Am Sonntag bestritt Thomas Müller sein 710. Pflichtspiel für die Profis des FC Bayern und löste damit Sepp Maier (709 Einsätze) als alleinigen Rekordhalter ab. Bereits vor ein paar Wochen hatte das Club-Magazin „51“ mit Weggefährten gesprochen, die alle etwas ganz Besonderes mit dem 34-Jährigen verbindet. Für Sepp Maier steht Müller in einer Reihe mit den Vereinslegenden Franz Beckenbauer und Gerd Müller, Torhüter Ron-Robert Zieler nennt ihn „Skydancer“, und Felix Zwayer schätzt Müller als „Führungspersönlichkeit auf und neben dem Platz“ – hier ist die letzte Episode des Dreiteilers über Thomas Müllers Karrierebegleiter:
Sepp Maier
Ehre, wem Ehre gebührt: Rund 45 Jahre lang hielt Sepp Maier den Rekord an Profispielen für den FC Bayern (709). Doch er gönnt Müller die Bestmarke „von Herzen“.
Was imponiert Ihnen an Thomas Müller?
„Mir imponiert ungemein, dass er seine ganze Karriere immer beim FC Bayern geblieben ist – genau wie ich. Und was hätte er denn auch woanders gewollt? Er hat mit dem FC Bayern alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Thomas ist FC Bayern durch und durch – und das ist richtig so! Er war ja sogar schon in der Jugend für diesen Verein am Ball.“
Sie haben mit einem anderen berühmten Müller im Team Erfolge gefeiert – ist Thomas für einen Torwart ähnlich schwer berechenbar wie Gerd?
„Mei, das sind zwei ganz unterschiedliche Typen: Thomas treibt sich auf dem ganzen Spielfeld herum, unser Gerd wurde ab dem Strafraum gefährlich wie kein anderer. Thomas gibt auch Vorlagen, das war eher nicht Gerds Spezialität, wenn man ehrlich ist. Aber eines verbindet die beiden auf alle Fälle: Thomas gehört genauso in die Reihe der ganz Großen des FC Bayern wie Gerd oder Franz Beckenbauer oder wie sie alle hießen aus unserer Zeit.“
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Thomas Müller Sie als Rekordspieler des FC Bayern ablöst.
„Ich gönne ihm das von Herzen, gar keine Frage: Wenn einer so viele Spiele für einen Verein wie den FC Bayern macht, hat er alle Ehren verdient, die es nur gibt. Und eins bleibt mir ja weiterhin: Von der Anzahl der Spiele her mag Thomas meine Marke überbieten – aber nicht bei den absolvierten Minuten, da habe ich mehr (grinst).“
Ron-Robert Zieler
Kein anderer Torhüter fing sich so viele Müller-Buden ein wie Hannovers Kapitän. Doch Zieler nimmt es längst mit Humor – und wird sich das Trikot seines Jugendfreundes einrahmen.
Als ich zum ersten Mal gegen Bayern München gespielt habe, im März 2011, haben wir mit Hannover 96 gewonnen. Mit 3:1 gingen wir vom Feld. Nur Arjen Robben hatte einmal gegen mich getroffen. Ich bekam das Trikot von Thomas Müller, den ich zu dem Zeitpunkt bereits seit sechs oder sieben Jahren kannte. Wir hatten zusammen unter Bernd Stöber in der U16-Nationalmannschaft gespielt.
Das Trikot liegt – Thomas, ich hoffe, du verzeihst es mir – aktuell in einem Lagerraum, den meine Frau und ich angemietet haben. Wir sind so oft umgezogen in den letzten Jahren, sechsmal in acht Jahren, dass wir beschlossen haben, alles, was wir nicht zwangsläufig brauchen, erst mal in einem Storage zu lassen, bis wir irgendwann nach der Karriere Zeit haben, wirklich alles an einem festen Wohnsitz auszupacken. Dann werde ich auch – versprochen – das Müller-Trikot hervorholen, obwohl er wirklich alles andere als mein Lieblingsgegner war. 45 Gegentreffer habe ich in Spielen gegen Bayern München kassiert. Neun davon sind von ihm. Aber wenn man jemandem nicht nachhaltig böse sein kann, dann ist es eben Thomas Müller.
Der Kerl war schon, als wir uns 2004 kennenlernten, ein Lurch. Irgendwie erinnerte er mich bereits damals an einen Skydancer – also diese lustigen Figuren, die sich eigenwillig bewegen, wenn von unten Luft in sie hineingeblasen wird. So ist Thomas auch. Eigenwillig in seinen Bewegungen. Für einen Torwart ist er der Horror. Aus seinen Bewegungen kann man kaum ableiten, wohin sein Schuss geht.
Die schönsten Gegentreffer von Thomas habe ich 2014 in Brasilien bekommen. In der einen oder anderen Trainingsform hat er mich – ich war neben Manuel Neuer und Roman Weidenfeller als Torwart dabei – bezwungen. Aber das war okay. Vielleicht habe ich ihm damit ein bisschen Selbstvertrauen geschenkt, damit er so unnachahmlich fünf Treffer auf unserem Weg zum WM-Titel machen konnte.
Alles Gute weiterhin, lieber Thomas! Und auch wenn wir zwei uns wohl nicht mehr auf dem Platz treffen (außer das Pokal-Los will es so), darfst du gerne versuchen, gegen irgendeinen anderen Torwartkollegen noch häufiger als gegen mich zu treffen. Diesen unrühmlichen Gegentor-Rekord würde ich, ohne zu meckern, weitergeben.
Felix Zwayer
Der Berliner hat so viele Spiele von Thomas Müller geleitet wie kein anderer Schiedsrichter. Die erfreuliche FCB-Bilanz unter Zwayer: 30 FCB-Siege, 5 Remis und 7 Niederlagen.
Ich hatte die Zahl nicht im Kopf, wie oft ich Thomas Müller in seiner Karriere schon pfeifen durfte. Aber es war (fast) immer ein großes Vergnügen. Thomas ist ein absoluter Fachmann, man merkt, dass er sich auch mit der Schiedsrichter-Perspektive auseinandersetzt. Das macht den Austausch auf dem Platz ehrlich und offen.
Erst in der vergangenen Saison hatte ich ein Erlebnis mit ihm, das ich sehr respektvoll fand: Nach dem verlorenen Spiel in Leverkusen Anfang Februar kam er trotz der großen Enttäuschung noch zu mir, hat sich für die Spielleitung bedankt und sich höchst anständig verabschiedet. Das gelingt in einer solchen Situation längst nicht allen. Es hat mich sehr beeindruckt. Generell meine ich, über die Jahre in der Liga eine deutliche Entwicklung festgestellt zu haben: Früher wurde einfach geredet, mitgeteilt, auch mal gemotzt. Heute sind die Anmerkungen viel fachlicher und auch ausgewählter, es wird auf Augenhöhe diskutiert.
Was mir an Thomas stets imponiert, wenn ich ihn auf dem Platz erlebe: Er ist ein großer Motivator, er geht voran, lebt vor und reißt die Mitspieler mit. Das bekommt man auch als Schiedsrichter mit. Er ist einfach eine großartige Führungspersönlichkeit auf und neben dem Platz.
Gerland, Klose, Guardiola. Hier geht es zum zweiten Teil über Thomas Müllers Weggefährten:
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