
Kapitän, Trainer, Präsident, Ikone – Franz Beckenbauer ist und bleibt der Größte aller Bayern. Am 11. September wäre er 80 Jahre alt geworden. Im FC Bayern-Mitgliedermagazin „51“ blicken Weggefährten zurück auf „ihren“ Franz. Wie haben sie ihn erlebt?
Philipp Lahm

„Egal, was Franz gemacht hat, egal, ob auf oder außerhalb des Platzes, es sah immer leichtfüßig aus. Er verkörperte Leichtigkeit und Perfektion – das war eines Kaisers würdig. Leider bin ich zu jung, um ihn selbst auf dem Rasen erlebt zu haben. Aber ich habe Videos gesehen und finde, dass er fußballerisch seiner Zeit voraus war. Den Ball hatte er immer perfekt am Fuß, sein Blick war immer oben. Er war als Libero der Spielmacher. Das war neu. Ich habe ihn dann später als Präsident und Organisator der WM 2006 kennengelernt. Man hat ihm gern zugehört. Wenn man aufmerksam war, hat er einem in jedem Satz etwas mitgegeben. Das fand ich immer sehr beeindruckend.“
Franck Ribéry

„Wenn ich Franz Beckenbauer getroffen und mit ihm gesprochen habe, egal, ob im Stadion, auf einem Bankett oder an der Säbener Straße, war es immer ein schöner Moment. Aber natürlich war er auch eine Autorität, man ist ihm mit Respekt begegnet. Franz war eben ein besonderer Mensch und von großer Bedeutung für Bayern und die ganze Fußballwelt. Er war der Kaiser. Auch in Frankreich nennen wir ihn so. Man hat immer gespürt, dass er selber lange Spieler gewesen war. Er wusste genau, wie der Fußball funktioniert. Bei allem Ehrgeiz war ihm auch immer wichtig, dass der Spaß nicht zu kurz kam, dass man zusammen lachte. Einmal hat er mir gesagt: ‚Wir sind alle glücklich, dass du bei Bayern bist, Franck. Wir sind deine Familie, du bist hier bei uns zu Hause.‘ Wenn ich etwas gebraucht habe, konnte ich mich immer bei ihm melden. Es war ein schönes Gefühl zu wissen, dass der Kaiser so hinter mir stand.“
Mark van Bommel

„Bei Franz Beckenbauer denken wir Holländer zuerst an das WM-Finale 1974. An Gerd Müller im Sturm und an Franz, den Dirigenten. Die Fußballrivalität zwischen Deutschland und Holland gibt es ja bis heute. Nicht jeder deutsche Fußballer war und ist beliebt in Holland – aber Franz mochten auch in Holland immer alle. Er war so ein großer Spieler, aber ist mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben. Ich bin ja ganz in der Nähe der deutsch-holländischen Grenze aufgewachsen. Köln und Gladbach waren nicht weit weg. Meine Mutter war für Gladbach, mein Vater für Köln – und ich war für Bayern, schon immer. Ich hatte sogar einen Bayern-Aufkleber an meinem Nachttisch. Der FC Bayern – das waren für mich Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und Kalle Rummenigge. Franz dann später persönlich kennenzulernen und zu erleben, war etwas Besonderes. Mein Respekt war groß. Franz hatte eine natürliche Autorität, gleichzeitig war es immer total angenehm mit ihm. In seiner Nähe hat man sich sofort wohlgefühlt.“
Raimond Aumann

