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Dante blickt in Nizza vom Balkon über den Trainingsplatz
Amelie Niederbuchner

„Herausforderungen sind Benzin für mich“ – Zu Besuch bei Ex-Bayern-Profi Dante

Vor elf Jahren gewann Dante mit dem FC Bayern das Triple. Heute ist er 41 und spielt immer noch Profifußball. Wie macht er das nur? Unser Mitgliedermagazin „51“ hat ihn an der Côte d’Azur besucht.

Treffpunkt beim Plages les Pirates, hat Dante geschrieben. Doch von seinem Wuschelkopf ist nichts zu sehen. Wir stehen auf einem breiten Platz oberhalb eines Strands in Antibes. Dort, wo er per GPS eine Stecknadel gesetzt hat. Eine Gruppe älterer Herrschaften spielt Pétanque, Spaziergänger schlendern vorbei. Im Wasser ziehen ein paar Schwimmer und ein Wasserskifahrer ihre Bahnen. Es ist Mitte Oktober, und es geht gemütlich zu an der Côte d’Azur. Doch wo ist Dante? Da fliegt ein Fußball ins Sichtfeld. Nur für ein paar Sekunden ist er zu sehen. Der Ball steigt steil nach oben, fällt dann wieder nach unten und verschwindet wieder. Irgendwo dort muss er sein. Wir gehen zu einer Brüstung und blicken nach unten auf den Strand. Tatsächlich, da ist er, unverkennbar, barfuß im Sand – und voll in Aktion: Dante.

Ex-Bayern-Profi Dante spielt Footvolley am Strand der Côte d’Azur
Footvolley am Strand: Dante ist voll in seinem Element – und zeigt, wie fit er ist. | Amelie Niederbuchner

Er wirft sich in den Sand und rettet Bälle, die eigentlich kaum mehr zu erwischen sind. Er springt kraftvoll ab, um den Ball mit dem Kopf zum Gegner zu schmettern. Und er hat immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. „Seid ihr schon müde?“, sagt er mit einem breiten Grinsen, als seine Mitspieler in einer Pause abgekämpft ein paar Schluck trinken. Was man noch sagen muss: Dante wird in ein paar Tagen 41, alle anderen sind in ihren Dreißigern. Doch Alter spielt für den Brasilianer offenbar keine Rolle. Er sieht noch genauso aus wie vor zehn Jahren, als er für den FC Bayern spielte. Kein graues Haar hat sich in seine schwarze Mähne verirrt. „Bei mir dreht sich die Uhr irgendwie rückwärts“, sagt er, „ich bin hier der Älteste, aber der Fitteste, eh klar.“

Abwehrchef & Kapitän: Mit 41 steht Dante in seiner Blüte

Nach zwei Stunden ist schließlich Schluss. Dante geht kurz ins Meer, zum Abkühlen. „Zur Regeneration“, erklärt er und erzählt, dass er Footvolley vor einigen Jahren im Urlaub in Brasilien für sich entdeckt hat. „Es ist ein Riesenspaß“, sagt er, „und es hilft mir, fit zu bleiben.“ Leider habe er meistens nur während einer Länderspielpause Zeit, nach Antibes zu kommen und mit den Jungs zu kicken, die sich hier regelmäßig treffen. Denn Dante spielt ja noch professionell Fußball. Beim OGC Nizza in der ersten französischen Liga ist er Stammspieler, Abwehrchef, Kapitän. In den letzten beiden Saisons war er jeweils der OGC-Feldspieler mit den meisten Spielminuten, in dieser Saison ist er der älteste eingesetzte Feldspieler aller Top-5-Ligen. Nur der ehemalige FCB-Torwart Pepe Reina (Como 1907 in der Serie A) ist noch ein paar Wochen älter. „Darauf bin ich schon stolz“, sagt er, „weil es bedeutet: Ich habe alles gegeben, ich war immer diszipliniert – und ich habe etwas geschafft, was nicht viele schaffen.“

Ex-Bayern-Profi Dante lacht in die Kamera.
Kapitän Dante: Bei OGC ist er Anführer einer jungen Mannschaft. Er geht mit Leistung voran – und ist dabei immer gut gelaunt. | Amelie Niederbuchner

