Er war einer der Ersten, die 2017 am FC Bayern Campus eingezogen sind. Jetzt ist Frans Krätzig FCB-Profi. Im Gespräch mit dem FCB-Vereinsmagazin „51“ erzählt er vom Aufwachsen im Internat, der Familie, dem Druck und dem Campus-Geist, der eines Nachts herumspukte.
Das Interview mit Frans Krätzig
Frans, gleich zu Beginn eine Frage, die dir bestimmt nicht zum ersten Mal gestellt wird: Warum schreibt man deinen Vornamen mit „s“?
(lächelt) „Es gibt keinen speziellen Grund, also keine niederländischen Einflüsse oder so, wie ich mal gelesen habe. Meine Eltern fanden den Namen Franz schön, aber sie wollten etwas Besonderes haben. Und dann haben sie mich halt mit ‚s‘ geschrieben. In Bayern, im Franz-Beckenbauer-Land, wird man da zwar manchmal komisch angeschaut – aber daran habe ich mich längst gewöhnt.“
Du bist im Sommer 2017 als eines der ersten Talente auf dem damals gerade eröffneten FC Bayern Campus eingezogen. Nimm uns mit auf deine Reise, was hattest du damals dabei?
„Nicht viel, eine große Tasche, einen Rucksack, das war’s. Tatsächlich bin ich mit Verspätung eingezogen, weil meine Eltern schon lange unseren Sommerurlaub gebucht hatten – und den wollten wir nicht stornieren. Ich kann mich gut erinnern, wie viel Respekt ich an meinem ersten Tag hatte, als ich auf dem Gelände stand. Ich hatte den Campus vorher mal besichtigt, aber wenn man dann dort mit 14 Jahren allein einzieht, kommt einem alles riesengroß vor.“
Wie ist es denn, am Campus aufzuwachsen und fußballerisch groß zu werden?
„Man bekommt die Bayern-DNA ab dem ersten Tag ins Blut und merkt sehr schnell, dass es hier ums Gewinnen, Gewinnen, Gewinnen geht. Ich fand das sehr gut, denn so lernt man früh, mit Druck umzugehen. Ich weiß noch, was für ein unglaubliches Gefühl es war, als ich in den ersten Spielen an mir runtergeschaut und das Bayern-Logo links unten auf meiner Brust gesehen habe. Das kannte ich bis dahin ja nur aus dem Fernsehen.“
Dein Kumpel Johannes Schenk, der aktuell an Preußen Münster verliehen ist, hat erzählt, dass dein Campus-Zimmer immer der Treff für eure Clique war, weil du das größte Zimmer hattest.
„Dienstag und Mittwoch lief Champions League, von Freitag bis Sonntag Bundesliga – und dazwischen haben wir an der Konsole gezockt. Wir hatten viele coole Abende. Ich kann aber auch verraten, warum ich die größte Bude hatte: Bevor die Zimmer für das nächste Jahr verteilt wurden, wurde immer geschaut, bei wem es am ordentlichsten ist – und derjenige hatte dann die Ehre, das größte Zimmer zu bekommen. Ich hatte mir das also schon irgendwie verdient (grinst).“
Den einen oder anderen Quatsch habt ihr sicher auch angestellt …
„Das gehört doch dazu, oder? Ausgebüxt sind wir aber nie, das hätte rund um das Campus-Gelände auch nicht allzu viel gebracht. (lacht) Wir haben zum Beispiel über das komplette Campus-Gelände, inklusive Fitnessbereich und Bürotrakt, bis spät in die Nacht Verstecken gespielt. Und einer der Jungs hat sich mal nachts im Stadion in die Sprecherkabine geschlichen, sämtliche Lautsprecher angemacht und so getan, als sei er ein Gespenst, das den Campus heimsucht: ‚Buhuhu, ich bin der Campus-Geist‘ – das war sehr lustig.“
Du hast jedes Jahr mitbekommen, dass sich viele Spieler nicht durchsetzen konnten. Wie geht man mit diesem Druck um?
