Plötzlich reißt der Riemen des Rucksacks, aber es gibt kein Pardon. „Weitermachen, irgendwie“, ruft Eric Mbarga über den Basketballcourt, auf dem gerade ein ungewöhnliches 3 gegen 3 stattfindet: Mitarbeitende der Bayern-Basketballer versuchen, trotz aller Probleme und Zusatzgewicht Körbe zu werfen. Der LED-Videoboden zeigt das „Rot gegen Rassismus“-Logo des Vereins, es geht an diesem Tag um Alltagsrassismus und Aha-Erlebnisse, um Praxisbeispiele und Perspektivwechsel – und am Ende steht eine gemeinsame Erkenntnis beim Engagement für Vielfalt: Achtsam bleiben! Jeder kann diskriminierend wirken, selbst wenn er es nicht will. Einige unter uns tragen Rucksäcke, die man ihnen nicht abnehmen kann – dafür muss man ein Verständnis entwickeln, und dazu muss man diese Rucksäcke auch erst einmal sehen.
Zum Einstieg der internen Veranstaltung hatte auf der Leinwand hinter Adrian Sarmiento der Slogan „We care together“ geleuchtet, wir geben aufeinander acht, während der Chief Strategy Officer des FCBB rund 60 Mitarbeitende zu der Sensibilisierungsmaßnahme begrüßte. „Ich persönlich bin stolz, Teil des FC Bayern zu sein, der den spaltenden Kräften in unserer Gesellschaft entgegenwirkt und für eine weltoffene Haltung steht“, sagte er, „und wir alle können und müssen noch viel lernen, gerade im Bereich Diversität und Diskriminierung. Dieser Tag ist eine weitere Chance, um uns gemeinsam weiterzuentwickeln und als Verein zu wachsen.“
„Hohes Maß an Empathie und Bereitschaft“
Rachel Etse, Ethnologin und Rassismuskritikerin, sowie Dr. Julien Bobineau, Diversitätsmanager und Co-Founder von „D2 – Denkfabrik Diversität“, führten mit Eric Mbarga, Head of Safeguarding vom FC Bayern Campus, drei aufeinander abgestimmte Workshops durch, die die unterschiedlichsten Facetten und Herausforderungen beim Thema Diversität beleuchteten. Während es bei Eric Mbarga darum ging, Diskriminierung erfahrbar zu machen, widmete sich der Austausch mit Rachel Etse den Tiefen und Hintergründen von Rassismus, und Julien Bobineau erarbeitete mit den Teilnehmenden, wie man sich beim Engagement für Vielfalt und Toleranz bewusst aufstellen kann, um beispielsweise Betroffenen als verlässlicher, verständiger „Ally“ zur Seite zu stehen.
Das Expertenteam zeigte sich beeindruckt vom Ablauf der Veranstaltung. Sie sei überrascht gewesen von „dem hohen Maß an Empathie und der Bereitschaft, zuzuhören“, sagte Rachel Etse. Oft seien Workshops in so einem Rahmen konfrontativer, „aber hier sind wir auf eine Gruppe getroffen, die sich auf dieses Themenfeld eingelassen hat: Alle waren auffallend aufnahmebereit und selbstreflektiert – ich gehe mit einem extrem guten Gefühl nach Hause, hier herrscht eine gute Energie.“ Julien Bobineau lobte die „vielen Detailfragen und spürbare Freude am Austausch – ich habe das Gefühl, viele hier sind anderen bei diesem Thema schon drei Schritte voraus. Alle waren sehr aufgeschlossen. Da kann der Verein stolz sein.“ Eric Mbarga ermunterte die Mitarbeitenden, sich der Notwendigkeit des Perspektivwechsels immer bewusst zu sein: „Es hilft allen, wenn man sich in Betroffene hineinversetzen kann – und generell sollten wir gerade innerhalb unseres Vereins festhalten: Unterschiede sind Stärken. Wir sehen das auch in der Performance unserer Teams auf dem Spielfeld.“
Zuhören und Menschen Raum geben
„Rot gegen Rassismus“ war durch die beiden Leiter Benny Folkmann und Andreas Werner sowie Kiki Hasenpusch und Erik Böhm aus dem Kernteam vertreten. Zum Ausklang wurde die Entwicklung der Vielfalts-Initiative seit ihrer Gründung vor fünf Jahren skizziert. Man gebe sich nicht zufrieden, nur zu bestimmten Anlässen das Motto auf Shirts und Plakate zu drucken, sondern elementar sei, eine Haltung zu etablieren – Veranstaltungen wie dieser Diversitätsworkshop würden belegen, dass „Rot gegen Rassismus“ beim FC Bayern auch vom Team hinter dem Team getragen wird, so lautete die einhellige Meinung: Es geht bei „Rot gegen Rassismus“ immer darum, (Spiel-)Raum für Begegnungen zu schaffen, um Verständnis dafür zu fördern, dass man anderen ihren Rucksack zwar nicht abnehmen, sie aber dennoch immer unterstützen kann.
Unter anderem stellten sich die Teilnehmenden Fragen wie „Was bedeutet für Euch der Begriff Alltagsrassismus?“, sie bekamen verdeutlicht, wie systematisch Rassismus in der Gesellschaft verankert ist und was eine Frage wie „Woher stammen Sie?“ auslösen kann, nämlich dass sich das Gegenüber ausgeschlossen und diskriminiert fühlt. Eine von vielen Situationen, die sich mit einem „das war ja nicht so gemeint“ nicht einfach regeln lässt. Zudem wurde – Stichwort Allyship - zusammengetragen, was man mitbringen sollte, um an der Seite von Betroffenen zu stehen: Man muss zuhören und den Menschen Raum geben, seine Vorurteile hinterfragen, empathisch und solidarisch sein, Verantwortung übernehmen und dazu beitragen, systemische Veränderungen zu unterstützen. Am Ende dankte Sarmiento allen Beteiligten und zog das Fazit: „Wir müssen im Bereich Diversität wachsam und weitsichtig sein. Der Tag war sehr wertvoll und hat unseren Anspruch bestärkt, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Wir sind dankbar, heute wurden viel Energie und Motivation bei den Mitarbeitenden freigesetzt. Das wird helfen, unser Potenzial künftig noch besser auszuschöpfen.“
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