzig das erste Pflichtspiel der neuen Saison an. In unserem Interview spricht der Chefcoach des FC Bayern über seinen Antrieb, seine Philosophie und seine Ziele in dieser Saison.

Das Interview mit Thomas Tuchel

Thomas Tuchel FC Bayern

Herr Tuchel, Sie waren gar nicht richtig im Urlaub, sondern als Teil der Transferkommission weiter regelmäßig an der Säbener Straße. Wie laden Sie Ihren Akku auf?
„Indem ich Zeit mit meiner Familie, meinen Kindern, unserem Hund oder Freunden verbringe. Ich bin außerdem gerne in der Natur, gerne am Wasser – und gerne auch auf dem Wasser. Tatsächlich wirken auf mich schon ein paar Stunden auf dem Wasser oft wie eine ganze Urlaubswoche. Ich mag es auch sehr, morgens früh aufzustehen und in einer Bucht im Meer oder in einem See zu schwimmen, wenn noch nichts los ist. Das ist der perfekte Start in den Tag. Ich liebe es auch in den Bergen – da bin ich in München nicht am schlechtesten Platz.“

Wie lief die Aufarbeitung der Saison?
„Die Analyse läuft bei mir immer parallel zu den Ereignissen. Man sollte sich das mit der Sommerpause nicht so vorstellen, als würde man erst ein Buch zu Ende lesen und dann beginnen zu reflektieren. Es ist vielmehr ein permanenter Abgleich unter uns im Trainerteam: Welche Eindrücke, welche Beobachtungen haben wir? Generell können wir mit der vergangenen Saison nicht zufrieden sein: Wir haben es nicht geschafft, die Mannschaft so zu stabilisieren, wie wir uns das gewünscht haben.“

Thomas Tuchel FC Bayern

Wie schafft man es, niemals stehen zu bleiben – selbst wenn man schon die Champions League gewonnen hat?
„Ich muss zugeben: Es ist tatsächlich kurios. Man arbeitet hart für einen Traum, irgendwann wird er zum konkreten Ziel – und wenn man den Champions League-Pokal in der Hand hat, macht das plötzlich viel weniger mit einem, als ich gedacht hatte. Hätte mir das vorher jemand gesagt, hätte mich das womöglich schockiert. Es ist ein flüchtiger Moment, man kann ihn nicht lange festhalten – aber ich will das wieder erleben, unbedingt. Das steckt in mir drin. Es geht nach wenigen Tagen automatisch weiter mit der Vorfreude auf neue Ziele.“

Früher haben Sie sich Nächte mit dem Studium von Videos über Fußballspiele um die Ohren geschlagen.
(schmunzelt) „Das kann schon immer noch passieren. Früher waren es technisch ganz andere Umstände, da hat man noch vor- und zurückgespult, heute ist jede Spielszene ein einziger Klick. Ich liebe es einfach, mich in das Spiel zu vertiefen – in das unserer eigenen Mannschaft und auch das anderer Teams, die mich dann inspirieren zu neuen Ideen. Vor allem dem Studium des eigenen Spiels opfere ich schon mal die eine oder andere Nacht, insbesondere nach unseren Spieltagen.“

Thomas Tuchel FC Bayern

Was macht für Sie ein gutes Spiel aus?
„Es muss intensiv, schnell und attraktiv für die Fans sein. Torchancen herausspielen, Tore erzielen, viele Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte. Guter Fußball ist für mich aber auch immer mit Kontrolle verbunden. Es sollte nicht so sein, dass man einfach offen angreift, man darf die Zugriffe auf dem Feld an keinem Punkt vernachlässigen. Fußball ist facettenreich: Nur Offensive macht mich nicht glücklich, nur Kontrolle auch nicht. Die Menschen sollen insgesamt eine Energie spüren, die sich von der Mannschaft auf die Ränge überträgt. Es müssen auch die Grundwerte des Fußballs zu erkennen sein: eine Mannschaft, die sich körperlich verausgabt, ein Spirit, dass da unten ein Team agiert, bei dem sich die Spieler gegenseitig unterstützen. Wenn einer einen Fehler macht, gleicht ihn der andere aus. Die Bereitschaft dazu möchte ich spüren können. Und dass jeder den Extrameter machen möchte für das gemeinsame Ziel.“

Wofür steht der FC Bayern in Ihren Augen?
„Ich habe mich von klein auf für Fußball interessiert. Beim FC Bayern war es für mich immer so, dass dieser Club immer gewonnen hat. Das ist hier die Identität: siegen, gegen alle Widerstände, selbst wenn man mal nicht gut spielt. Als ich älter wurde, wurde mir bewusst, wie viel das alles mit Mentalität, Hartnäckigkeit, Wille, dem absoluten Glauben an sich selbst zu tun hat. Du kannst das Glück erzwingen. Und dann wird aus dem berühmten Bayern-Dusel nämlich Qualität. Seit Louis van Gaal kombiniert der Club dieses Immer-gewinnen-Gen mit einem attraktiven und dominanten Stil. Für mich war der Fußball des FC Bayern aber auch immer kernig, immer mannhaft, immer voller Selbstvertrauen. Auf dieser Basis hat er sich immer weiterentwickelt.“

Thomas Tuchel FC Bayern

Wie wichtig ist es gerade in der heutigen Zeit, dass sich Spieler mit ihrem Verein identifizieren?
„Ich glaube, dass die hohe Identifikation der Spieler mit dem Verein hier ein sehr großes Plus des FC Bayern ist, um auf internationalem Top-Niveau wettbewerbsfähig zu sein. Es kann den Unterschied ausmachen, wenn sich Spieler mit den Werten ihres Clubs identifizieren, wenn der Club stark ist und es spürbar ist, für was er steht – auf und neben dem Platz. Das ist hier sehr ausgeprägt. Im Ausland wird der FC Bayern im höchsten Maße respektiert und auch gefürchtet, weil die Clubs auf der ganzen Welt ganz genau wissen, auf was für ein geschlossenes Team man immer trifft. Der FC Bayern mit seiner über Jahrzehnte gewachsenen Stärke gibt seinen Spielern Orientierung.“

Wo steht der FC Bayern am Ende der Saison?
„Ich denke, kein Bayern-Trainer hat im Laufe der Geschichte eine andere Antwort gegeben als: ganz oben! Wir wollen Meister werden, endlich mal wieder zum Pokalfinale nach Berlin, und in der Champions League gehört der FC Bayern immer zu den Titelkandidaten. Bei allem wollen wir den Fans Freude bereiten. Im Vergleich zur vergangenen Saison ist Luft nach oben, das ist uns allen bewusst. Da haben wir die Ansprüche nicht erfüllt.“

Das komplette Interview gibt es in der August-Ausgabe des FC Bayern Mitgliedermagazins „51“.

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