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Thomas Müller: „Man darf sich nie runterziehen lassen“

Am Montag erscheint das Buch „Thomas Müller – Mein Weg zum Fußballprofi“. Der Bayern-Offensivmann beschreibt dort seine Anfänge beim FC Bayern, spricht über Werte, die er vermitteln möchte, und will dabei vor allem Kinder zum Lesen animieren. Das ausführliche Gespräch mit ihm gibt es in unserem Mitgliedermagazin „51“ (Anm. d. Red: Die abgebildeten Illustrationen sind nicht aus dem Buch entnommen, ©R. Fresson/JSR).

Thomas, gleich zu Beginn deines Buchs lernt man: So richtig im Familien-, Bilderbuch-, Fußball-Idyll bist du ja gar nicht aufgewachsen… weißt du, was ein Skandal ist?
„Hmm, also einen Sechzger-Fan hatten wir nicht in der Familie… Was soll der Skandal gewesen sein?“

In deinem Kindergarten war Fußballspielen verboten.
(lacht) „Ach so, ja stimmt. Heute würde man das wohl „Trainingssteuerung“ nennen. Damals hat man als Kind von seinen Eltern einfach nur einen gewissen Hosensatz pro Monat bekommen, und wenn du da im Kindergarten hättest kicken dürfen, wäre der schnell durchgewesen. Aber nein, im Ernst: Ganz so harte Zeiten waren es nicht. Zum Fußballspielen hatten wir genügend Möglichkeiten.“

Früh im Buch heißt es: „Fußball war immer mein Traum, aber ich bin ihm nie verkrampft hinterhergelaufen“ – ist das schon ein Großteil der Erfolgsformel Thomas Müller?
„Man muss ja sagen: Ab der 70. Minute bin ich dem Ball schon manches Mal verkrampft hinterhergelaufen… aber der Profession insgesamt nicht, das stimmt. Ich habe mich von klein auf als Wettkämpfer gesehen: Ich will gewinnen. Da habe ich Spaß dran. Schon beim „Mensch ärgere dich nicht“ ging es rund. Jedes kleine Kind will immer gewinnen. Aber ich denke, bei denen, die später Leistungssportler werden, ist das ausgeprägter.“

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Ist es eigentlich komisch, plötzlich ein Buch über sich selber in der Hand zu halten?
„Naja, es wurde schon viel über mich in den Medien geschrieben, und es zirkulieren auch seit Ewigkeiten Kinderfotos von mir, die wir mal rausgegeben haben – ich habe da ja nix zu verstecken. Ich hatte eigentlich nicht das Gefühl, dass es um mich noch große Geheimnisse gibt. Ich finde es cool, wenn die Kids mehr Spaß fürs Lesen entwickeln. Wir haben zuvor schon zwei andere Bücher gemacht, die wurden beim Autogrammegeben öfter stolz gezückt, und die Eltern sagten: „Endlich hat der Bub‘ mal was gelesen! Danke – wann gibt es das nächste?“ Und genau so soll es sein: Die Kinder sollen Lust haben, Bücher zu lesen. Denn lesen bildet nun einmal.“

Wie ist das, wenn man ein Buch schreibt? Man möchte ja einen Eindruck hinterlassen. Man möchte, dass der Leser etwas aus seinem Buch mitnimmt.
„Für mich war ein schöner Antrieb, dass man auch ein paar Werte transportieren kann. Wenn sich der eine oder andere von den Kids später an das Buch erinnert und sagt: „Okay, jetzt hole ich auch mal meinen Kampfgeist raus!“, wäre das eine feine Sache. 

Es ist nicht alles immer nur geradlinig vorangegangen. Beim allerersten Juniorenspiel für den FC Bayern bist du bei einem 3:0-Sieg auf der Bank gesessen. Kalt und hart, heißt es im Buch – dir war klar: Das wird nicht mein Stammplatz.
„Wir haben damals zwar beim FC Bayern gespielt, weil wir die Besten aus unserem Jahrgang waren. Aber es hieß bei uns nie: Du musst der nächste David Beckham werden, und wenn du es nicht wirst, bist du der Schlechteste von allen. Heute wird alles viel früher professionalisiert, und darin sehe ich schon ein Problem. Es ist sicher nicht so leicht, sich eine gewisse Unbekümmertheit zu erhalten. Im Leben kriegt man manchmal eine mit - aber das kann einen sogar voranbringen. Man darf sich nie runterziehen lassen. Ich sage mir dann immer: Ich muss aufholen oder andere Wege finden, erfolgreich zu sein. Das Wichtigste ist, zwar zu analysieren, aber nie zu lange nach hinten zu schauen. Man hat es meist in der eigenen Hand.“

