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Joshua Kimmich am Ball im Bundesliga-Spiel des FC Bayern gegen Mainz 05.
© FC Bayern

Vor Spiel gegen Ex-Club im Leipzig - Joshua Kimmich: Der Taktgeber

Joshua Kimmich agiert in dieser Saison dominant wie nie – und hat sein Spiel noch einmal auf ein neues Niveau gehoben. Wie macht er das genau? Eine Analyse. 

Wie gut Joshua Kimmich ist, sieht man auch daran, dass man ihn nicht so häufig sieht. Wer 2025 ein Bayern-Spiel verfolgt, stellt fest: Greifen die Bayern an oder gehen ins hohe Pressing, ist der Spieler mit der Nummer 6 nicht auf dem Fernsehbildschirm zu sehen. Er bewacht in diesen Situationen in der eigenen Hälfte die Abwehr. Die stabile Defensive ist die Basis für die Top-Bundesliga-Saison 2024/25. Der FCB kassiert 20 Prozent weniger Gegentore. Und daran hat Kimmich mit seinem diszi­plinierten Positionsspiel großen Anteil. Gleichzeitig baut er das Spiel von hinten geduldig auf und weiß genau, wann er mit Vorstößen den Gegner unter Druck setzen kann. Keiner seiner Mittelfeld-Kollegen spielt mehr Pässe, nicht Pedri von Barcelona, nicht Vitinha von PSG. Keiner spielt mehr Pässe ins Angriffsdrittel. Keiner kreiert mehr Torschüsse. Er hat sein Spiel verändert – und auf ein neues Niveau gehoben. 

Joshua Kimmich jubelt mit geballter Faust nach einem Tor des FC Bayern
Emotionaler Leader: Kimmichs Leidenschaft reißt auch die Kollegen mit. | © FC Bayern

Kimmichs Motor läuft in jedem Spiel auf Hochtouren. In der Bundesliga spult er unter allen Spielern die viertmeisten Kilometer ab. Könnte man Leidenschaft messen, würde er diese Wertung mit riesigem Abstand anführen. In einem Gespräch mit seinem 
Vater Berthold in einer TV-Doku über ihn seufzt Kimmich: „Jetzt sitzen wir wieder da, und dann sagst du immer: ‚Am Ende des Tages ist es nur Fußball.‘“ – „Genau, mein Spruch.“ – „So würde ich es auch gern mal sehen.“ 

Eine Frage der Mentalität 

Der FC Bayern hatte wohl selten einen Spieler, der so vielseitig an sich arbeitet. Der auf unterschiedlichen Positionen, in der Innen- und Außenverteidigung, als Sechser und Achter sein Können ausbaut. Und der jetzt, im besten Fußballeralter, ein kompletter Spieler ist. Als Kimmich 2015 zum FCB kommt, fragten sich in München einige: Was ist das für ein Spieler? Wo soll er hin? Ins Mittelfeld wie bei Leipzig? Auf die Außenbahn? Pep Guardiola hat andere Ideen. Vor dem Achtelfinale 2016 gegen Juventus Turin und dem vorentscheidenden Meisterschaftsduell in Dortmund verletzen sich die Stammverteidiger. Pep bringt Kimmich als Innenverteidiger.  

Im Mittelfeld kann ich meine Mentalität einbringen.

Joshua Kimmich

Kimmich nutzt seine Chance. Nach dem Abpfiff beim BVB – das Spiel geht 0:0 aus – stürmt Guardiola auf den Rasen und schnappt sich Kimmich: Ob er die Anweisungen bei der Einwechslung von Verteidiger Medhi Benatia in der 90. Minute nicht verstanden habe? „Du hättest ins Mittelfeld vorrücken müssen!“ – „Tut mir leid, ich hab’s einfach nicht gehört“, erklärt Kimmich. „Du hättest dich vor die Viererkette begeben und die Position halten müssen“, schimpft Pep. Anschließend nimmt er Kimmich in den Arm. „Danke, Pep, war nicht leicht, aber es hat gut geklappt.“ – „Nicht gut, super! Du bist Wahnsinn, Josh, echt Wahnsinn.“ 

