„Der Sieg ist so hoch ausgefallen, weil wir gierig waren“, fasste Thomas Müller den unvergesslichen 9:2-Erfolg im Champions League-Auftaktspiel gegen Dinamo Zagreb zusammen. Diese Motivation war den Bayern-Spielern am Dienstagabend in jeder Situation anzusehen, was auch Joshua Kimmich bestätigte: „Man hat schon gemerkt, dass jeder Lust hatte, Tore zu erzielen - aber nicht vogelwild.“ Weder Müller noch Kimmich zeichneten zwar für einen der neun Treffer verantwortlich, beide hatten jedoch gleich mehrfach ihre Füße im Spiel. In unserer Analyse lest Ihr, wer wie zum Torerfolg kam und warum dieser magische Königsklassen-Abend unvergessen bleiben wird.
1:0 von Harry Kane - Foulelfmeter (19. Minute)
Wer sonst außer Torjäger Harry Kane konnte diesen denkwürdigen Champions League-Abend eröffnen? Die Nummer neun versenkte seinen ersten Elfmeter in dieser Partie halbhoch im linken Eck. Im Anlaufen ließ Kane dabei den Kopf oben, verzögerte kurz, sah, dass sich Zagreb-Keeper Ivan Nevistić in die andere Ecke bewegte und vollstreckte dann eiskalt. Dem Elfmeter war ein Foulspiel an dem gewohnt ballsicheren Aleksandar Pavlović vorausgegangen, der von der linken Grundlinie aus von Jamal Musiala überlegt eingesetzt wurde. Der Aktion Musialas ging wiederum ein sehenswerter Steilpass einer abkippenden Spitze hervor - die den Namen Kane auf dem CL-Trikot trägt.
2:0 von Raphaël Guerreiro - das Tor des Abends (33.)
Man muss es zugeben: Keines der neun Bayern-Treffer an diesem September-Abend sollte extrem hervorgehoben werden, zu schön war das Gesamt-Gefühl im Bayern-Lager nach diesem rauschenden Spiel. Müsste man sich entscheiden, fiele die Wahl wohl auf Raphaël Guerreiros Dropkick-Treffer. Zum mit der Zunge schnalzen. Ähnlich wie Kane vor dem 1:0 spielte nun Serge Gnabry einen linienüberbrückenden Flugball vom linken Flügel ins Zentrum, wo Musiala die Kugel koordinativ höchst anspruchsvoll in den Rückraum klatschen ließ - und dann Rumms! Guerreiro fackelte nicht lange und drosch den Ball nach einem kurzen Aufsetzer direkt in die Maschen. Marke Traumtor. Der Portugiese demonstrierte erneut sein ganz feines Füßchen und brachte seine Farben so auf die Siegerstraße.
3:0 von Michael Olise - der Künstler mit Köpfchen (38.)
Es war eine Freude, dem Champions League-Debütanten Michael Olise gegen die Kroaten beim Fußballspielen zuzusehen. Er tänzelte mit grazilen Bewegungen über den Rasen, zog vom rechten Flügel mit seinem starken linken Fuß immer wieder nach innen. Bei seinem Treffer zum 3:0 demonstrierte der Techniker jedoch Mittelstürmer-Qualitäten: Musiala führte einen Eckstoß von links kurz auf Joshua Kimmich aus und hinterlief den DFB-Kapitän - doch dieser flankte das Leder mit rechts scharf vor den Kasten. Dort köpfte Olise aus fünf Metern überlegt ein. Drei zu null - Tollhaus Allianz Arena!
4:2 von Harry Kane - Antizipation ist das Zauberwort (57.)
Auf die beiden schnellen Tore der Gäste nach der Pause zum zwischenzeitlichen 3:2 fanden die Münchner glücklicherweise schnell die passende Antwort. Kane erzielte seinen einzigen Treffer aus dem Spiel heraus an CL-Matchday 1. Nach einer vielbeinigen Kombination landete der Ball bei Gnabry auf dem linken Flügel, der nach innen passte. Dort kam Davies nicht richtig an das Spielgerät, welches dadurch in den Rückraum zu Kimmich sprang. Dieser schloss per Weitschuss mit seinem etwas schwächeren linken Fuß ab und Nevistić konnte den gefährlichen Schuss nur nach vorne abklatschen lassen. Kane stand dort, wo ein Mittelstürmer seiner Güteklasse eben steht, und schoss per Abstauber zum 4:2 ein.
