Herzlichen Glückwunsch, Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern feiert am Mittwoch seinen 64. Geburtstag. Zu diesem Anlass nahm sich der ehemalige Weltklasse-Stürmer Zeit, um mit fcbayern.com über seine Zukunft, Oliver Kahn und den Saisonstart zu sprechen. Außerdem erklärt Rummenigge, wie die Münchner zukünftig junge Talente an den Profi-Kader heranführen wollen.
Das Interview mit Karl-Heinz Rummenigge
Herr Rummenigge, Sie feiern am heutigen Mittwoch Ihren 64. Geburtstag. Wie werden Sie den Tag verbringen? Und was wünschen Sie sich für das kommende Lebensjahr?
Karl-Heinz Rummenigge: „Ich werde vormittags im Büro sein. Am Nachmittag ist die ECA zu Gast, da werden wir am Abend zusammen aufs Oktoberfest gehen. Als ich vor zwei Jahren mein Amt bei der ECA niedergelegt habe, habe ich meine Kollegen aus dem Gremium schon einmal auf die Wiesn eingeladen, und das hat einen so nachhaltig positiven Anklang gefunden, dass sie das unbedingt wiederholen wollten. Heute ist der perfekte Zeitpunkt dafür.“
Das klingt nach viel Arbeit und wenig Entspannung am Geburtstag?
„Das ist keine Arbeit. Alles was mit Fußball zu tun hat, ist für mich angenehm.“
Positiv waren auch die letzten beiden Heimspiele. Wie lautet Ihr erstes Zwischenfazit in der noch jungen Saison?
„Wir haben von sieben Spielen fünf gewonnen, dazu in Leipzig ein Unentschieden mit hoher Qualität erlebt. Lediglich das Ergebnis im Eröffnungsspiel gegen Hertha BSC war ein bisschen schmerzhaft. Wenn wir da gewonnen hätten, wären wir jetzt Tabellenführer. Wir können mit dem Start dennoch sehr zufrieden sein und müssen zusehen, dass wir in den nächsten Spielen gegen Paderborn, Tottenham und Hoffenheim das Maximum rausholen. Dann können wir relativ zügig Tabellenführer werden – und das ist unser Ziel.“
„„Ich glaube, dass wir seine beste Zeit erst noch sehen werden.“”
Karl-Heinz Rummenigge
Ist Tottenham der erste richtige internationale Härtetest?
„Ja, und dafür gibt es zwei Gründe. Erstens waren sie im vergangenen Jahr im Finale. Zweitens muss man klar und deutlich sagen, dass die Premier League im Moment stärker als die Bundesliga ist, sie ist in einer besseren Verfassung. Wir werden dort einen guten Tag brauchen. Ich freue mich auf das Spiel. Die Kulisse wird toll, das Stadion ist zumindest das teuerste der Welt. Ich kenne es selbst noch gar nicht, werde erstmals dort sein. London ist immer eine Reise wert.“
In der vergangenen Saison wurde der Titel erst am letzten Spieltag zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund entschieden. Aktuell hat sich RB Leipzig an der Tabellenspitze positioniert. Gibt es in dieser Spielzeit gar einen Dreikampf um den Titel?
„Dafür ist es noch etwas zu früh. Man kann erst nach dem zehnten Spieltag sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Es ist wichtig, dass wir von Anfang an dabei sind. Wir sollten uns nicht erlauben, wie im letzten Jahr neun Punkte Rückstand zu haben. Wir haben einen Top-Kader und können optimistisch in die Zukunft schauen.“
Sie haben den Kader schon angesprochen: Sechs Spieler haben den Verein im Sommer verlassen, sechs neue sind gekommen. Wie zufrieden sind Sie bislang mit den Neuzugängen?
„Es haben uns speziell mit Franck Ribéry und Arjen Robben wichtige Spieler verlassen. Aber auch die anderen, mit denen wir im letzten Jahr das Double gewonnen haben, dürfen wir nicht vergessen. Allerdings können wir mit dem Transfermarkt und den Neuzugängen sehr zufrieden sein. Philippe Coutinho steht sicherlich an der Spitze, er hat Weltklasse-Format. Das ist immer deutlicher zu erkennen. Er macht den Unterschied und hat in Robert Lewandowski den perfekten Partner gefunden. Von diesen beiden können wir uns für die Zukunft noch viel erhoffen. Aber auch Ivan Perišić hat die Erwartungen absolut erfüllt. Ebenso die beiden französischen Weltmeister, die wir geholt haben. Benjamin Pavard schätze ich sehr, weil er ein wirklich guter Spieler und bescheidener Mensch ist. Lucas Hernández war der teuerste Transfer in der Geschichte des FC Bayern. Ich glaube, dass wir seine beste Zeit erst noch sehen werden. Man darf nicht vergessen, dass er eine rund fünfmonatige Verletzungspause hinter sich hat. Dazu noch Michaël Cuisance und Fiete Arp, die beide vielversprechende Talente sind. Wir wollen in Zukunft die Positionen 17, 18, 19 und 20 im Kader mit jungen Kräften besetzen, die perspektivisch eine Chance haben, mit einer gewissen Kontinuität zu spielen.“
Die jungen Spieler wie Arp, Cuisance oder Alphonso Davies kamen immer wieder in der zweiten Mannschaft zum Einsatz. Ist das der Weg der Zukunft?