Als Dante den FC Bayern 2015 verließ, war er 31. Ein Alter, in dem normalerweise das Ende der Karriere langsam in Sicht kommt. Doch nicht für Dante Bonfim Costa Santos. Nach einem Jahr in Wolfsburg wechselte er 2016 nach Nizza – und blühte noch mal auf. „Das Meer, die Sonne, all das hier tut mir gut“, sagt er und blickt sich um. Selbst ein Kreuzbandriss vor vier Jahren, inzwischen war er 37, bremste ihn nur kurz aus. „Alle haben gesagt: Jetzt ist es vorbei“, erzählt er, „aber ich habe gesagt: Wartet mal ab. Nach zehn Monaten habe ich wieder gespielt – und seitdem fast keine Trainingseinheit verpasst“, erzählt er. „Herausforderungen sind Benzin für mich.“ Am Ende spiele der Kopf die entscheidende Rolle, meint er. „Ich bin jetzt seit 22 Jahren Profi – und ich bin immer noch motiviert. Dieser Wille ist immer noch da. Einfach weil ich den Fußball liebe.“

Ich bin jetzt seit 22 Jahren Profi – und ich bin immer noch motiviert. Dieser Wille ist immer noch da. Einfach weil ich den Fußball liebe.

Dante

Vom Strand in Antibes aus fährt Dante mit dem Auto 35 Minuten nach Hause. Er wohnt im Hinterland von Nizza, die Straße ist kurvig, es geht immer bergauf. Erst wenn man ganz oben ist, ist man da. „Ich mag die Ruhe hier“, sagt er. Nur ein paar Vögel hört man in seinem Garten zwitschern, irgendwo zwischen Pool, Palmen und Olivenbäumen. Dante ist erst vor ein paar Monaten eingezogen. Er hat das Haus komplett umgebaut und wohnt jetzt hier mit seinen drei Kindern, seiner Mama und seiner Tante. Oft ist auch Besuch aus Brasilien da, Familie und Freunde. „Das Haus ist immer voll. Das gefällt mir.“ Mama und Tante im Hause Dante warten schon mit dem Mittagessen. Auf Dantes Teller landen vor allem gebratene Pute, Gemüse, Salat und Nudeln. Die Pasta esse er immer ohne Soße, betont er, höchstens mit ein bisschen Öl und Parmesan. „Nur die Nudel ist wichtig, nicht die Soße.“

Ex-Bayern-Profi Dante trägt einen Ball unter dem Arm.
Unverkennbar: Dantes Lockenkopf ist auch in Nizza längst Kult. | Amelie Niederbuchner

Dante weiß, dass die Ernährung einer der Schlüssel zu seiner ewigen Jugend ist. Er isst viel Gemüse, Geflügel und Fisch, nur einmal in zwei Wochen gibt es rotes Fleisch, Süßes lässt er ganz weg. Seine einzige „Sünde“ ist ab und an ein Gläschen Rotwein. „Ich kontrolliere mich sehr. Mein Körper ist meine Maschine. Ich brauche ihn“, meint er. Im Training schont er sich nicht, selbst wenn ihm der Trainer anbietet, kürzerzutreten. „Ich liebe es, hart zu arbeiten, mache vor und nach jedem Mannschaftstraining noch meine eigenen Übungen“, erzählt er, „aber ich achte auch sehr auf meine Erholung.“ Spätestens um 23 Uhr liegt er im Bett, manchmal macht er auch einen kurzen Mittagsschlaf.

