
Er ist ein noch recht neues Gesicht in der Trainerriege am FC Bayern Campus, doch für die allermeisten ist Manuel Kainz ein Altbekannter. Vor zehn Jahren wechselte der heute 23-Jährige in den Nachwuchs des deutschen Rekordmeisters und durchlief von dort an sämtliche Nachwuchsteams des FC Bayern. Ein ums andere Mal wurde der 1,95 Meter große Schlussmann aber von Verletzungen heimgesucht, die ihn im vergangenen Jahr dazu zwangen, die Fußballschuhe frühzeitig an den Nagel zu hängen. Die Laufbahn des gebürtigen Münchners bei seinem Herzensverein schlug daher eine andere Richtung ein. Seit Juli ist Kainz als Torwarttrainer im Nachwuchsleistungszentrum des deutschen Rekordmeisters tätig. Im Interview mit fcbayern.com spricht er über seine neue Aufgabe, den Umgang mit dem frühzeitigen Karriereende sowie die gemeinsamen Einheiten mit Manuel Neuer an der Säbener Straße.
Das Interview mit Manuel Kainz
Servus Manu. Du bist seit vergangenem Jahr am Campus für den Torwart-Nachwuchs des FC Bayern zuständig. Wie kam es eigentlich dazu?
„Ich habe schon während meiner aktiven Zeit immer mal wieder beim Torwarttraining bei den Kleinen ausgeholfen. Als ich 2023 von meiner Verletzung zurückkam, habe ich recht schnell gemerkt, dass ich nicht mehr der Alte war. Meine Knie und Schultern waren durch die Verletzungen doch in Mitleidenschaft gezogen worden, auch wenn meine Karriere noch jung war. Nachdem Andreas Rössl zu den Profis an die Säbener Straße gewechselt war, hat mich Tom Starke gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, das Ganze dauerhaft und in Vollzeit zu machen. Meine Entscheidung war dann recht schnell getroffen. Es wäre nicht ratsam für mich und meinen Körper gewesen, weiterzumachen.“

Wie blickst du mit etwas Abstand auf die Entscheidung zurück?
„Es war die richtige Wahl. Ich habe richtig viel Spaß an der Arbeit. Natürlich vermisst man es, als aktiver Spieler auf dem Platz zu stehen. Aber ich denke, dass ich hier einen guten Ausgleich habe und noch alles relativ ähnlich miterleben darf, wie es zu meiner aktiven Zeit der Fall war. Gleichzeitig ist die Rolle als Torwarttrainer eine völlig neue Herausforderung.“
Gibt es trotzdem manchmal diese Momente, in denen du dich damit beschäftigst, was hätte sein können, wenn du nicht die Vielzahl an Verletzungen gehabt hättest?
„Auf jeden Fall. Beispielsweise, wenn ich alte Teamkollegen wie Malik Tillman in der Champions League spielen sehe. Ich war jahrelang mit ihm in der Jugend, eigentlich seitdem ich beim FC Bayern bin. Oder auch andere Jungs, die mittlerweile in der Bundesliga angekommen sind. Aber ich weine dem Ganzen nicht hinterher. Ich bin sehr glücklich, die Möglichkeit zu haben, hier weiterhin alles für den Verein geben zu dürfen und die jungen Keeper auf ihrem Weg zu begleiten.“
⚽💪 Kainz trainierte bei den Profis des FC Bayern häufig mit Musiala, Davies, Lewandowski, Tillman und Co:
Du hast zum Ende der vergangenen Saison deine Karriere beendet. Welche Momente blieben dir besonders in Erinnerung?
„Definitiv die Zeit in der U17. Wir waren eine sehr junge Mannschaft und sind als Underdog in die Liga gestartet. Am Ende sind wir souverän Erster geworden und bis ins Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft vorgedrungen. Das war eine spezielle Saison, unser Trainer war Miroslav Klose, für ihn war es damals die erste Trainerstation. Auch die Zeit mit den Torwarttrainern habe ich in sehr guter Erinnerung. Sei es mit Tom Starke, Uwe Gospodarek oder auch Jaroslav Drobný. Ich habe immer eine enge Bindung zu all meinen Coaches gehabt, sie haben mich auf meinem Weg unheimlich unterstützt.“

Blicken wir auf deine Arbeit am FC Bayern Campus. Wie können wir uns dein jetziges Tätigkeitsfeld vorstellen?
„Ich bin sowohl für das Training als auch die Spielvorbereitung der Torhüter von der U11 bis zur U15 verantwortlich. Zusätzlich bin ich auch im Scouting in diesen Altersbereichen tätig.“
Musstest du dich zu Beginn erst einmal an deine neue Rolle gewöhnen?
„Ehrlich gesagt, fiel es mir nicht so schwer. Während meiner aktiven Zeit war ich immer ein Leader auf dem Platz, bin vorangegangen und habe Verantwortung übernommen. Als Trainer sind diese Attribute in gewisser Weise auch wichtig.“
„Es ein schönes Gefühl, dass der Verein uns ehemalige Spieler auch nach der Karriere nicht ‚vergisst‘. Hier beim FC Bayern wird niemand hängen gelassen, ganz im Gegenteil.”
Manuel Kainz über das Zusammengehörigkeitsgefühl beim FC Bayern
Du bist einer von vielen ehemaligen Spielern, die mittlerweile in anderer Position im Verein tätig sind. Was ist der Vorteil, wenn man den FC Bayern bereits etwas länger kennt?
„Zunächst einmal muss ich sagen, dass es ein schönes Gefühl ist, dass der Verein uns ehemalige Spieler auch nach der Karriere nicht ‚vergisst‘. Hier beim FC Bayern wird niemand hängen gelassen, ganz im Gegenteil. Grundsätzlich glaube ich, dass es ein Vorteil ist, wenn ehemalige Spieler im Verein tätig sind. Wir tragen das Mia san mia teilweise seit Kindheitstagen in uns.“
Du arbeitest am Campus sehr eng mit Tom Starke und Simon Jentzsch zusammen, zudem war Jaroslav Drobný während deiner aktiven Zeit dein Torwarttrainer bei den Amateuren. Was kannst du dir von ihnen abschauen?
„Die drei haben nahezu alles im Fußball gesehen. Tom war Champions League-Sieger, Deutscher Meister und DFB-Pokal-Sieger, Jaro und Simon haben beide jeweils mehrere hundert Spiele in der Bundesliga absolviert. Sie geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen gerne weiter, das merke ich tagtäglich, wenn ich mit ihnen im Austausch bin. Sei es auf dem Platz oder auch in der Vorbereitung auf das Training. Sie wissen genau, worauf es ankommt, um in der Spitze zu landen.“

