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Fans von Celtic singen im Celtic Park
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„Die Wucht ist nicht normal!“ - was den FC Bayern bei Celtic erwartet

Der Celtic Park ist durch die Lautstärke und Energie der Fans bekannt für seine einzigartige Atmosphäre, die selbst erfahrene Spieler und Trainer überwältigen kann. Diese enorme Wucht wurzelt tief in der Geschichte Schottlands, geprägt von religiösen und politischen Spannungen, die bis heute nachwirken. Trotz seiner Zugehörigkeit zu einer kleineren Liga ist Celtic auch aufgrund seiner besonderen Identität ein besonderer Club, dessen Mentalität an den FC Bayern erinnert: Außer gewinnen zählt nichts.

Das Logo des Celtic FC und ein Schriftzug Celtic Football Club leuchten auf schwarzem Grund
Getty

Dieser unaufhörliche Nieselregen, er wäre nur das geringste Übel: Tropfen von oben oder gar von der Seite, wie in den windigen schottischen Highlands. Immernoch besser als diese wilden Orkanstürme, die manchmal aus dem Nichts durch den Celtic Park toben. „Es können Situationen kommen, in denen du nichts mehr hörst, alles aus den Fugen zu geraten droht, und du trotzdem die richtigen Entscheidungen treffen, ruhig bleiben musst“, beschrieb es Andreas Hinkel einmal. Der heute 42-Jährige spielte drei Jahre für Celtic. Hinkel bestritt insgesamt 13 Old firms gegen den Stadtrivalen, die Rangers. „Man kann so erfahren sein, wie man will - die Lautstärke, eine Stimmung, die auch mal aus dem Nichts kommt, kann einen übermannen. Ein Einwurf, ein Freistoß, eine Ecke, ein Konter können reichen - und schon kommt Hektik rein“, so Hinkel. „Ich kann sagen: Die Wucht ist nicht normal. Damit muss man zurechtkommen, und das ist nicht so einfach.“

Eine uralte Wucht aus Irland

Man kann so erfahren sein, wie man will - die Lautstärke, eine Stimmung, die auch mal aus dem Nichts kommt, kann einen übermannen. Ein Einwurf, ein Freistoß, eine Ecke, ein Konter können reichen - und schon kommt Hektik rein.

Andreas Hinkel, ehemaliger Spieler von Celtic

Diese Wucht, sie kam vor über 130 Jahren aus Irland in die größte Stadt Schottlands. 1887 gründete ein katholischer Ordensbruder den Verein, um Spenden für die Not leidende Bevölkerung im Glasgower East End aufzutreiben. Dort wohnten überwiegend irische Migranten, die in der Industriestadt zwar als Arbeitskräfte dringend gebraucht wurden, jedoch mit Armut und Diskriminierung zu kämpfen hatten. Aus dieser Zeit stammen die Lieder, die sie heute noch über die Lautsprecher im Celtic Park spielen. Sie handeln von der Hungersnot und dem Unabhängigkeitskrieg während des Ersten Weltkriegs, in deren Folge sich die Rivalität der beiden Glasgower Vereine noch einmal verschärfte.

Nirgends spiegelt sich in zwei Fußballclubs aus ein und derselben Stadt eine tiefe religiöse und kulturelle Spaltung wider, wie zwischen Celtic und den Rangers: Alle Sympathien der Presbyterianer, der schottischen Kalvinisten, sind auf Seiten der Rangers. Während das katholische Herz der irischen Emigranten ebenso enthusiastisch und einseitig für Celtic schlägt. Bis tief in die 60er Jahre war es nicht möglich, dass ein Katholik für die Rangers spielt. Die Rangers sind der britischen Krone treu ergeben, ihre Farben sind die des Union Jack. Während hingegen ein Protestant durchaus gelegentlich bei Celtic zu finden war - weil die Katholiken in Glasgow eine erhebliche Minderheit bilden. Dafür bekennt sich Celtic offen zu den Farben der irischen Republik und trägt nicht etwa die Distel, das schottische Nationalsymbol, als Clubabzeichen, sondern voller Stolz das irische Kleeblatt.

Mit John Thomson besitzt Celtic sogar einen Fußball-Märtyrer: Im Jahre 1931 sprang der talentierte Torwart nach einem Ball und kollidierte tragisch mit dem Knie eines protestantischen Stürmers. Thomson, heute noch singen die Anhänger gelegentlich den John Thomson Song, erlag am nächsten Tag der Schädelverletzung. 40.000 kamen zur Beerdigung, bis heute ist sein Grab eine wichtige Pilgerstätte für Celtic-Anhänger. Die Rivalität zwischen beiden Vereinen in Glasgow wurde bald so erheblich, dass die Glasgower Fabriken am folgenden Montag 15 Prozent mehr produzierten, wenn beide Vereine ihre Ligaspiele gewannen. Der Brexit, der von Celtic-Fans geschlossen abgelehnt wird, hat den Konflikt noch einmal komplizierter gemacht - nicht zuletzt, weil er den Frieden zwischen Briten und Iren in Nordirland bedroht.

Stadionview des Celtic Parks beim Old Firm zwischen Celtic und den Rangers
Eines der brisantesten Derbys der Fußballwelt - wenn Celtic auf die Rangers trifft herrscht Ausnahmezustand. | Imago

Die Einwanderer und ihre Nachkommen, die heute noch überwiegend die Fans von Celtic bilden, sehen den Verein als Symbol gegen den imperialen Einfluss Großbritanniens. Die Anhänger stilisieren Celtic als Heimat der Außenseiter und Underdogs. Die Fans im Celtic Park singen so laut wie in keinem anderen Stadion in Europa, weil nicht nur die Fankurve singt, sondern immer das komplette Stadion. „Ich kenne Celtic sehr lange“, sagte Bayern-Trainer Vincent Kompany vor der Auslosung: „Das ist eine besondere Atmosphäre dort.“ Ähnlich äußerte sich Kapitän Manuel Neuer: „Die Atmosphäre bei Celtic ist Wahnsinn.“

Die Celtic-Fans gelten als linksalternativ und antirassistisch: 54 Mal wurde der Verein Meister und gewann 1967 in Lissabon gegen Inter Mailand (2:1) den Europapokal der Landesmeister.

Kingsley Coman im Zweikampf mit einem Celtic-Spieler im Spiel im Celtic Park 2017
In Minute 67 gingen die Lichter an: Beim letzten Aufeinandertreffen im Celtic Park feierten die schottischen Fans den Europapokal-Triumph von 1967. Die Bayern gewannen die Partie in Glasgow mit 2:1. | Getty

Hier herrscht eine fast schon bayerische Siegermentalität, erzählte Andreas Hinkel, der Ex-Profi, der Süddeutschen Zeitung: „Außer gewinnen zählt nix. Im Grunde sind beide Clubs der FC Bayern Schottlands. Sie spielen vielleicht in einer kleineren Liga. Aber es sind Giganten.“ Und dann ist da ja noch diese ungeheuerliche Wucht.Trainer Mauricio Pochettino, der schon Chelsea, Tottenham oder Paris trainierte, erzählte einmal, dass man als Coach jederzeit damit rechnen muss, die Kontrolle über das Spiel zu verlieren. Von einem Moment auf den anderen, weil das Publikum so eine immense Wucht entfalten kann.

It’s gonna be a noisy night - eine laute Nacht.

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