„Franz Beckenbauer war außergewöhnlich als Spieler, er war außergewöhnlich als Trainer, er war außergewöhnlich als Mensch. Eine Lichtgestalt. So einen wie ihn wird es nicht mehr geben. Der WM-Titel 1990 wird uns auf ewig verbinden. Als Trainer war er sehr akribisch. Jeden Gegner, egal, ob bei der Nationalmannschaft oder in der Bundesliga, hat er bis ins letzte Detail studiert. Bei ihm hat nur alles immer so locker ausgesehen. Davon darf man sich aber nicht täuschen lassen. Wenn’s mal nicht so lief, wie er sich das vorgestellt hatte, dann konnte er auch anders. Dann konnte er richtig sauer werden. Und damit lag er ja meistens richtig. Franz konnte die Dinge auf den Punkt bringen, ihm hat man alles geglaubt, auch wenn er dich mal kritisiert hat. Er hatte eine Gabe, die nicht viele Menschen haben, eine Aura. Franz war die größte Persönlichkeit im deutschen Fußball.“
Claudio Pizarro

„Als ich zu Bayern kam, war Franz Beckenbauer Präsident – für mich war er ein Superstar. Ich wusste, was er alles erreicht hatte, welche Verdienste er um den FC Bayern, Deutschland und den Fußball hatte. Als ich meinen ersten Vertrag in München unterschrieben habe, war er dabei. Das war für mich eine Ehre. Und dann habe ich ihn persönlich kennengelernt. Wie locker er immer war! Aber man wusste auch: Auf dem Platz muss man arbeiten, voll bei der Sache sein. Das war ihm wichtig. Als Fußballer war Franz seiner Zeit voraus gewesen, später gab er seine Erfahrung und seine Sicht auf das Spiel gern weiter. Ich habe ihm immer ganz aufmerksam zugehört, man konnte so viel von ihm lernen. Franz war der Kaiser. So kennen und nennen ihn auch alle bei mir zu Hause in Peru.“
Paulo Sergio

„Einmal habe ich im Derby gegen Sechzig ein Tor gemacht – ich werde nie vergessen, wie Franz Beckenbauer danach auf der Tribüne im Olympiastadion gejubelt hat. Ich habe das später im Fernsehen gesehen. Klar, ein Tor gegen Sechzig war immer besonders, aber seine riesige Freude hat mich berührt. Spiele gewinnen, Titel holen – das war für Franz Beckenbauer immer das Wichtigste. Und das haben wir zu meiner Bayern-Zeit auch geschafft. Wir haben die Champions League und den Weltpokal geholt, nach 25 Jahren! Und zweimal waren wir Deutscher Meister, einmal hauchdünn vor Leverkusen, einmal ganz knapp vor Schalke. Wir haben es also ganz gut hinbekommen – zum Glück. Denn als ich zuvor in Leverkusen war, habe ich auch mitbekommen, dass Franz richtig sauer werden konnte. Damals, als es in München unter Trapattoni nicht so richtig lief. Bei mir zu Hause in Brasilien kommt Franz Beckenbauer für viele Leute gleich nach Pelé. Nicht nur weil er ein super Fußballer war – Franz war auch immer ein Gentleman, konnte gut mit Menschen umgehen. Franz war ein Superstar, trotzdem wirkte er irgendwie immer total normal. Das mochten die Leute an ihm.“
Arjen Robben

„Der Kaiser – dieser Spitzname sagt alles. Franz Beckenbauer war die größte Persönlichkeit im deutschen Fußball. Seine Ausstrahlung, seine Präsenz – unvergleichlich! Ich gehöre zu einer Generation, die Franz erlebt hat, als er nicht mehr in vorderster Reihe bei Bayern tätig war. Aber natürlich sind wir uns immer wieder mal über den Weg gelaufen. Wenn man ihn im Stadion oder auf einem Bankett sah, dachte man sich: Da ist der Herr Beckenbauer, wie schick und elegant er doch wieder aussieht. Man war voller Respekt und Bewunderung. Argentinien hat Maradona, Brasilien hat Pelé, Holland hat Cruyff – und Deutschland hat Beckenbauer. Das ist einfach der erste Name, der fällt, wenn man über den Fußball in Deutschland spricht.“
Der Text entstammt der aktuellen September-Ausgabe des Club-Magazins „51“:
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