„Es gibt zwei Wege: Zum einen über die zweite Mannschaft, das hat man am letzten Wochenende gesehen. Am Samstag waren Davies und Cuisance bei den Profis im Kader, und am Sonntag haben sie beide bei unseren Amateuren einen wichtigen Beitrag geleistet, den FC Ingolstadt zu schlagen, der vor kurzem noch in der Bundesliga gespielt hat. In der 3. Liga sind unsere vielversprechenden Talente wesentlich mehr gefordert als in der Regionalliga Bayern. Der zweite Weg ist, dass wir ein paar Spieler abgegeben haben, aber bei nahezu allen eine Rückkaufoption besitzen. Sie sind nun alle in der Bundesliga oder in der 2. Liga, man muss diese Spieler beobachten. Das sind junge Talente, und für sie ist es wichtig, dass sie in einer gewissen Kontinuität spielen. Nur so können sie sich entwickeln. Bei der Qualität des Kaders unserer Profi-Mannschaft ist das nicht ganz so einfach. Daher ist es entscheidend, dass wir in der 3. Liga spielen. Aber wenn einer das Talent für die 2. oder 1. Liga hat, darf man ihm das nicht verweigern, sondern muss Lösungsansätze finden. Und das haben wir im Sommer getan.“
Ihr Vorstandskollege Jan-Christian Dreesen hat kürzlich Rekordzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2018/19 präsentiert. Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage des FC Bayern?
„Seit 17 Jahren sind wir eine Aktiengesellschaft und ich glaube, man darf mit der Entwicklung sehr, sehr zufrieden sein. Wir haben uns vom ersten Tag an vorgenommen, sowohl den Umsatz als auch den Gewinn permanent zu steigern. Das haben wir bisher immer geschafft. Zum Ende der letzten Saison konnten wir über 750 Millionen Umsatz sowie einen All-Time-High-Gewinn präsentieren. Das ist wichtig und zeigt, dass der FC Bayern sportlichen Erfolg hat und trotzdem extrem seriös und solide wirtschaftet. Ich muss sagen, dass es mich schon ein wenig stolz macht, dass wir wirtschaftlich kontinuierlich top aufgestellt sind. Das Talent als Fußballer wurde mir in die Wiege gelegt, klar musste ich mir dazu noch einiges erarbeiten. Aber die Management-Tätigkeit beim FC Bayern musste ich mir völlig neu aneignen.“
Im Januar wird Oliver Kahn beim FC Bayern einsteigen und sich an Ihrer Seite einarbeiten. Wie dürfen wir uns das konkret vorstellen? Beginnt die Zusammenarbeit erst im Januar? Oder tauschen Sie sich schon jetzt regelmäßig aus?
„Ich hatte mit Oliver Kahn schon diverse Gespräche. Es ist wichtig, dass er den FC Bayern von Anfang an aufs Neue kennenlernt, denn es hat sich hier schon einiges total verändert. Oliver hat relativ schnell gesehen, wie groß der FC Bayern geworden ist. Die gesamte Fußballbranche hat sich betriebswirtschaftlich verändert. Ich werde ihn unterstützen und ihm am 31. Dezember 2021 den Staffelstab übergeben – er wird es bestens machen. Ich habe überhaupt keine Sorge, dass das nicht reibungslos laufen wird.“
Und Sie können sich dann in aller Ruhe zurücklehnen und einen neuen Lebensabschnitt genießen?
„Ich werde jetzt 64 Jahre und es gibt den schönen Song: ,When I’m 64‘. Das ist von den Beatles, meiner Lieblings-Band, daher ist mir dieses Lied sehr im Hinterkopf. Ich bin glücklicherweise nach wie vor fit. Der Job hat mir immer Spaß gemacht, aber ich war schon immer ein Mensch, der wusste, dass man die Dinge irgendwann an Jüngere übergeben muss. Das musste ich damals schon als Spieler, und da hat es mir mehr Sorge bereitet als jetzt, weil ich noch gar nicht wusste, was ich nach meiner aktiven Karriere machen will. Ich habe eine tolle Familie und ein sehr schönes Leben. Nach meinem Abschied werde ich den Fußball und insbesondere den FC Bayern sicher weiter verfolgen – und ihm die Daumen drücken.“
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