
Säbener Stories – das ist die Kolumne für alle, die den FC Bayern leben und lieben. Hier geht es um die ruhmreiche Vergangenheit und die spannende Gegenwart des Rekordmeisters.
Weil Konrad Laimer, unsere Pferdelunge aus Salzburg, als „Leymar" immer mehr zum Kult wird, erzählen wir diesmal die Geschichten rund um fünf legendäre FC Bayern-Österreicher. Von Meistertrainer Richard „Dombi" Kohn bis zu Titelsammler David Alaba.
Ohne ihren Schmäh, ohne ihre Eleganz und Schlauheit, wäre die Geschichte des FC Bayern ärmer gewesen. Und das, obwohl nur zwölf Österreicher in der Bundesliga für uns gespielt haben. Aber unsere „Austria 5" hat viel erlebt. „Bist du deppert?", würde David Alaba dazu sagen.
Richard „Dombi" Kohn (1930 bis 1933): Bayerns erster Meistertrainer
Wer Anfang der 1930er Jahre schönen Fußball sehen wollte, der hat Richtung Osten geschaut – nach Budapest, Prag und Wien. Elegant war dieser Fußball, technisch fein, fast körperlos. So wollte der FC Bayern auch kicken. Dafür sorgte ab 1930 der Wiener Richard Kohn. Als Spieler und Zauberfuß beim Wiener AC nannten sie ihn „Little" (er war kein Hüne) – und später bei MTK Budapest „Dombi", auf Ungarisch „Kleine Eminenz".
Die kleine, feine Eminenz brachte den Donaufußball nach München – und einen Arbeitseifer, der an einen frühen Pep Guardiola erinnerte. Dombi war Trainer, Fitmacher, Masseur, Geschäftsführer und Organisator in einer Person.

Für die erste Deutsche Meisterschaft des FC Bayern sorgte er 1932 mit einer legendären Finte. Er schottete die Mannschaft vor dem Finale ab, bezog inkognito Quartier im Hotel Württemberger Hof in Nürnberg, kappte Pressekontakte und informierte nicht einmal Präsident Kurt Landauer. Gegner Eintracht Frankfurt wusste also überhaupt nicht, wie und mit wem Dombi spielen wollte.
Resultat: Der FC Bayern gewann 2:0 – und die Spieler trugen ihren Trainer auf Händen zurück ins Hotel. Ein Jahr später hielten düstere Zeiten Einzug in Deutschland, die Nazis vertrieben unseren jüdischen Trainer. Doch bei eingefleischten Bayern-Fans bleibt Dombi unvergessen – genau wie die fantastische Choreo, die ihm die Südkurve 2013 widmete.
August „Gustl“ Starek (1968 bis 1970): Das doppelte Meisterstück
„Niemand war verrückter als ich“, hat sich Gustl Starek selbst beschrieben. Der Wiener Offensiv-Stratege kam 1968 als Deutscher Meister aus Nürnberg nach München – und holte sich die Schale 1969 als unumstrittener Stammspieler mit seinen Bayern gleich nochmal. Das Double gab’s obendrauf.

Zwei Jahre hintereinander mit zwei verschiedenen Clubs Meister – der Gustl machte sozusagen „den Stanišić“. Denn unser Josip schaffte diesen Coup 2024 mit Leverkusen und 2025 mit dem FC Bayern auch.
In Erinnerung bleibt Starek auch als „schwarzer Gustl“ mit amüsanten bis skurrilen Eskapaden. Als er 1971 mit Rapid Wien in Innsbruck spielte, verspotteten ihn die Tiroler Fans so lange, bis er ihnen sein nackertes Hinterteil zeigte – zehn Spiele Sperre! Später relativierte er: Er habe „nur die Geste symbolisch angedeutet“, „die Hose gerichtet“ und das „Maurer-Dekolleté“ kaschiert.
Mittlerweile ist der beste Schafkopf-Spezi von Sepp Maier 80. Seine Sprüche gelten bis heute: „Im Fußball muss man nicht schön sein, das sieht man an mir.“
Max Merkel (beinahe ab 1979): Der wichtigste Österreicher, der nie bei Bayern war
Als der FC Bayern 1979 trotz Star-Besetzung mit Paul Breitner und Kalle Rummenigge (aka „Breitnigge“) heftig kriselte, zog Präsident Wilhelm Neudecker die Notbremse: Er heuerte im Alleingang den peitschenschwingenden Alt-Meistertrainer Max Merkel an, der die Truppe züchtigen sollte.

