Nach einem denkwürdigen Abend in der Münchner Allianz Arena rangen alle Beteiligten nach Fassung und den passenden Worten. Bayern-Trainer Niko Kovac sprach von einem „wilden Spiel“, Thomas Müller von einem „verrückten Ding“ und Heidenheims Trainer Frank Schmidt von einem „Wahnsinns-Abend“. Am Ende von 90 turbulenten Minuten setzte sich der FC Bayern im torreichsten Viertelfinalspiel im DFB-Pokal seit 30 Jahren mit 5:4 (1:2) gegen den Zweitligisten durch und steht zum zehnten Mal hintereinander in der Vorschlussrunde.
„Solch ein Spiel mit solch einem Ergebnis habe ich noch nie erlebt“, sagte Kovac sichtlich erleichtert darüber, dass sein Team das bessere Ende für sich verbuchen konnte nach einer Partie, in der alles geboten war: Spannung, Tore, Platzverweis, Aluminiumtreffer, Elfmeter, Videobeweis-Entscheidungen und Comeback-Qualitäten sowohl bei den 77 Minuten in Unterzahl spielenden Bayern als auch beim Underdog aus Heidenheim.
„So ein 5:4, mit Roter Karte und Elfmeter und so weiter und so fort - das gibt es scheinbar nur im Pokal“, meinte Müller kurz nach dem Schlusspfiff. „Ich weiß noch gar nicht, wo und wie ich das einordnen soll.“ Sportdirektor Hasan Salihamidzic war da schon einen Schritt weiter: „Das Spiel kann man gar nicht analysieren und soll es auch nicht. Wir sind weitergekommen, das ist das Positive, alles andere schnell vergessen, schnell löschen. Wir haben am Samstag ein wichtiges Spiel.“
Dabei schien die Begegnung nach dem „grandiosen Start“ (Müller) mit der frühen Führung durch Leon Goretzka (12. Minute) den im Vorfeld erwarteten Verlauf zu nehmen. „Nach meinem 1:0 habe ich schon gedacht, dass es ein entspannter später Nachmittag wird. Aber da haben wir uns selbst einen Strich durch die Rechnung gemacht“, räumte Goretzka ein. Denn was dann folgte, damit hatten weder die Protagonisten auf dem Rasen noch die 75.000 Zuschauer in der ausverkauften Allianz Arena gerechnet.
„„So ein 5:4, mit Roter Karte und Elfmeter und so weiter und so fort - das gibt es scheinbar nur im Pokal“”
Bayern-Profi Thomas Müller nach dem Viertelfinale gegen den 1. FC Heidenheim
Nach dem Platzverweis gegen Niklas Süle (13.) wegen einer Notbremse (Süle: „Von meinem Gefühl im Spiel würde ich sagen, dass man Rot geben kann“) nutzten Robert Glatzel (26.) und Marc Schnatterer (39.) die Unordnung im Spiel der Münchner und drehten vor der Pause die Partie zugunsten der forschen Brenzstädter. „Wir haben sicherlich nicht gut agiert nach dem Platzverweis“, bemängelte Müller. „Das darf nicht passieren, da müssen wir schneller in die Spur kommen und souveräner spielen“, sagte Goretzka.
In der zweiten Halbzeit stellte Kovac auf Dreierkette um und verstärkte mit dem leicht kränkelnden Robert Lewandowski und Kingsley Coman die Offensive. Müller (53.), Lewandowski (56.) und Serge Gnabry (65.) stellten innerhalb von 13 Minuten das Ergebnis auf 4:2 für die Gastgeber. „Wenn man in Unterzahl bei 1:2 so gut aus der Kabine kommt, zeigt das nicht nur Wille, sondern auch Qualität. Das war stark“, so Müller über die vermeintliche Vorentscheidung.
Doch Heidenheim kam durch Glatzels Doppelschlag (74., 77./Foulelfmeter) nochmals zurück, ehe Lewandowski (84./Handelfmeter) den Schlusspunkt hinter einem „verrückten Spiel“ setze und die Energie- und Willensleistung des Rekordchampions belohnte. „Dass wir nach einer 4:2-Führung, die wir uns hart erkämpft haben, wieder auf 4:4 gehen, kann uns nicht gefallen, auch wenn wir in Unterzahl sind“, betonte Müller. „Nicht Bayern-like“ fand es Goretzka, „nach dem 4:2 nochmal das Unentschieden zulassen. Das müssen wir souveräner runterspielen.“
Schon am Samstag (18:30 Uhr) steht das Bundesliga-Spitzenspiel gegen Tabellenführer Borussia Dortmund an. Bis dahin gilt es, die Fehler zu analysieren und abzustellen. „Jetzt müssen wir dieses moralische Plus, dass wir uns vielleicht doch noch erarbeitet haben, nutzen für die nächsten Tage“, forderte Müller. Und Goretzka ergänzte: „Wir werden die Dinge, die heute schlecht liefen, noch einmal besprechen, um am Wochenende ein anderes Gesicht zu zeigen. Wir werden da eine andere Leistung an den Tag legen, da bin ich mir sicher.“
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