„In den jüngeren Jahrgängen ist einem noch gar nicht bewusst, wie leistungsbezogen es zugeht. Richtig Druck gespürt habe ich ab der U17, U19. Da gibt es zwischendurch Phasen, in denen du grübelst: Das hier ist genau das, was ich mein Leben lang machen wollte – aber was passiert, wenn es nicht funktioniert? In meinem zweiten Jahr bei der U19 bin ich wegen einer Schambeinentzündung und eines Leistenbruchs sieben Monate ausgefallen. Eine verdammt lange Zeit, in der mir viel durch den Kopf gegangen ist: Komme ich wieder zurück? Wie wäre es, wieder zu Hause zu leben? Welches Studium würde mich interessieren? Mein U19-Trainer Danny Galm hat mir damals sehr geholfen und mich mental unterstützt.“
Welche Exit-Strategie hättest du denn gehabt?
„Meine Eltern sind in kreativen Berufen tätig. Mir hat immer imponiert, wenn man etwas frei entwickeln und gestalten kann. Innenarchitektur wäre zum Beispiel eine Option gewesen. Ich finde es gut, neben dem Fußball noch etwas anderes für den Kopf zu machen. Ich hatte mich letztes Jahr für ein Studium eingeschrieben, das aber bald wieder beendet. Der Studiengang hieß „Sportmanagement im Fußballbereich“, aber mir wurde schnell klar, dass ich nicht 24 Stunden am Tag über Fußball nachdenken kann. Ich kam vom Training, musste lernen – und da ging es schon wieder um Fußball.“
Wenn man sich am Campus umhört, schwärmen alle von deinem aufgeschlossenen Charakter. Woher kommt das?
„Meine ganze Familie ist sehr offen und kommunikativ. Ich habe früh gelernt, wie wichtig Freundlichkeit und Höflichkeit im Leben sind. Außerdem musste ich schon als junger Bub eigene Wege gehen und war auf mich allein gestellt. Es ist also ein Mix aus guter Erziehung und schneller Eigenständigkeit – ich hoffe, meine Eltern freuen sich, wenn sie das lesen (lacht)“.
Wie schwer ist es, nicht abzuheben?
„Ich habe von zu Hause mitbekommen, immer am Boden zu bleiben. Man darf nie überheblich werden – andererseits schadet gesundes Selbstbewusstsein auf dem Fußballplatz nicht, wenn man sich beim FC Bayern durchsetzen möchte.“
In den Campus Stories haben wir die Entwicklung von Frans Krätzig begleitet:
Du hast in der Jugend jahrelang im zentralen Mittelfeld gespielt – wie kam es dazu, dass du jetzt linker Verteidiger bist?
„Das muss man eigentlich Holger Seitz fragen. David Herold wurde in der vergangenen Winterpause nach Österreich verliehen, und Seitz hat wegen Personalmangels gedacht, er testet mich mal hinten links. Nach einer Trainingseinheit bin ich in sein Trainerbüro, er hat mir erklärt, was er von mir erwartet – und das hat recht problemlos funktioniert. Mir gefällt die Rolle als Außenverteidiger sehr gut, aber ausschließen möchte ich nicht, dass ich irgendwann mal wieder auf die Sechs, Acht oder Zehn rücke.“
Es ist nicht unüblich, dass gelernte Mittelfeldspieler ihre ersten Profischritte als Außenverteidiger machen: Philipp Lahm, Joshua Kimmich …
„Joshua ist generell ein gutes Vorbild. Wie man in jedem Training so Feuer und Flamme sein kann, wie man jedes Trainingsspiel so sehr gewinnen will – da stehe ich manchmal daneben und denke mir: Wow, so will ich auch sein, genau deswegen spielen wir Fußball. Josh beeindruckt mich immer wieder.“
Das komplette Interview gibt es in der aktuellen Ausgabe des Mitgliedermagazins „51“ zu lesen:
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