Als Profi musst du immer bereit sein. Marc Roca ist dafür ein Musterbeispiel. Der 25-Jährige trainierte jeden Tag fleißig, bis seine Stunde schlug. Auch außerhalb des Spielfelds lebt er höchstprofessionell - und wurde nun belohnt.
Das Interview mit Marc Roca
Marc, heute ist es üblich, dass Profis alles tun, um ihre optimale Leistung zu bringen. Auch du hast bereits vor Jahren begonnen, deinen Horizont außerhalb des Trainings zu erweitern.
„Schon als ich 16 oder 17 Jahre alt war, sagte mir mein Coach, dass wir versuchen sollten, uns die Aktionen vorzustellen, die während des Spiels passieren könnten. Nach und nach habe ich mich in diese Methode vertieft. Jeder entwickelt seine eigenen Herangehensweisen, um sich zu konzentrieren.“
Nachdem du an den ersten 14 Bundesliga-Spieltagen keine einzige Minute auf dem Platz gestanden hast, bist du ein gefragter Spieler beim FC Bayern geworden. Hast du selbst daran geglaubt, dass sich deine Rolle so schnell ändern könnte?
„Ich denke, dass ich und alle Spieler hier stets fokussiert trainieren. Wir müssen alle immer bereit sein. Meine Chance kam etwas später, aber ich habe immer versucht, so gut wie möglich zu trainieren, mich auf mich selbst zu konzentrieren und ein bisschen besser zu sein als gestern, damit ich, wenn es soweit ist, bereit bin.“
Der entscheidende Wendepunkt war für dich das Spiel Mitte Dezember gegen Stuttgart, bei dem du von Beginn an gespielt hast. Julian Nagelsmann hat dich anschließend umarmt und in der Kabine vor der Mannschaft gelobt.
„Das hat sich natürlich alles sehr gut angefühlt. Für mich war es ein sehr wichtiges Spiel. Julian Nagelsmann hat mir schon in der Zeit davor immer geholfen. Er hat mir gesagt, was ich verbessern kann, um dem Team zu helfen. Ich habe auf ihn gehört, wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Diese Umarmung hat mir sehr viel bedeutet, weil sie seine Wertschätzung ausgedrückt hat. Es ist sehr wichtig, dass der Trainer mit seinen Spielern kommuniziert, sowohl mit denen, die spielen, als auch mit denen, die nicht spielen. Er sorgt so dafür, dass in der Kabine eine gute Atmosphäre herrscht. So können wir alle das Beste aus uns herausholen.“
In einem Interview mit einer spanischen Sportzeitung hast du kürzlich einmal gesagt, die Bayern würden den Ball wie die Wölfe jagen. Was genau meinst du damit?
„Ich habe das gesagt, weil es in Spanien nicht üblich ist, dass du nach einem Ballverlust den Druck auf den Gegner gleich so schnell wieder erhöhst wie bei uns, sondern du arbeitest nach hinten und verteidigst als Team. Der Schlüssel zum Erfolg ist bei uns dieses extreme Gegenpressing, das ich persönlich sehr interessant finde. So gibst du dem Gegner kaum Möglichkeiten und Zeit, seinen eigenen Angriff aufzubauen.“
Bist du jetzt ein bayerischer Wolf?
„(lacht) Ich versuche jedenfalls immer, der Mannschaft zu helfen. Auf der Sechserposition ist es in diesem System eine zentrale Aufgabe, nach vorne zu verteidigen und schnell den Kontakt mit dem Gegner zu suchen. Mir gefällt die Spielidee von Julian Nagelsmann.“
Das Thema Identität spielt im spanischen Fußball seit jeher eine große Rolle - wie erlebst du die Identität des FC Bayern, auf dem Platz und neben dem Platz: Wofür steht dieser Club?
„Der FC Bayern ist nicht nur ein großer Verein, sondern auch sehr familiär. Für mich ist es eine Ehre, hier spielen zu dürfen, in einem Club voller Legenden. Was hier extrem ausgeprägt ist, ist diese unglaubliche Siegermentalität. Bei Bayern wollen alle immer besser werden, jeden Tag, sich ständig noch einmal toppen. Das passt zu meiner Mentalität. Mir war es außerdem auch wichtig, die Sprache schnell zu lernen, um die Kultur hier besser verinnerlichen zu können. Ich verstehe so gut wie alles und kann mich gut unterhalten.“
„Wenn es schlechte Zeiten sind, dann arbeitet er mehr.“ Das hat dein Landsmann Javi Martínez, mit dem du in deiner ersten Bayern-Saison noch zusammengespielt hast, über dich gesagt. Hat er recht?
„Was ich sagen kann, ist, dass ich gerne hart arbeite, sowohl wenn es gut läuft als auch, wenn es nicht so gut läuft. Ich versuche immer, über mich hinauszuwachsen. Wir spielen auf höchstem Niveau, wir sind eines der drei besten Teams auf der Welt, da musst du immer hundert Prozent geben. Du musst immer die Perfektion anstreben.“
Welche neuen Fähigkeiten hast du in den ersten eineinhalb Jahren beim FC Bayern erworben?
„Ich bin ein viel kompletterer Spieler als bei meinem Wechsel. Mein Stellungsspiel hat sich verbessert, mein Zweikampfverhalten, die Art und Weise, das Spiel zu lesen… In Spanien war der Fußball langsamer, mit mehr Unterbrechungen, hier ist alles schneller. Es geht mehr hin und her. Da musste ich mich erst anpassen, aber damit komme ich inzwischen sehr gut zurecht.“
Von welchen Spielern hast du dir besonders viel abgeschaut?
„Eines meiner Vorbilder ist Xabi Alonso, der eine lange Zeit hier war. Ich finde, er hat meine Position perfekt gespielt, stand immer richtig, hat defensiv gut mitgearbeitet, aber auch im offensiven Spiel die Angriffe eingeleitet und dem Team insgesamt sehr viel Ruhe gegeben. Ich denke, er ist einer der besten Mittelfeldspieler, die es je gab. Leider habe ich bisher noch nie mit ihm sprechen können. Das würde mich freuen, weil er mir sicher wertvolle Tipps geben könnte. Vielleicht ergibt es sich mal.“
Dein Vertrag beim FC Bayern läuft bis 2025. Was sind deine Ziele bis dahin?
„Ich versuche, mich jeden Tag auf meine Aufgaben zu konzentrieren und so viel wie möglich zum Erfolg der Mannschaft beizutragen. Alles Weitere wird sich ergeben. Aber ich fühle mich sehr wohl und würde gerne noch viele Jahre hier sein. Hoffentlich können wir viele Titel gewinnen - das ist jedenfalls unser Ziel. Entscheidend ist, jeden Tag hart zu arbeiten. So habe ich es immer gehalten - und so werde ich weiter vorgehen.“
Das ausführliche Interview gibt es in der Februar-Ausgabe des FC Bayern Mitgliedermagazin „51“. Dort lest Ihr auch über den Trainergipfel von Andrea Trinchieri und Julian Nagelsmann:
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