
Dass im äußersten Südosten Europas die Stimmung in den Stadien auch mal überkochen kann, hat Thorsten Fink selbst erlebt. „Da ist das eine oder andere aufs Feld geflogen“, erinnert sich der Fußballlehrer, der vor einigen Jahren selbst in Zypern bei APOEL Nikosia an der Seitenlinie gestanden hatte. Ähnliches erwarte nun auch den FC Bayern, wenn er am kommenden Dienstag beim zyprischen Meister FC Paphos antreten wird. Zwar wohl nicht unbedingt Wurfgeschosse – aber ein „hitziges Spiel“, so Fink weiter. „Die Fans dort sind heißblütig.“

Thorsten Fink, einst von 1997 bis 2004 im Mittelfeld des FCB aktiv, viermaliger Deutscher Meister und Champions League-Sieger 2001, hat viel im Fußball erlebt. Er coachte den FC Basel in der Königsklasse und machte als Trainer auch schon außerhalb Europas in Japan und Dubai Station. Was es jetzt für den FC Paphos bedeutet, als dritter Verein aus Zypern nach APOEL (vier Teilnahmen) und Anorthosis Famagusta (eine) am wichtigsten Vereinswettbewerb teilzunehmen und gegen Gegner wie den FC Bayern anzutreten, kann der 57-Jährige gut nachvollziehen.
Rasanter Aufstieg des FC Paphos
„Für einen Verein aus so einem kleinen Land, ist es schon etwas ganz Besonderes, es in die Champions League geschafft zu haben“, sagt Fink. Im Vergleich zur heimischen Liga sei in der Königsklasse alles anders: die Stimmung, die Bälle, die Musik. „Das ist schon richtig gut für den Verein. Man hat gesehen, wie groß die Freude dort nach der Qualifikation war.“ Während Thorsten Finks Zeit in Zypern war es allerdings nicht zu erahnen, dass es der Club aus der Hafenstadt im Westen der Insel einmal so weit bringen würde. Als der frühere Bundesliga-Trainer im Januar 2015 beim Hauptstadt-Club APOEL anheuerte, spielte der FC Paphos noch in der zweiten Liga und war erst wenige Monate zuvor aus der Fusion der beiden Vereine AEK Kouklia und AE Paphos entstanden.

Rekordmeister APOEL war dagegen das Nonplusultra im Lande und das Anspruchsdenken dort natürlich ein anderes. Dem wurde Fink zwar gerecht, dennoch nahm sein Engagement bei APOEL ein abruptes Ende. „In Zypern laufen die Dinge manchmal anders“, verrät er. Trotz Einzugs in Pokalfinale und auf Meisterschaftskurs liegend musste der Coach zwei Spieltage vor Saisonende seinen Hut nehmen. „Als ich ankam, waren wir Dritter, als ich ging auf Platz eins. Aber ich hatte nur Vertrag bis Mai.“ Thorsten Fink wollte nicht verlängern und wurde daher vorzeitig beurlaubt. So blieb Zypern für den Deutschen eine kurze, jedoch „gute Erfahrung“. Die Infrastruktur, die fanatischen Fans, die vollen Stadien bei Heimspielen, aber auch die Menschen und das Essen bleiben ihm für immer in positiver Erinnerung.
Ein Punkt beim Debüt
Spätestens seit dem Vorjahr und Paphos‘ erstem Meistertitel der Vereinsgeschichte hat sich die Fußballlandschaft in Zypern aber verändert. Es ist daher auch kein Zufall, dass der Neuling mit dem 0:0 bei Olympiakos Piräus trotz Unterzahl eine achtbare Premiere in der Königsklasse hingelegt hat. Dem Champions League-Debütanten haben sich einige Profis angeschlossen, die bereits bei europäischen Top-Clubs unter Vertrag standen, „die vielleicht etwas älter sind, aber nochmal europäisch spielen wollen“, meint Fink. „Paphos hat gute Spieler eingekauft, aber die sind auch nicht umsonst.“ So sei der Aufschwung des Clubs auch immer mit dem Namen Sergey Lomakin verbunden. Der russische Investor hat neben dem FC Paphos noch weitere Vereine in seinem Besitz.

Der FC Bayern dürfe den Gegner also nicht unterschätzen, gerade in so hitzigen Stadien müsse man aufpassen – doch an der klaren Favoritenrolle ändert das für Thorsten Fink nichts: „Aufgrund der individuellen Qualität muss Bayern das Spiel gewinnen.“ Gerade weil Paphos für viele in Europa noch eine Unbekannte ist, wird FCB-Coach Vincent Kompany seine Mannschaft zudem „genauso professionell vorbereiten wie vor dem ersten Saisonspiel gegen Chelsea. Die Analysen werden die gleichen sein, alles andere wäre fahrlässig“, weiß der Übungsleiter, der mittlerweile beim belgischen Erstligisten KRC Genk arbeitet.
Alles in allem werde Paphos für die Münchner zwar ein unangenehmer Gegner, aber nur Zwischenstation auf dem Weg in die K.o.-Runde sein. Dass es die Bayern am Ende unter die Top-Acht der Ligaphase schaffen werden, da ist sich Thorsten Fink „hundertprozentig sicher.“
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