5:2 von Michael Olise - Maßarbeit der Offensivkräfte (61.)
Doppelpack für Olise in seinem Königsklassen-Debüt! Die Zuschauer im Stadion frohlockten ein weiteres Mal - was war das wieder klasse herausgespielt. Alphonso Davies spielte einen risikoreichen Steilpass ins Zentrum auf Kane, der den Ball gedankenschnell vor das Tor in den Lauf von Musiala spitzelte. Der Dribbler bewies ein herausragendes Timing und legte die Kugel gerade noch auf Olise quer, bevor Nevistić seine Finger im Spiel hatte. Doch eine Hürde gab es noch: Im Eifer des Gefechtes und qua Spielgeschwindigkeit wäre Musiala beinahe in den Abschluss Olises aufs leere Tor geraten - aber die beiden Offensivkünstler, die sich bereits seit englischen Jugendjahren kennen, behielten die Ruhe und zeigten ihr Geschick. 5:2!
6:2 von Harry Kane - Handelfmeter (73.)
Kalt, cooler, Harry Kane! Diese Abschlussqualität vom Punkt sucht wohl seinesgleichen. Auch der zweite Strafstoß des Engländers zappelte im Netz - wieder in der linken Ecke. Diesmal verzögerte Kane nicht, sondern schoss mit seiner fantastischen Schusstechnik (Sein Körper ist beim Abschluss weit über dem Ball) souverän ein. Dem Elfmeterpfiff war nach einer Ecke von Kimmich ein Kopfball des eingewechselten Eric Dier an den Arm von Josip Mišić vorausgegangen. Kane bedankte sich bei seinem britischen Kumpel.
7:2 von Harry Kane - wieder Foulelfmeter (78.)
Diese charakteristische Haltung beim Schuss zeigte der 31-Jährige nur fünf Minuten später beim nächsten Elfmeter erneut, auch wenn er nun wieder verzögerte und den Keeper ausguckte. „Drei Elfmeter in einem Spiel, das hatte ich noch nie“, sagte der Angreifer nach Schlusspfiff. „Beim dritten wusste ich gar nicht mehr, was ich machen und wohin ich schießen sollte.“ Das ließ er sich aber nicht anmerken, wieder landete das Leder im vom Schützen aus gesehen linken Eck. Der im zweiten Durchgang sehr agile Davies wurde zuvor nach einem Dribbling im Sechzehnmeterraum gefoult.
8:2 von Leroy Sané - die linke Klebe ist zurück (85.)
Traumcomeback von Leroy Sané! Über vier Monate nach seinem letzten Pflichtspiel für den FC Bayern traf die Nummer zehn 17 Minuten nach seiner Einwechslung in typischer Manier: Der ebenfalls reingekommene Thomas Müller behauptete stark den Ball im Zweikampf und spielte zu seinem Landsmann, der von der rechten Seite nach innen zog und mit seinem starken linken Füßchen aus der Distanz ins linke untere Eck vollstreckte. Welcome back, Leroy!
9:2 von Leon Goretzka - mit Wucht zum Neunten (90.+2)
Was für ein Schlusspunkt in Fröttmaning: Regisseur Kimmich hatte in halbrechter Position zu viel Platz und konnte unbedrängt nach innen Richtung kurzer Pfosten flanken. Dort lief Leon Goretzka stark ein und stellte mit einem sehenswerten Flugkopfball ins kurze Eck auf 9:2. Der Mittelfeldmann feierte seinen Treffer im Nachgang mit Kollege Pavlović mit einem einstudierten Boxer-Jubel, wie die beiden nach Spielschluss verrieten. Mit diesem Kampfgeist und dieser Gier nach Toren kann die Saison nun so richtig Fahrt aufnehmen.
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