Owen Hargreaves schaffte einst beim FC Bayern den Sprung aus der Jugend zu den Profis. Mit 20 Jahren gewann er mit dem FCB im Mai 2001 die Champions League im Finale gegen Valencia. Nach zehn erfolgreichen Jahren in München zog der ehemalige englische Nationalspieler dann weiter zu Manchester United. Vor dem Aufeinandertreffen seiner beiden Ex-Vereine am Mittwoch (21 Uhr) in der Gruppenphase der Königsklasse haben wir mit dem heutigen Fernseh-Experten gesprochen.
Das Interview mit Owen Hargreaves
FC Bayern vs. Manchester United – das sind zwei klangvolle Namen in der Königsklasse: Wie wurde diese Auslosung in England wahrgenommen?
„Als Bayern und Manchester als erste Lose gezogen wurden, sah das erstmal heftig aus. Es war sofort klar, dass das eine schwere Gruppe werden würde. Ich denke, jeder weiß, dass Bayern aktuell in einer besseren Verfassung ist als Manchester. Aber letztlich sind beide Mannschaften die Favoriten in der Gruppe, und ich gehe davon aus, dass sich beide für die nächste Runde qualifizieren werden.“
Es ist das Duell des deutschen gegen den englischen Rekordmeister – was verbindet die beiden Vereine?
„Es sind die erfolgreichsten Mannschaften ihres Landes, Deutschland und England sind zwei große Fußballnationen. Das Schönste sind natürlich ihre vielen Fans, aber auch ihre Geschichte, die vielen großen Spieler und Trainer, die dort tätig waren. Beide Clubs sind sich sehr ähnlich. Als ich nach zehn Jahren bei Bayern München eine neue sportliche Herausforderung gesucht habe, war der einzige Verein, zu dem ich gehen wollte, Manchester United. Das Prestige, die Geschichte, dieser Erfolg – davon wollte ich ein Teil sein, genauso wie ich es vorher bei Bayern war.“
„Von außen sieht der FC Bayern riesengroß aus, aber in seinem Inneren geht es sehr eng und familiär zu.”
Owen Hargreaves
Und was unterscheidet sie?
„Bayern ist ein Riesen-Verein, aber wenn ich irgendwo auf der Welt unterwegs bin, und mich Leute auf Fußball ansprechen, sind es größtenteils Manchester United-Fans. Die englischen Vereine haben dank der weltweiten Vermarktung der Premier League eine größere Reichweite. Dadurch wird United international noch mehr beachtet. Bayern zeichnet sich dagegen durch das Familiäre aus. Klar, Spieler und Trainer wechseln über die Jahre, aber wenn ich an die Säbener Straße komme, treffe ich dort heute noch viele Leute, die dort schon vor zehn Jahren tätig waren. Von außen sieht der FC Bayern riesengroß aus, aber in seinem Inneren geht es sehr eng und familiär zu.“
Mit den Bayern hast Du zweimal gegen Man Utd. in der Champions League gespielt – jeweils unentschieden. Wird es dieses Mal wieder so eng?
„Bayern ist zu Hause schon Favorit, zumal sie sich mit Harry Kane nochmal toll verstärkt haben. Aber United bleibt nat ürlich gefährlich. Ihre Offensive ist super besetzt: Marcus Rashford ist ein toller Konterspieler, Bruno Fernandes spielt überragende Pässe in die Tiefe. Da hat Manchester sehr viele Möglichkeiten. Aber wenn die Bayern in Normalform sind, gehe ich davon aus, dass sie das Spiel zu Hause gewinnen werden.“
Als Fernseh-Experte weißt Du bestens über die Premier League Bescheid. Wie schätzt Du Man Utd. in dieser Saison ein?
„Der Plan in Manchester ist, wieder oben in der Premier League mitzuspielen. Allerdings ist der Saisonstart nicht so ideal gelaufen. Die ersten beiden Auswärtsspiele in Tottenham und bei Arsenal wurden verloren. Jetzt auswärts bei den Bayern zu spielen, macht es nicht leichter. Aber auch in der vergangenen Saison hatte United anfangs etwas Probleme und hat dann eine super Serie hingelegt.“
Der 1. Spieltag liegt den Bayern, sie haben die vergangenen 19 Auftaktspiele in der Champions League allesamt gewonnen.
„Das erste Spiel zu gewinnen, ist in der Champions League natürlich unheimlich wichtig – genauso auch die Heimspiele. Und wenn es direkt gegen den wohl härtesten Gegner in der Gruppe geht, ist ein Sieg umso wichtiger. Aber bei Bayern sind die Maßstäbe so groß, dass sie jedes Spiel gewinnen wollen. Das hat man in der letzten Saison gesehen, als sie perfekt durch die Gruppe gekommen sind.“
Hat eine solche Serie eine Bedeutung für das Spiel am Mittwoch?
„Das ist vielleicht für die Fans und Statistikliebhaber etwas Besonderes. Aber letztlich standen damals auch andere Spieler und Trainer auf dem Platz. Für die heutige Mannschaft steht das nicht im Vordergrund. In erster Linie geht es darum, zu Hause das Spiel zu gewinnen. Wenn dadurch die Serie fortgesetzt wird, wäre es dann natürlich auch schön.“
Mit Eurem Champions League-Triumph 2001 habt ihr auch ein Stück weit die bittere Finalniederlage 1999 gegen Man Utd. vergessen gemacht. Wie hast Du das Spiel damals wahrgenommen?
„Ich war in Barcelona im Stadion und kann mich noch genau an das Spiel erinnern. Wir saßen im Trainingsanzug auf der Tribüne, weil wir mit der A-Jugend von dort zu einem Turnier bei Feyenoord Rotterdam weitergereist sind. Es war Wahnsinn. Während des Spiels haben wir so viel geschrien, dass wir hinterher keine Stimme mehr hatten. Bayern hat eigentlich viel besser gespielt, aber am Ende irgendwie verloren. Wir konnten es einfach nicht glauben. Wahrscheinlich war es eines der besten Champions League-Spiele aller Zeiten. Bayern hatte damals eine super Truppe. Es ist so schwer, ein Finale zu erreichen. Dass sie es zwei Jahre danach wieder geschafft haben, war schon eine Riesenleistung.“
Bevor der Ball wieder rollt, noch Dein Tipp: Wie wird die Abschlusstabelle der Gruppe A aussehen?
„Bayern wird Erster, Manchester United Zweiter, Galatasaray Dritter und dann kommt der FC Kopenhagen.“
Bei der Generalprobe für die Champions League trennte sich der FC Bayern am Freitagabend in einem rasanten Spitzenspiel mit 2:2 von Bayer 04 Leverkusen:
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