Nach dem 3:3 (3:0) der Deutschen Nationalmannschaft über Italien hatte Joshua Kimmich noch eine wichtige Mission. Der DFB-Kapitän zog sich eine warme Jacke über das verschwitzte Trikot und lief dann hinüber an den Spielfeldrand, wo Balljunge Noel Urbaniack stand. Kimmich fragte ihn nach seinem Namen und unterschrieb ihm auf einem Spielball als Geschenk. DFB-Sportchef Rudi Völler versprach dem 15-Jährigen eine Freikarte fürs nächste Heimspiel der Nationalelf. Beim wahrlich einzigartigen Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0 hatte Noel Urbaniack neben den beiden Spielern des FC Bayern, Joshua Kimmich und Jamal Musiala, eine Hauptrolle gespielt.
„Wir hatten kurz Augenkontakt“
„Wir hatten kurz Augenkontakt, er wollte unbedingt den Ball holen. Da habe ich ihm den schnell zugeworfen“, verriet der Balljunge. Joshua Kimmich legte den Ball postwendend zur Ecke auf den Rasen, passte blitzschnell zum völlig freistehenden Mitspieler Jamal Musiala – und der musste vom Fünfmeterraum nur noch ins verwaiste Tor einschieben. Die italienische Hintermannschaft war unterdessen damit beschäftigt gewesen, lauthals über taktische Feinheiten zu diskutieren. Torwart Gianluigi Donnarumma hatte dafür gar sein Tor unbewacht zurückgelassen. Die beiden Münchner Nationalspieler und der Balljunge schalteten schnell, überrumpelten Italien schlitzohrig, handlungsschnell und eiskalt.
„Der Balljunge war auf Zack, das ist auch nicht schlecht in so einem Spiel“, lobte Joshua Kimmich hinterher und schoss noch ein Foto mit Noel Urbaniack. „Ich habe Joshua nach dem Spiel kurz getroffen. Er hat sich bedankt für den Assist sozusagen“, freute sich der Balljunge über seinen unvergesslichen Abend im Dortmunder Stadion und einen außergewöhnlichen Treffer, den es so im internationalen Fußball noch nicht gegeben haben dürfte. So sah es auch Weltmeister Lothar Matthäus: „Ich bin schon lange dabei, aber so was habe ich noch nie gesehen“, so die Bayern-Legende, das Verhalten der in Diskussionen versunkenen Italiener nannte er „ein Totalversagen“.
„Eine sehr intelligente Aktion von Joshua und Jamal“
Die deutsche Mannschaft hingegen freute sich über ihre zwei Schlitzohren aus der Mannschaft des FC Bayern: „Teilweise haben es noch nicht mal unsere eigenen Spieler mitbekommen, dass der Ball drin war“, gestand Kimmich: „Es ging sehr, sehr schnell. Der Balljunge war sehr auf Zack.“ Sogar Julian Nagelsmann hatte das Tor gar nicht mitbekommen: „Von allen drei, den Balljungen mit rein, dazu Josh und Jamal, war das absolute Weltklasse. Das war unfassbar schlau“, meinte der Bundestrainer: „So etwas kann man nicht einstudieren. Der Balljunge macht es sehr gut, aber es war Joshua Kimmich, der den Ball schnell will. Es war eine sehr intelligente Aktion von Joshua und Jamal Musiala.“
Auch Goretzka mit starkem Auftritt
Neben Kimmich und Musiala blühte auch Leon Goretzka in seinen ersten beiden Länderspielen seit sechzehn Monaten Pause im Nationalteam auf und überzeugte mit Zweikampfstärke und klugen Zuspielen. Der Bayern-Profi ordnete das deutsche Spiel und bestimmte Rhythmus und Tempo im Mittelfeld – das Ergebnis war „die unter meiner Amtszeit beste Hälfte“ der Nationalmannschaft, lobte auch Bundestrainer Nagelsmann. Zur Pause stand es bereits 3:0 für Deutschland, das Italien kaum Luft zum Atmen gab, Deutschlands Offensive um Leroy Sané setzte die Defensive aggressiv unter Druck und erspielte sich reihenweise Tormöglichkeiten.
Schon vor der Begegnung hatte der TV-Sender Sky eine beeindruckende Statistik herausgegeben: 13 der vergangenen 27 Kopfballtore des DFB-Teams hatte Joshua Kimmich seit 2016 vorbereitet – damit war er seit seinem Debüt fürs Nationalteam an 48 Prozent aller Kopfballtore beteiligt gewesen. Durch das 3:0, einem Kopfballtor von Tim Kleindienst auf Flanke Kimmich, kam nun noch ein Treffer zu dieser Statistik dazu. Das 1:0 hatte der Kapitän per verwandeltem Elfmeter beigesteuert.
Halbfinale in München
Am 4. Juni steigt nun das Nations League-Halbfinale gegen Portugal in der Allianz Arena in München. Es wird das 100. Länderspiel von Joshua Kimmich sein: „Es wird ein kurzes, aber wichtiges Turnier. Die Elite Europas ist eingeladen“, sagte der Kapitän, der an allen fünf Toren in beiden Viertelfinals gegen Italien beteiligt war, zum Final-Four-Turnier – auch das Endspiel wird in München ausgetragen.
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