Den Anfahrtsweg, den Innenraum, zahlreiche Gesichter: Sven Ulreich kennt das Stuttgarter Stadion wie seine Westentasche. Nur das Gefühl, dort als Gästekeeper im Tor zu stehen, war dem langjährigen Profi des VfB und jetzigem Torwart des FC Bayern bisher fremd. Es war Ulreichs erstes Spiels gegen seinen Heimatklub - und es war eines der Marke „ausgerechnet“…
„Den Film kann man eigentlich nicht besser schreiben“, war der 29 Jahre alte Rückkhalt baff nach einer Partie, in der Ulreich vieles durchlebt hatte, was man während einer Partie überhaupt durchleben kann: ein kleines Comeback, ein kühler Empfang, eine erste Rettungstat, eine hitzige Schlussphase. „Ich habe ihm vor dem Spiel gesagt, er muss cool bleiben und darf sich nicht provozieren lassen“, ahnte Jupp Heynckes, dass seinem Torwart ein schweres Spiel bevorstehen würde. Herausforderung gemeistert!
„Sachlich und cool“
„Sven war sachlich und sehr cool“, lobt der Bayern-Trainer, „genauso muss sich ein Spieler verhalten. Er hat eine tadellose Leistung gebracht.“ Bereits nach sieben Minuten war Ulreich erstmals gefordert, als er einen Flachschuss von Chadrac Akolo parierte. „Der Ball war gut, um nach der kurzen Pause wieder reinzukommen“, sagte Ulreich, der in den letzten zwei Spielen verletzungsbedingt von Tom Starke vertreten worden war. „Wenn man mal wieder raus ist, muss man das neue Spiel noch fokussierter angehen.“
In seiner alten Heimat fiel ihm das nicht besonders schwer. Siebzehn Jahre kickte Ulreich für den VfB, acht davon als Profi. Kein Wunder, dass ihn das Gastspiel nicht kalt ließ. „Man freut sich, wenn man zurückkommen kann und zeigen kann, was man dazugelernt hat“, so der Schlussmann. Auszeichnen konnte sich Ulreich aber erst in der Schlussphase wieder. Dafür gleich mehrfach: Bei dem Klassereflex gegen Holger Badstubers Kopfball (89.), einem Schlenzer von Akolo (90.+1) - und eben der Schlüsselszene in der 94. Minute, dem Elfmeter von Akolo.
„Ein Garant für Kontinuität“
„Ich hatte beim Elfmeter ein gutes Gefühl“, war Ulreich optimistisch, seinem Team den Sieg sichern zu können. „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft so helfen konnte.“ Der bodenständige Keeper bedankte sich auch bei seinem Torwarttrainer Toni Tapalovic, mit dem er an seinen Elfmeterkillerqualitäten gearbeitet hat, wie er verriet. „Toni bereitet das gut vor. Wir hatten in den letzten Wochen auch das Glück, dass die Bälle dorthin kamen, wo wir sie erwartet haben.“ Auch in Stuttgart hatte Ulreich das richtige Näschen, und so hielt er den Sieg, den Thomas Müller (79.) mit seinem Tor auf den Weg gebracht hatte, fest.
„Beim Elfmeter habe ich mir gedacht: Da ist der Ulle im Tor, der wird das Ding schon halten“, blieb Heynckes trotz des drohenden Verlustes von zwei wichtigen Punkten tiefenentspannt. Er weiß: Auf Ulreich ist Verlass! „Sven ist nicht nur heute ein Garant für Kontinuität in der Leistung gewesen, auch in den letzten Wochen hat er sehr gut gehalten. Er hat sich fantastisch entwickelt, auch mit Unterstützung unseres Torwarttrainers Toni Tapalovic. Da kann man sehen: Wenn jemand Selbstbewusstsein hat, wenn er gut arbeitet, Unterstützung von Kollegen hat, wächst man auch in der Leistung und wird besser. Das ist beim Sven der Fall.“
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