Dass die Merkel-Verpflichtung – entgegen Neudeckers Versprechungen – fix ist, erfuhren die Spieler von Journalisten am Flughafen. „Mit uns nicht!“, stellten Maier und Breitner klar. Sie probten den Aufstand.
Neudecker tobte, nannte Maier „Anarchist“ und „Gewerkschaftsboss“ – und trat zurück. Uli Hoeneß wurde mit jugendlichen 27 Jahren Manager. Damit hatte Max Merkel, der nie ins Amt kam, für die Geburtsstunde des modernen FC Bayern gesorgt. Dank dem „bestbezahlten Urlauber der Vereinsgeschichte“, so der Maier Sepp über ihn, wurde am Ende doch alles gut an der Säbener Straße.
Andreas Herzog (1995 bis 1996): Beim FC Hollywood im falschen Film
Otto Rehhagel brachte den „Wiener Mozart“ 1995 aus Bremen mit, als feinen Spielmacher und Taktgeber. München war jedoch ein anderes Orchester. „Ich kann bestätigen, dass wir für diesen Spitznamen alles Erdenkliche getan haben“, blickt „Herzerl“ auf den FC Hollywood zurück. Klinsmann, Matthäus, Scholl, Papin – lauter Häuptlinge, keine Indianer.

Als Oliver Kahn ihn am Kragen packte und durchschüttelte, konterte Herzog: „Wenn du mich noch einmal deppert anschaust, haue ich zurück.“ Er hatte trotz Uefa Cup-Sieg genug von Hollywood. Zurück in Bremen blühte er wieder auf. In München blieb ihm die Rolle des sensiblen Virtuosen, vom Lärm übertönt.
David Alaba (2010 bis 2021): Der „Wunderwuzzi“
Der hochbegabte Wiener, Sohn eines DJs aus Nigeria und einer Krankenschwester von den Philippinen, debütierte 2010 mit 17 in der Bayern-„Kampfmannschaft“, wie es bei ihm daheim heißt.
Unter dem Motto „Alaba spielt immer“ erfand ihn Trainer Louis von Gaal neu: „Er ist ein Linksverteidiger, auch wenn er selbst das nicht denkt.“ Spätestens ab 2012 bildete David Alaba auf der linken Seite mit seinem Spezl Franck Ribéry eine Naturgewalt. 2013 das Triple als Linksverteidiger, 2020 das Triple als Abwehrchef – der Wunderwuzzi hielt, was sein Talent versprach.

Bei Real Madrid sind zwei weitere Champions League-Siege dazugekommen. In seiner „zweiten Heimat“ München bleibt David unvergessen – genau wie sein legendäres „Bist du deppert?“, das Spieler aus aller Welt akzentfrei von ihm lernten.
Über den Autor: Unser Kolumnist, der „Balkonpoet“, war schon vor der WM 1974 als kleiner Münchner Bub überzeugt: „Der FC Bayern wird Weltmeister – weil da Franz Beckenbauer und Gerd Müller mitspielen.“
Gut, den Unterschied zwischen Vereinsfußball und Nationalelf musste er noch lernen. Aber an seiner Grundüberzeugung hat sich nichts geändert: Ein Spiel dauert 90 Minuten, und am Ende gewinnt der FC Bayern. Zumindest meistens.
In den Säbener Stories verbindet er jahrzehntelange Bayern-Leidenschaft mit einem amüsanten und unterhaltsamen Blick auf die Mannschaft von heute. Pack ma’s, Vincent!
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