Diszipliniert, erfolgshungrig – und immer gut gelaunt

Wenn man in München an Dante zurückdenkt, hat man einen Spieler vor Augen, der immer gut gelaunt war. Dante tanzte, sang („Und Pokal auch …“), spielte Ukulele und feierte jeden Titel ausgelassen. Was man dabei leicht übersieht: Schon damals war Dante total diszipliniert, fokussiert und erfolgshungrig. Als er 2012 aus Gladbach kam, lagen hinter Bayern gerade zwei Dortmunder Meisterschaften und das „Finale dahoam“. Dante erinnert sich: „Ich weiß noch, wie Karl-Heinz Rummenigge an meinem ersten Tag zur Mannschaft gesagt hat: ‚Wir sind Bayern! Zwei Jahre ohne Titel sind die Grenze!‘ Ich dachte nur: Wow, was für ein Druck! Aber eigentlich hat mir genau dieser Druck gefallen. Ich habe sofort gemerkt, dass ich beim richtigen Verein bin, einem Verein mit den höchsten Zielen. Genau dort, wo ich immer sein wollte. Und jetzt musste ich liefern.“

Dante am Strand
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Wembley 2013 – „der glücklichste Tag in meinem Leben“

Ein rot gerahmtes Foto, auf dem er mit diebischer Freude den Champions League-Pokal in Händen hält, hat Dante bei sich zu Hause. Der Finalsieg gegen Dortmund 2013 in Wembley sei „der glücklichste Tag in meinem Leben“ gewesen. „Weil es eine überragende Geschichte war. 2010 hatte Bayern verloren, 2012 hatte Bayern verloren – und 2013 haben wir die Champions League endlich gewonnen“, sagt er und schmunzelt. „Über den Elfmeter sprechen wir nicht.“ Nach Dantes Foulspiel kam Dortmund damals per Strafstoß zum 1:1-Ausgleich. Aber mei, zum Glück gab es ja noch Arjen Robben. Insgesamt denkt er gerne an „drei herausragende Jahre“ in München zurück. „Ich vermisse es, dieses Trikot zu tragen. Bayern wird immer in meinem Herzen bleiben.“

In Nizza will Dante seine Karriere beenden.
Zukunft im Blick: In Nizza will Dante seine Karriere beenden. Und dann Trainer werden. | Amelie Niederbuchner

Auf Rekordkurs bei OGC Nizza

Zum Clubgelände von OGC Nizza fährt Dante keine 30 Minuten. Welches Ansehen Dante hier genießt, merkt man gleich, als ihm der Pförtner das Tor öffnet. „Unser Capi“, sagt der Mann erfreut und begrüßt Dante mit einem geübten Handshake. „Der Club ist zu meiner zweiten Heimat geworden“, sagt Dante. Dabei sei er 2016 vor allem wegen Trainer Lucien Favre, den er noch aus Gladbach kannte, nach Nizza gekommen. „Ich war 32, hatte einen Dreijahresvertrag und dachte, dass ich danach nach Brasilien zurückgehe. Aber dann habe ich immer wieder einen neuen Vertrag unterschrieben – und jetzt bin ich im neunten Jahr hier.“ 291 Spiele hat er inzwischen für OGC bestritten, bald wird er Rekordausländer des Clubs sein. „Das macht mich stolz. Es gibt nicht viele, die noch mehr Spiele für Nizza gemacht haben.“

Ex-Bayern-Profi Dante spielt auf einer Ukulele
„Und Pokal auch“ hieß Dantes musikalischer Hit in München. 133-mal lief er für Bayern auf. | Amelie Niederbuchner

In all den Jahren übernahm Dante immer gern Verantwortung. Inzwischen ist er auch dabei, seinen Trainerschein zu machen. Nächstes Jahr will er mit der UEFA Pro-Lizenz fertig sein. „Mein Ziel ist es, Trainer zu werden. Darauf habe ich Riesenbock“, sagt er, „ich will meine Erfahrung weitergeben und jeden einzelnen Spieler besser machen, als Fußballer und als Mensch.“ Irgendwann als Trainer zum 
FC Bayern zurückzukehren, sei sein großer Traum, sagt Dante. Zunächst einmal ist Dante aber weiter Spieler. Mindestens diese Saison will er noch spielen. Wenn Kopf, Körper und Club wollen, werde er sogar noch ein weiteres Jahr dranhängen. „Aber 2026 ist dann Schluss“, betont er, „mein Gefühl ist: Das schaffe ich auch.“ Sonne, Strand und Meer werden ihren Teil dazu beitragen.

Fotos: Amelie Niederbuchner

Die Geschichte ist in der aktuellen Ausgabe des Mitgliedermagazins 51 erschienen:

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