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„Das hilft mir, ein kompletterer Spieler zu werden“

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Bisher verpasste Joshua Kimmich kaum eine Minute der laufenden Saison und in der anstehenden englischen Woche wird er erneut viel Spielzeit sammeln. Ein Grund dafür ist, dass Niko Kovac den 23-Jährigen nicht nur als Außenverteidiger, sondern auch im zentralen Mittelfeld einsetzt. Diese Flexibilität macht den deutschen Nationalspieler umso wertvoller und ist für ihn eine besondere Herausforderung. Im Interview mit fcbayern.com erklärt Kimmich, wie wichtig Flexibilität für junge Spieler ist und bewertet den Saisonstart des Rekordmeisters.

Das Interview mit Joshua Kimmich

Joshua, ihr seid mit zwei Siegen in das Jahr gestartet. Wie bewertest du den Auftakt?
Kimmich: „Es war okay, wenn auch noch nicht alles positiv war. Im ersten Spiel gegen Hoffenheim haben wir eine super erste Halbzeit gezeigt. Aber im zweiten Durchgang war das Spiel offener, da hatten wir teilweise sogar etwas Glück. Gegen Stuttgart war es eine schwächere erste Halbzeit und eine ordentliche zweite. Die Ergebnisse haben gestimmt, die Art und Weise war aber noch nicht ganz so, wie wir uns das vorstellen.“

Wie bekommt man das über 90 Minuten hin?
Kimmich: „Daran arbeiten wir gerade. Wir hatten gute Phasen und müssen nun schaffen, dass wir das diszipliniert durchziehen.“

Du hast gegen Stuttgart wieder zwei Tore vorbereitet und gehörst zu den Top-Vorlagengebern der Liga. Freust du dich über Assists genauso wie über Tore?
Kimmich:
„Ich freue mich natürlich über Tore und Vorlagen, gerade auch deshalb, weil ich damit der Mannschaft helfen kann. Ich bin aber auch zufrieden, wenn ich nicht an Toren beteiligt bin und wir die Spiele gewinnen. Meine primäre Aufgabe ist das Verteidigen. Dafür zu sorgen, dass wir wenige oder keine Gegentore bekommen. Und da müssen wir uns weiter steigern.“

Woran liegt es, dass es defensiv nicht immer zu 100 Prozent passt?
Kimmich:
„Momentan schaffen wir es nicht, über 90 Minuten dominant zu sein. Das Problem liegt nicht nur an der Verteidigung oder am Mittelfeld, sondern der komplette Verbund muss passen. Da müssen wir uns verbessern.“

Für euch steht die erste englische Woche in diesem Jahr an – Leverkusen, Hertha und Schalke innerhalb von acht Tagen. Freust du dich, dass es jetzt wieder richtig losgeht oder wären dir noch ein, zwei Trainingswochen recht gewesen, um spezifisch trainieren zu können?
Kimmich:
„Wir hatten genug Zeit, um Abläufe einzustudieren. Ich denke, dass wir gut vorbereitet sind. Englische Wochen sind für uns Fußballer das Schönste, das es gibt. Man trainiert nicht viel, sondern spielt die ganze Zeit.“

Dabei wird dann vielleicht wieder etwas rotiert und du kommst auf anderen Positionen zum Einsatz. Wie Leon Goretzka und Serge Gnabry bist du nicht auf eine Position fixiert. Ist diese Flexibilität vor allem für jüngere Spieler besonders wichtig?
Kimmich:
„Um als junger Spieler beim FC Bayern Fuß zu fassen, ist es wichtig, variabel einsetzbar zu sein. Normalerweise kommt man nicht mit 18 oder 20 Jahren nach München und der Trainer sagt: Du bist jetzt Stamm-Außenverteidiger. Ich konnte mehrere Positionen spielen und bin dadurch ins Team gerutscht: als Innenverteidiger, Außenverteidiger oder im zentralen Mittelfeld. Somit hatte der jeweilige Trainer immer eine Option, mich einzusetzen. Das hat mir unheimlich geholfen. Aber klar ist das Ziel, sich auf Sicht eine Stammposition zu erarbeiten.“

Macht es Spaß, sich immer wieder auf anderen Positionen neu zu erfinden und auszutesten?
Kimmich:
„Mir macht das Spaß - vor allem die aktuelle Situation, dass ich auf der Sechs und rechts hinten spielen kann. Das sind zwei komplett verschiedene Positionen. Das ist für mich gut, um das Spiel aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Ich lerne dadurch viel. Man benötigt als Rechtsverteidiger ganz andere Fähigkeiten als auf der Sechs. Das hilft mir, um ein kompletterer Spieler zu werden.“

Kannst du ein paar Aspekte beispielhaft nennen?
Kimmich:
„Man läuft auf beiden Positionen relativ viel. Aber als Rechtsverteidiger hat man mehr schnelle und intensive Läufe, auf der Sechs muss man die Position halten und sich dort viel bewegen. Rechts bist du durch die Seitenlinie eingeschränkt, da ist irgendwann Schluss. Im Zentrum kannst du von allen Positionen angespielt werden und das Spiel in alle Richtungen fortsetzen. Man ist gefühlt immer im Spiel, was auf der Außenbahn nicht der Fall ist, wenn der Ball zum Beispiel links ist. Als Rechtsverteidiger kommt man außerdem häufiger in Eins-gegen-Eins-Situationen, als Sechser hat man meist Mitspieler um sich rum, die einem helfen.“

Am 8. Februar wirst du 24 Jahre alt. Was wünschst du dir für diese Saison?
Kimmich:
„Sportlich gesehen würde ich natürlich sehr gerne wieder Deutscher Meister werden. Aber Dortmund macht es im Moment sehr gut. Wir tun gut daran, nur auf uns zu schauen. Wir haben noch viele schwere Aufgaben vor uns, auf die wir uns konzentrieren müssen. Die Situation ist anders als in den letzten Jahren, wir stehen in der Liga nicht ganz vorne. Jedes Spiel zählt. Viele Spiele dürfen wir nicht mehr verlieren - am besten gar keins. Im Pokal will ich gegen die Hertha unbedingt in die nächste Runde, in der Champions League freue ich mich auf die Liverpool-Spiele. Und dann wünsche ich mir natürlich vor allem, dass ich gesund bleibe und auf dem Platz Top-Leistungen abliefern kann.“

Das Interview führte: Marius Achatz