Es war ein großer Schritt, den Alphonso Davies im vergangenen November gemacht hat. Der kanadische Offensivspieler verließ seine Familie und seine Heimat und zog nach München, um sich dort dem FC Bayern anzuschließen. Bereut hat er diesen Schritt keinesfalls, wie der 19-Jährige im Interview mit fcbayern.com erzählt. Seit Januar ist Davies spielberichtigt und konnte sich bereits in die Gesichtsbücher des Rekordmeisters eintragen. Mit seinem Treffer gegen Mainz 05 wurde er zum ersten FCB-Torschützen, der im neuen Jahrtausend geboren wurde. Im Interview spricht Davies über diesen besonderen Moment, seine ersten Monate in München, von welchen Spielern er schon immer beeindruckt war und was es mit seiner Rückennummer auf sich hat.
Das Interview mit Alphonso Davies
Du bist seit fast sechs Monaten in München. Wie hast du dich eingelebt?
Alphonso Davies: „Mir gefällt es hier richtig gut. Es ist natürlich ganz anders als in Kanada. Was mich wirklich verwundert hat, ist, dass sonntags alles geschlossen hat. Normalerweise habe ich sonntags meine Einkäufe gemacht, aber die Geschäfte hatten zu. Jetzt habe ich mich daran gewöhnt, aber das war schon komisch. Das Wetter wird auch immer besser. In meiner Nachbarschaft gibt es sehr viele Cafés und es sind viele Menschen unterwegs. Das ist wirklich schön. Ich hoffe, dass ich noch mehr von der Kultur erleben und vor allem die Sprache lernen kann.“
Was unterscheidet Deutschland von Kanada?
Davies: „Die Leute hier sind sehr aktiv. Sobald sie ein bisschen Sonne sehen, gehen sie nach draußen und genießen das Wetter. In Kanada ist das anders. Wenn die Sonne rauskommt, liegt immer noch Schnee und man kann wenig unternehmen (lacht).“
München und Umgebung bestechen ähnlich wie Vancouver mit einer tollen Landschaft und viel Natur. Konntest du dir schon etwas anschauen?
Davies: „Nein, bisher war ich leider nur in München. Hoffentlich schaffe ich das bald. Ich würde gerne in die Berge gehen. Manu (Neuer, Anm. d. Red.) sagt mir immer, dass ich das tun sollte, weil es unglaublich schön sei.“
Wie gefällt dir München als Stadt?
Davies: „Es ist eine sehr saubere Stadt. Es ist wirklich ein Traum, hier zu leben. Es gibt nicht so viele hohe Wolkenkratzer, alle Gebäude haben eine angenehme Höhe. Das gefällt mir. Ich möchte nicht spazieren gehen und mir immer den Nacken verrenken müssen. Nur mit der Sprache habe ich noch Probleme.“
Wie läuft es mit dem Deutschunterricht?
Davies: „Es ist echt schwer. Ich glaube, Deutsch ist eine der schwersten Sprachen überhaupt. Aber ich habe einen super Lehrer und auch meine Mitspieler helfen mir. Sie ermutigen mich immer, mich zu trauen. Ich will die Sprache unbedingt lernen und habe täglich Deutschunterricht – gerade geht es um viel Grammatik, die ist komplett anders als im Englischen.“
Du meintest nach deiner Ankunft, dass du dich an das Tempo im Training gewöhnen müsstest. Wie geht es dir damit?
Davies: „Ich muss mich immer noch daran gewöhnen. Als junger Spieler ist es nicht leicht, aus Kanada zu kommen und dann in einem der besten Teams der Welt mitzuspielen. Das braucht Zeit, ich muss geduldig sein. Ich weiß, dass ich Fehler machen werde, aber die Jungs sagen mir immer, dass ich sie machen darf. Aus diesen Fehlern muss ich einfach lernen.“
Welcher deiner Mitspieler hat dich am meisten beeindruckt? Von wem kannst du am meisten lernen?
Davies: „Schau dir das Team an, da gibt es keinen Spieler, von dem man nicht lernen will. Aber Thiago bewundere ich sehr. Wir spielen zwar komplett unterschiedliche Positionen. Aber seine Auffassungsgabe auf dem Platz, sein Gefühl, seine Technik, er bleibt immer ruhig. Das ist unglaublich zu beobachten – als Mitspieler und als Fan. Ich habe ihm schon als Kind gerne zugesehen.“
Wie zufrieden bist du mit deinen ersten Einsätzen?
