Die Liste der Hoffenheimer Akteure, die eine Bayern-Vergangenheit haben, ist lang. TSG-Cheftrainer Sebastian Hoeneß arbeitete drei Jahre am FC Bayern Campus und gewann mit den Amateuren 2020 die historische Drittliga-Meisterschaft als Aufsteiger. Verteidiger Chris Richards (21 Jahre) und Mittelfeldspieler Angelo Stiller (20) waren Teil dieser Meisterschaft-Mannschaft. Auch Stratege Sebastian Rudy (32) und Abwehrmann Justin Che (18) liefen bereits im Münchner Trikot auf. „Ich weiß, wie es ist, wenn man seine Heimat verlässt. Ich versuche immer, viel mit ihm neben dem Platz zu unternehmen“, sagt US-Nationalspieler Richards im Interview mit fcbayern.com über Landsmann Che. „Er ist wie ein kleiner Bruder für mich.“ Che hat die TSG vom FC Dallas, dem Partnerverein des FC Bayern, ausgeliehen, Richards vom FC Bayern - uns das bereits zum zweiten Mal.
Während der in Birmingham/Alabama geborene Richards im Bundesliga-Topspiel am Samstag (15:30 Uhr) gegen den FC Bayern wegen einer Sprunggelenksverletzung ausfallen wird, ist der in München geborene Stiller einsatzfähig. Der Linksfuß war elf Jahre für den FCB aktiv und wechselte im vergangenen Sommer die Seiten. Im Interview sprechen Richards und Stiller über das Topspiel, die Ausbildung am Campus, WhatsApp-Gruppen mit Bayern-Spielern und Gänsehaut-Momente.
Das Interview mit Chris Richards und Angelo Stiller
Servus Ihr beiden! Am Samstag gastiert der Tabellenführer beim Bundesliga-Vierten. Wie stehen die Hoffenheimer Chancen?
Chris Richards: „Wenn man gegen Bayern spielt, ist es immer ein Topspiel. Ange und ich waren selbst bei Bayern aktiv, deshalb bedeutet die Partie nochmal ein bisschen mehr für uns. Auch weil wir mit ein paar Spielern - zum Beispiel Phonzie und Jamal - noch bei den Amateuren zusammengespielt haben. Die Münchner sind gut drauf und haben nur Top-Spieler. Trotzdem wollen wir punkten.“
Angelo Stiller: „Ich war eine sehr lange Zeit bei Bayern, deshalb freue ich mich sehr auf das Spiel. Es ist immer etwas Besonderes und man ist nochmal ein Stück mehr motiviert.“
Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die Ihr in Eurer Zeit beim FC Bayern gelernt habt?
Richards: „Ganz klar die Gewinnermentalität. Bei Bayern spielst du jedes Jahr in der Champions League, in der Bundesliga und im Pokal um Titel. Sie wollen immer oben bleiben, Jahr für Jahr. Es ist schwer, an die Spitze zu kommen, aber es ist noch schwieriger, oben zu bleiben. Ich habe gelernt, dass ich in jedem Spiel meine beste Leistung bringen muss.“
Stiller: „Für mich ist es die „Mia San Mia“-Mentalität. Damit bin ich groß geworden. Ich habe am Campus gelernt, was es heißt, für den FC Bayern zu spielen. Ich habe es in meiner Bayern-Zeit jeden Tag geschätzt, das Logo auf der Brust zu tragen.“
Welche Momente im Bayern-Dress sind Eure Favoriten?
Richards: „Oben in der Liste steht auf jeden Fall die Drittliga-Meisterschaft 2020 mit den Amateuren. Außerdem mein Startelfdebüt gegen Hertha BSC mit meiner Vorlage für Robert Lewandowski und mein Startelfdebüt in der Champions League gegen Salzburg. Auch mein erstes Amateure-Derby gegen 1860 München werde ich nie vergessen, die Stimmung war atemberaubend.“
Stiller: „Klar, die Drittliga-Meisterschaft fällt mir da auch als erstes ein nach einer furiosen Rückrunde. Auch mein Champions League-Debüt bei Atlético Madrid war echt besonders. Aber auch die vielen Youth League-Spiele (Die YL-Saison 2019/2020 war die beste der Bayern-Geschichte; Stiller war der beste Vorlagengeber des Wettbewerbs, Anm. d. Red.) habe ich immer genossen, da hat man sich mit den besten Talenten in Europa gemessen. Leider sind wir 2020 im Achtelfinale knapp an Zagreb gescheitert.“
Chris, Du bist aktuell zum zweiten Mal nach Hoffenheim ausgeliehen. Angelo, Du bist im Sommer 2021 fest zur TSG gewechselt. Wie bewertet Ihr rückblickend diese Schritte?
