
Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München eV und Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG, spricht in einem Interview über die aktuellen Entwicklungen bezüglich der Ausbreitung des Coronavirus sowie über die Maßnahmen des FC Bayern.
Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen, die aktuelle Situation um die Coronavirus-Epidemie?
Hainer: „Die Bayerische Staatsregierung hat am Montagvormittag den Katastrophenfall ausgerufen, das zeigt den Ernst der Lage. Beim FC Bayern geht es nun darum, sich in diesen für uns alle schweren Tagen im Rahmen unserer Möglichkeiten ganz im Sinne der Gesellschaft und der Solidarität einzubringen. Die Gesundheit und der Zusammenhalt in der Bevölkerung sind nun von höchster Bedeutung. Es geht darum, Vertrauen zu haben, zusammen zu stehen und eine Ausbreitung des Virus unter allen Umständen zu verlangsamen. Wir als FC Bayern möchten versuchen, ein Vorbild in unserem täglichen Handeln zu sein. Das ist ein wichtiger Beitrag, den wir als Verein leisten können. Und eines ist ja auch klar: Trotz aller Herausforderungen – es gibt aktuell größere Probleme und Sorgen als die des Fußballs.“
Gibt es bei Ihnen einen Krisenstab, der die Lage täglich neu bewertet und Maßnahmen beschließt?
„Wir sind in permanentem Austausch, intern sowohl auf Führungsebene untereinander als auch mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, extern mit den zuständigen Behörden, Ämtern und natürlich mit den Fußballverbänden. Es gibt keine Blaupause und kein Patentrezept, aber wir unternehmen alles, um diese schwierige Situation zu meistern.“
Karl-Heinz Rummenigge hat auf finanzielle Herausforderungen für die Liga hingewiesen. Wie stufen Sie das als Aufsichtsratsvorsitzender ein?
„Die Lage ist sehr angespannt, es geht um die Existenzen einzelner Vereine. Unser Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge ist auf der DFL-Sitzung involviert, und am Dienstag findet die Videokonferenz der UEFA statt. Sobald es neue Erkenntnisse gibt, werden wir unsere Fans schnellstmöglich über die Entwicklungen informieren. Uli Hoeneß hat das am Sonntag richtig gesagt: Für diese Situation gibt es kein Handbuch zum Nachschlagen. Wir müssen alle lernen, mit dieser Situation umzugehen. Diese beiden Sitzungen der Spitzen des Fußballs sind wichtig, aber jeder weiß: In diesen Tagen muss man bei Beschlüssen flexibel bleiben und die Situation täglich neu bewerten.“
Was macht der FC Bayern, um seine Spieler zu schützen? Gibt es Vorgaben für die Freizeit an die Spieler, etwa Reisebeschränkungen (gerade bei ausländischen Profis)?
„Wir unternehmen natürlich alles, um die Spieler und ihre Familien zu schützen. Die Gesundheit ist das wichtigste Gebot. Man darf das alles nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich finde es übrigens gro ßartig, wie einige unserer Spieler über die sozialen Medien mit einfühlsamen Appellen dazu aufgerufen haben, jeder möge sich für die Gesellschaft einbringen, sich zurücknehmen, wenn möglich anderen helfen und die offiziellen Anweisungen der Behörden ernstnehmen. Viele schlossen ihre Statements mit dem Satz, dass sie hoffen, dass wir alle uns bald wieder gesund in einem Fußballstadion sehen. Dem kann ich mich, kann sich unser ganzer Verein nur anschließen.“
Was unternimmt der FC Bayern bei seinen Mitarbeitern?
„Wir geben allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Zudem arbeiten wir weitere Arbeitsmodelle aus. An erster Stelle steht die Gesundheit der Belegschaft inklusive deren Familien. Es geht darum, die Menschen fortlaufend zu informieren, transparent und ansprechbar zu sein. Natürlich besteht Verunsicherung unter den Menschen, und hier versuchen wir, allen klar zu vermitteln, dass der FC Bayern an ihrer Seite steht und jederzeit bereitsteht, falls es Sorgen oder offene Fragen gibt.“
Sehen Sie akute finanziellen Gefahren für den FC Bayern?
„Auch für den FC Bayern bedeutet diese wirtschaftliche Krise, die die Situation mit sich bringt, natürlich eine große Herausforderung. Aber der FC Bayern ist hervorragend aufgestellt und wir arbeiten Tag für Tag, dass der Verein diese spezielle Zeit gut übersteht. Wir blicken trotz dieser immensen Herausforderung, die wir alle nur gemeinsam bewältigen können, zuversichtlich in die Zukunft.“
Welche Erwartungen haben Sie an die UEFA-Sitzung am Dienstag, gerade mit Blick auf die geplante EM im Sommer und die Europapokalwettbewerbe?
„Diese anstehende EM im Juni, die ja in ganz Europa stattfinden wird, steht nun natürlich besonders auf dem Prüfstand. Eine Ausrichtung des Turniers nach aktuellem Stand der Dinge kann ich mir zum jetzigen Zeitpunkt beim besten Willen nicht vorstellen. Aber hier warten wir natürlich die Ergebnisse der Videokonferenz ab.“
Der FC Bayern muss ja in dieser Zeit auch schon die Zukunft planen? Welchen Einfluss hat die aktuelle Corona-Krise auf Personalien wie die offene Trainerfrage, geplante Vertragsverlängerungen wie mit Manuel Neuer und mögliche Transfers im Sommer?
„Unsere sportliche Leitung um Hansi Flick und Hasan Salihamidžić meistert diese noch nie dagewesene Situation sehr gut. Transfers und Vertragsverlängerungen sind Sache des Vorstands, der dann mit entsprechenden Details auf den Aufsichtsrat zukommen wird. Abschließend möchte ich aber jetzt noch einmal betonen, dass jeder Einzelne von uns seinen Beitrag leisten kann, diese Krise zu meistern. Ich appelliere hier an alle, ganz im Zeichen der Vernunft zu agieren. Noch einmal: Jeder Einzelne ist gefragt. Jeder Einzelne ist nun wichtig.“
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