Davies: „Ich bin sehr froh, dass ich schon einige Minuten bekommen habe. Als ich nach München kam, hatte ich keine Ahnung, wo ich stehe. Aber der Trainer hat etwas in mir gesehen. Er hat mir die Möglichkeit gegeben und zum Glück habe ich auch schon mein erstes Tor geschossen. Ich hoffe, da kommen noch viele mehr.“
Was war das für ein Gefühl? Das erste Tor und dann noch in der Allianz Arena.
Davies: „Wow! Ich bin jetzt noch sprachlos. Ich habe getroffen und wollte dann den Robben machen: Auf den Knien rutschen. In einem Video habe ich gesehen, wie er das beim Jubeln gemacht hat. Das wollte ich unbedingt ausprobieren. Er ist ein Vorbild für mich. Ich habe mir früher viele Videos von ihm angeschaut, er ist einfach unglaublich. Ich hoffe, er kann noch ein paar Spiele machen, bevor er geht.“
Du hast auch schon ein paar Spiele für die Amateure gemacht. Das war sicher eine ganz andere Erfahrung, als vor 75.000 in der Arena zu spielen...
Davies: „Ich will in jedem Spiel alles geben, egal wie viele Leute zusehen. Natürlich ist es etwas anderes, wenn du vor 75.000 Zuschauern ins Stadion läufst oder vor 700. Aber sobald das Spiel angepfiffen wird, ist Fußball einfach Fußball. Da will ich spielen und Spaß haben. Ich sehe es auch absolut nicht als Rückschritt. Viele andere Spieler wie Lahm oder Alaba haben auch schon für diese zweite Mannschaft gespielt. Das ist der ganz normale Weg als junger Spieler. Man muss Spielminuten bekommen. Meine Zeit in der Allianz Arena wird noch kommen, wenn ich Geduld habe.“
In den letzten Wochen musstest du verletzt passen. Wie hast du diese Zeit erlebt?
Davies: „Die Verletzung war sehr ärgerlich, da ich pausieren musste, nachdem ich gerade Selbstvertrauen getankt hatte. Außerdem sollte ich mit der Nationalmannschaft nach Kanada. Das war schon ein herber Rückschlag. Ich wollte diese Spiele auch unbedingt machen, da wir sogar in Vancouver gespielt hätten. Dort habe ich lange gelebt, bevor ich nach München kam. Ich habe jeden Tag hart gearbeitet und jetzt ist die Verletzung auskuriert.“
Aufgrund dieser Verletzung musstest du auch das Spiel gegen Dortmund auf der Tribüne verfolgen und hast zum Beispiel beim Verlesen der Aufstellung laut mitgeschrien. Bist du trotz Profi auch noch Fan?
Davies: „Ich bin immer noch ein großer Fußball-Fan und ein Fan des deutschen Classicos. Diese Spiele sind großartig, von enormer Qualität. Ein guter Freund von mir ist Dortmund-Fan – er unterstützt mich, wo er kann. Aber als das Spiel los ging, war er ruhig. Ich wollte ihn anrufen, aber er hat nicht abgenommen (lacht). Zum Glück haben wir gewonnen und stehen jetzt oben.“
Wie wird der FC Bayern in deiner Heimat gesehen?
Davies: „Das ist einer der größten Klubs der Welt. Die Leute haben gestaunt, als bekannt wurde, dass ich hier spielen werde. Mir ging es genauso. Als ich zum ersten Mal in die Kabine kam, war Robben der erste, den ich gesehen habe. Ich konnte es kaum fassen und habe ihn angestarrt. Das war vielleicht nicht so gut (lacht).“
Hat die Nummer 19 eine besondere Bedeutung?
Davies: „Ich hatte die Wahl, zwischen der 14 und der 19. Und dann ist mir aufgefallen, dass ich ab 2019 für diesen besonderen Verein spielen darf. Außerdem werde ich in diesem Jahr auch 19 Jahre alt. Deswegen habe ich mir die 19 ausgesucht.“
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