Joshua Kimmich im Kopfballduell im Bundesliga-Spiel des FC Bayern gegen Mainz.
Kimmichs große Stärke: Er ist auf mehreren Positionen ein Weltklasse-Spieler. | © Imago

Später sagt Kimmich: „Bei Pep fand ich die Innenverteidiger-Position sehr interessant, weil es viel um Spielaufbau ging, viel um Mann-gegen-Mann-Verteidigen, Entscheidungen treffen.“ Er nutzt seine Zeit auf der Position, um sich die entsprechenden Fähigkeiten anzueignen. Und Kimmich lernt schnell. Insgesamt setzt ihn Guardiola auf acht verschiedenen Positionen ein. Als wolle er das junge Talent in einen Crashkurs schicken. Ausbildungsziel: Alleskönner. 

Joshua Kimmich schlägt einen langen Ball im Testspiel des FC Bayern bei Tottenham Hotspur
Best of the best: Kein defensiver oder zentraler Mittelfeldspieler in Europa schlägt mehr lange Pässe. | © FC Bayern

Neun Jahre später, im Champions League-Achtelfinale 2025 gegen Leverkusen, zeigt Kimmich, was er sich seither alles beigebracht hat – und dass er weit mehr ist als ein Mini-Mascherano. Er nimmt den gegnerischen Spielmacher Florian Wirtz aus dem Match, steht ihm entweder auf den Füßen oder stellt geschickt die Passwege zu. Umgekehrt stiehlt sich Kimmich im eigenen Ballbesitz mit Abkipp- und Abdrehbewegungen immer wieder aus der Deckung, bewegt sich geschickt zwischen den Linien. Er ist immer anspielbereit, hält mit kurzen Pässen die Maschinerie am Laufen, verlagert das Spiel mit exakten Flanken auf die Seiten. Kimmich erstickt Konterversuche im Keim, erobert viele zweite Bälle, gewinnt im Stile eines Innenverteidigers den Luft-Zweikampf vor dem 1:0 durch Harry Kane und schlägt die Flanke aus dem linken Halbfeld, die Jamal Musiala zum 2:0 verwertet. 

Das Multifunktionswerkzeug 

Im Englischen gibt es den Ausdruck „jack of all trades“ für jemanden, der viele Dinge sehr gut kann. Weiter geht der Spruch mit: „master of none“. Auf den Fußball übertragen: auf vielen Positionen wertvoll, aber auf keiner herausragend. Manche übten diese Kritik auch an Kimmich. Sollte er sich auf seine Rolle als Rechtsverteidiger beschränken? Auf dieser Position spielt er ja auch gerade in der Nationalmannschaft, hier hat er mit den Bayern 2020 im Final-Turnier den Champions League-Sieg errungen. Und wenn er schon unbedingt ein Sechser sein will – wieso versucht er sich dann an so vielen Offensivaktionen, die sich eher für einen Achter gehören? 

Joshua Kimmichs Trikot hängt in der Kabine des FC Bayern in der Allianz Arena.
Wichtige Stimme in der Kabine: Joshua Kimmich führte die Bayern zuletzt häufig als Kapitän an. | © FC Bayern

In der Saison 2024/25 gibt Kimmich die Antwort auf diese Fragen. Und führt alle seine auf so vielen Positionen erarbeiteten defensiven und offensiven Fähigkeiten in seiner neuen zentralen Rolle zusammen. Er lässt sich im Spielaufbau neben die Innenverteidiger fallen, agiert oft zurückhaltend, hält die defensive Position. Gleichzeitig organisiert er das Pressing und weiß genau, wann er nach vorne stoßen kann, um mit Steckpässen, Chipbällen, Flanken oder eigenen Schüssen Torgefahr zu kreieren. Er selbst sagt: „Man muss mit der Erfahrung, die man in den letzten zehn, zwölf Jahren gesammelt hat, wissen, wann man welches Werkzeug braucht.“ Für Kimmich muss der „Jack of all trades“-Spruch neu formuliert werden. Josh ist der „Master of all“. 

Dieser Text stammt aus der aktuellen Ausgabe des FC Bayern Clubmagazins „51“. Hier erscheint er in einer gekürzten Fassung. 

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