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Und dass du wegen deiner schlaksigen Art oft „Storchenbein“ oder „Goofy“ genannt wurdest, störte dich auch nie.
„Wenn ich provoziert wurde, habe ich mich auf den sportlichen Wettkampf konzentriert. Da können die Leute „Storchenbein“ und sonstwas sagen – wenn du am Ende 2:0 gewinnst, hast du Respekt.“

Wann wusstest du, dass es was werden könnte mit der Karriere als Profifußballer?
„Bei den Bayern-Junioren wurde Jahr für Jahr aussortiert. Ich wollte immer beweisen, dass ich die nächste Stufe draufhabe. Bundesligaprofi, daran habe ich null gedacht. Die ersten Gedanken, es könnte klappen, hatte ich dann ab der A-Jugend. Damals bekam ich ein Profiangebot vom FC Augsburg und merkte, okay, jetzt geht es in die Richtung. Aber ich hatte nie Verständnis für die Jungen, die die Schule nach der neunten Klasse abgebrochen haben. Das ging mir nie in den Kopf.“

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Du hast dein Abitur gemacht und sogar ein Studium der Naturwissenschaften erwogen, weil dir Mathe, Physik und Chemie Spaß gemacht hatten.
„Das Studium war der Back-Up – und ganz wichtig aus meiner Sicht. Ich würde immer raten, eine Alternative zu haben. Obwohl es anstrengend war, hatte ich auf diese Weise einen festen Rahmen. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht: Ist das alles den ganzen Aufwand wert? Das war für mich das normale Leben. Und ich war glücklich. Sonst hätte ich das nicht durchgezogen, sicher nicht. Fußball war für mich zentral. Computer habe ich schon auch gezockt, aber ich hatte nie das Gefühl, ich verpasse jetzt das nächste Level im Onlinegaming, weil ich im Zug zum Training in München sitze. Die Prioritäten waren klar verteilt.“

Und dann bist du eines Tages wirklich in der Profikabine gesessen, als Jungspund – im Buch heißt es, dein Sitzplatz war unter den verschwitzten Pulsgurten und neben Lucio.
„Ich war anfangs in der Kabine schon nervös. Auf dem Platz, im Training, wenn der Ball rollt, bist du im Automatenmodus, da ist alles super. Mit dem Abstand von nun über zehn Jahren würde ich gerne als 30-jähriger Thomas Müller jetzt noch einmal diesen jungen Thomas Müller sehen und prüfen, wie er sich damals so eingeführt hat. Ich war damals in einem Tunnel, ich kann es nicht sagen, wie ich nach außen gewirkt habe. Auf den Mund gefallen war ich nicht. An Lucio habe ich mich in der Kabine trotzdem nicht so recht rangetraut, da war der Respekt schon groß.“

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Im Buch verrätst du, dass du nach dem Finale dahoam 2012 allen Teamkollegen eine SMS geschrieben hast: „Kopf hoch Jungs. Das, was gestern Abend passiert ist, tut extrem weh, aber nächstes Jahr schlagen wir zurück.“
„Es war ein unglaublich negativer Tag. Aber Pferde kennen keinen Sonntag. Lisa hat mich also mitgeschleift in unseren Stall, sie kannte kein Erbarmen, und das war vielleicht ganz gut für mich. Ich schrieb den anderen dann diese SMS, Kopf hoch, nächstes Jahr haben wir wieder die Chance… ich glaube, ich habe das eingetippt, um meinen eigenen Kopf von all dem Druck an dem Tag zu befreien. Dass wir den Titel gleich im Jahr drauf gewonnen haben, passt jetzt natürlich im Nachhinein schön in die Geschichte rein.“

Wie wichtig ist dir das Thema Dankbarkeit auf deinem eigenen Weg?
„Der Antrieb muss zunächst von einem selbst kommen. Letztlich bin ich ja ganz allein jeden Tag im Zug gesessen oder habe Laufrunden gedreht bei Wind und Wetter. Aber natürlich bin ich dankbar für all die Unterstützung, angefangen bei meiner Familie bis über die verschiedenen Trainer. Alleine schafft man gar nichts – aber ohne die eigene Einstellung geht es genauso wenig. Wenn du hinfällst, bist in erster Linie du selbst verantwortlich, wieder aufzustehen.“

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