Du bist für mehrere Torhüter in unterschiedlichen Altersklassen verantwortlich. Machst du beim Training eigentlich Unterschiede, wenn du mit den Keepern der U11 oder der U15 arbeitest?
„Ja, definitiv. Bei den sehr jungen Torhütern geht es noch um die Basics. Wie fange ich einen Ball? Wie stehe ich richtig auf? Wie falle ich hin? Wie rolle ich mich ab? Wir arbeiten hier nicht sonderlich komplex, sondern eher analytisch. Es geht vor allem um die Grundtechnik. Je älter die Jungs werden, desto anspruchsvoller können wir das Training gestalten. Das Ziel ist es, sie bestmöglich für die höheren Jahrgänge vorzubereiten. Wenn sie bei der U16, U17 oder U19 sind, sollte die Grundtechnik vorhanden sein, sodass sie an den Feinheiten arbeiten können.“
Du bist mittlerweile seit fast einem Jahrzehnt im Verein, im Sommer 2015 kamst du aus Freising zum FC Bayern. Erkennst du dich manchmal in den Jungs wieder?
„Ja, auf jeden Fall. Wenn ich mit den Jungs trainiere, muss ich oft daran denken, wie es war, als ich das erste Mal zum FC Bayern gekommen bin. Wie nervös ich gewesen bin, als ich zum Probetraining an die Säbener Straße kam. Damals trainierten nebenan noch die Profis, das war etwas ganz Besonderes. Die Träume sind damals wie heute dieselben. Ich wollte unbedingt Profi werden, bei den Jungs ist das identisch.“

Während deiner aktiven Zeit hast du selbst immer wieder mit den Profis trainiert, hast von Spielern wie Manuel Neuer und Thomas Müller lernen und profitieren dürfen. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen?
„Dieses unfassbare Maß an Professionalität. Der Wille, trotz aller Erfolge nie satt zu sein, immer weiter fleißig zu bleiben, war beeindruckend. Sie wollen immer mehr, immer weiter, immer höher hinaus, obwohl sie schon nahezu alles erreicht haben. Ich habe für mich selbst unheimlich viel aus dieser Zeit mitgenommen. Diese Erfahrungen möchte ich an die jüngere Generation weitergeben.“
Die Nachwuchskeeper kommen sicherlich ab und an mit Fragen auf dich zu, wenn sie mitbekommen, welche Erfahrungen du trotz deines noch immer jungen Alters schon gesammelt hast. Was bekommst du denn am häufigsten zu hören?
„Definitiv wie es denn so ist, mit Manuel Neuer zu trainieren. Wie ist er im Training? Wie verhält er sich in bestimmten Situationen? Was macht ihn so gut? Das wollen fast alle Jungs wissen.“

Und wie ist er so?
„Manu strahlt eine unheimliche Leichtigkeit, Ruhe und Selbstverständlichkeit aus. Sowohl im Torwart- als auch im Mannschaftstraining. Das hat mir in den Einheiten, die ich mit ihm absolvieren durfte, immer wieder aufs Neue imponiert. Seine Aura, die Persönlichkeit, die er auf dem Platz ausstrahlt – das gibt es kein zweites Mal.“
Kommen die Jungs neben diesen Fragen auch ab und an mit Bedenken und Sorgen auf dich zu?
„Das ist sehr unterschiedlich und oftmals eine Frage des Charakters. Manche gehen leichter mit Problemen um, andere brauchen wiederum ab und an das Gespräch. Das spüre ich aber auch recht gut und gehe dann auf die Jungs zu. Mit mir haben sie eine Bezugsperson, die sich in sie hineinversetzen kann, ich bin den Weg schließlich selbst gegangen und weiß, wie sie fühlen und denken. Das tut dem ein oder anderen ab und an schon ganz gut.“
Wo wäre es für dich eigentlich hingegangen, wenn du nicht Torwarttrainer geworden wärst?
„Das ist eine sehr schwere Frage. Mein Studium würde ich mit Sicherheit dennoch machen. Ich weiß aber nicht, ob ich den Traum vom Profifußball abgeschrieben hätte, wenn ich nicht den Posten als Torwarttrainer angeboten bekommen hätte. Womöglich gäbe es noch immer den verbissenen Manu Kainz, der diesem Kindheitswunsch trotz eines lädierten Körpers hinterherrennt.“
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