Richards: „Natürlich war der Trainer ein Faktor. Ich habe Sebastian Hoeneß bereits in der gemeinsamen Zeit am Campus gut kennengelernt. Die TSG ist ein super Verein, in dem man sich als Spieler optimal weiterentwickeln kann. Die Stimmung bei uns im Team ist richtig gut, wir wollen jedes Spiel gewinnen. Wer weiß, was dann am Ende dabei herauskommt. Der europäische Wettbewerb wäre ein großer Erfolg für die TSG."
Stiller: „Ganz ehrlich: Ich bin extrem glücklich, ich genieße es absolut hier. Ich bin positiv überrascht, da ich am Anfang nicht wusste, wie viel Spielzeit ich bekommen würde. Wir haben einen breiten Kader, dennoch spiele ich regelmäßig, auch von Beginn an. Unser Coach hat einen großen Anteil am aktuellen Erfolg, wir versuchen immer spielerische Lösungen auf dem Platz zu finden, was großen Spaß macht. Wir haben brüderliche Verhältnisse untereinander. Wir halten alle zusammen, um erfolgreich zu sein.“
Habt Ihr noch Kontakt zu ehemaligen Weggefährten beim FC Bayern?
Richards: „Ja, vor allem zu Alphonso Davies und Jamal Musiala, wir sprechen jede Woche miteinander. Wir haben auch eine WhatsApp-Gruppe mit ehemaligen Campus-Spielern, da sind zum Beispiel auch Joshua Zirkzee und Bright Arrey-Mbi drin.“
Stiller: „Ich habe vor allem mit Spielern aus der zweiten Mannschaft Kontakt. Da fallen mir Jahn Herrmann, den ich seit zwölf Jahren kenne, Jakob Mayer oder Timo Kern ein. Auch mit Malik Tillman bin ich im Austausch, ich hoffe, dass ich ihn am Samstag sehe.“
Wie würdet Ihr den jeweils anderen und seine Entwicklung beschreiben?
Richards: „Für Ange war es ein super Schritt, nach Hoffenheim zu kommen - auch wenn er von der 3. in die 1. Liga echt hart ist. Er macht Tore und Vorlagen und hat viele wichtige Aktionen. In Amerika würden wir zu ihm jetzt Grown Man Footballer sagen. Er ist auf dem nächsthöchsten Level angekommen und ein Bundesliga-Spieler geworden.“
Stiller: „Es macht einfach Spaß, mit Chris zu spielen. Wenn ich von hinten „Ange, left“ oder „Ange, right“ höre, weiß ich genau, was los ist. Wir kennen uns einfach gut. Es gibt im Zweikampf nur wenige Spieler, die stärker sind als Chris. Da ist er ein „Monster“. Auch am Ball hat er sich durch seine Ausbildung bei Bayern stark entwickelt, er ist mit links und rechts gut. Er hat gewaltige Schritte gemacht in den letzten Jahren.“
Bei der 0:4-Niederlage im Hinspiel spielte Chris 90 Minuten, Angelo wurde eingewechselt. Welche Erinnerung habt Ihr daran?
Richards: „Ich bin ja immer noch Bayern-Spieler, aber an diesem Tag stand ich in Blau auf dem Rasen. Es ist ein anderes Gefühl, wenn du der Gegner bist und wenn du mit einer geilen Stimmung in der Arena vor Freunden gegen Freunde wie Jamal spielst. Es war ein krasses Erlebnis, leider haben wir aber verloren.“
Stiller: „Meine ganze Familie war im Stadion. Das hat mich sehr gefreut und ich habe gegen Ende auch ein paar Minuten bekommen. Es war extrem besonders, in der Allianz Arena zu spielen, auch wenn ich am Ende fast ein Tor verschuldet habe (schmunzelt). Vor meiner Familie in diesem Stadion zu spielen, war eines der größten Highlights für mich bisher.“
Was stimmt Euch zuversichtlich, dass es im Spitzenspiel am Samstag nun besser läuft?
Richards: „Wir müssen alle füreinander da sein und unser Spiel durchbringen. Hoffentlich spielen wir zu Null.“
Stiller: „Es muss viel zusammenpassen. Bayern muss einen nicht so guten Tag und wir müssen einen perfekten Tag haben und unsere Chancen eiskalt nutzen. Bestimmt müssen wir aber die eine oder andere brenzlige Situation überstehen. Wir haben etwas auf dem Kasten, deshalb müssen wir mit Selbstvertrauen agieren und mutig nach vorne spielen.“
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