
Ein Spielplan wie eine Zeitreise: In Liga und Pokal treffen wir im Oktober nur auf Traditionsclubs, mit denen wir schon in den 1980ern um die Bundesliga-Krone rangen. Ein Rückblick des Mitgliedermagazins 51 auf historische Duelle – und ein Vorgeschmack auf legendäre Spiele im Herbst 2025.
Anpfiff. Die 1980er Jahre sind ein Jahrzehnt des Übergangs. Noch gilt die alte Ordnung: Fans mit Radios auf der Tribüne, ehrliche Duelle Mann gegen Mann, Vorstopper gegen Stürmer. Gleichzeitig verändert sich das Spiel: grelle Trikots, wilde Frisuren – und die größten deutschen Stars wechseln für viel Geld nach Italien. Die letzten Weltmeister von 1974 treten ab, eine neue Generation übernimmt. Ab 1992 dürfen drei ausländische Spieler eingesetzt werden (vorher: zwei). Fußball wird endgültig Popkultur – die Zuschauerzahlen steigen bis Anfang der 90er um fast 50 Prozent, neue TV-Kanäle präsentieren den Sport als Show. Und der FC Bayern? Er kämpft mit großen Gegnern um die Krone des deutschen Fußballs.
Die Adler kommen – Eintracht Frankfurt, 1989/90

Frankfurt war in diesem Jahr die aufregendste Stadt der Liga. Das lag an Klaus Augenthaler, der in der ersten Runde des DFB-Pokals im Waldstadion den Ball 49,50 Meter weit und über Uli Stein hinweg ins Tor ballerte – das Tor des Jahrzehnts. Und weil Bayern dermaßen souverän Meister wurde, konnte man auch das spannende Projekt von Eintracht Frankfurt würdigen, die ab 1989 für einige Jahre zur echten Top-Mannschaft wurden.
„Mit Hessen zurück an die Spitze“, sagte sich Bernd Hölzenbein und baute ein Team auf um die „Local Boys“ Ralf Weber, Ralf Falkenmayer und Uwe Bein. Frankfurt beendete die Saison acht Punkte hinter dem FCB auf Rang drei, erzielte aber fast genauso viele Tore. Mit Tony Yeboah, Andy Möller und Maurizio Gaudino begeisterten sie in den Folgejahren die Liga mit Doppelpässen, verwegenen Laufwegen und technischen Kunststücken. Ein gegnerischer Spieler staunte: „Das ist Fußball aus dem Jahr 2000.“ Ein Titel kam nicht dabei raus. Vergessen hat sie trotzdem niemand, der den Fußball liebt.
>> Wiedersehen: 4. Oktober, 18:30 Uhr, in Frankfurt
Endspurt ohne die Roten – Borussia Dortmund 1991/92

Uli Hoeneß ahnte es früh: „Wir starten nicht in die Saison, um unbedingt Meister zu werden.“ Der FC Bayern war im Umbruch – Kapitän Klaus Augenthaler trat ab, Jürgen Kohler und Stefan Reuter wechselten in die Serie A. Der Start geriet zum Desaster: 1:2 in Rostock, 0:2 gegen Bochum, 1:4 gegen die Stuttgarter Kickers. Am 13. Spieltag dann der Tiefpunkt: 0:3 gegen Borussia Dortmund. Michael Rummenigge und Flemming Povlsen trafen, das dritte Tor besorgte Markus Münch unfreiwillig selbst – FCB-Keeper Hillringhaus schoss ihn 20 Meter vor dem Kasten an, von seiner Wade sprang der Ball ins eigene Tor. So schlecht spielte der FC Bayern seitdem nie wieder gegen den BVB.
Die Bayern reagierten mit zwei Trainerwechseln und der Verpflichtung von Mittelfeldkämpfer Jan Wouters in der Winterpause. Nichts half. Auch das Rückspiel gegen Dortmund ging 0:3 verloren.
Am Ende setzte sich der VfB Stuttgart in einem dramatischen Finale am letzten Spieltag gegen Dortmund und Frankfurt durch, Bayern wurde nur Zehnter – fünf Punkte vor einem Abstiegsplatz. Die schlechteste Bundesliga-Bilanz der Vereinshistorie. 1991/92 markierte den Wendepunkt – und den Beginn eines Neuaufbaus und einer neuen Zeit: 1992 startete die Champions League im neuen Modus, Premiere übertrug das Bundesliga-Top-Spiel im Pay-TV. 1995 machte das Bosman-Urteil den Fußball noch dynamischer und internationaler. Und 2001, genau zehn Jahre nach dem verkorksten Saisonstart, war der FC Bayern zurück auf dem Gipfel von Fußball-Europa.
>> Wiedersehen: 18. Oktober, 18:30 Uhr, in München
Das Jahr von Grün-Weiß – Borussia Mönchengladbach, 1987/88

Ausgerechnet als die Gladbacher Ikone Jupp Heynckes nach München wechselte, wurde die Borussia zum Kryptonit für den FC Bayern: Am 6. Spieltag reiste der FCB an den Niederrhein, hatte keine Chance. Zweimal Uwe Rahn, Endstand 2:0. Es war der Beginn eines grün-weißen Fluchs: Der FC Bayern blieb in dieser Spielzeit zum ersten Mal seit fünf Jahren titellos – Meister wurde der „ewige Zweite“ Werder Bremen. „Wir haben Bayerns Vorherrschaft gebrochen“, jubelte der Bremer Kapitän Mirko Votava. Als wäre das noch nicht genug, konnte Bayern in den darauffolgenden sieben Jahren in Gladbach keinen Sieg mehr erringen. An diesem Mittelfeldteam um Michael Frontzeck, den jungen Stefan Effenberg und dem starken Keeper Uwe Kamps biss man sich die Zähne aus. Noch heute sorgt diese Negativserie dafür, dass die Bayern gegen kein Bundesliga-Team eine schlechtere Bilanz haben als gegen Gladbach.
>> Wiedersehen: 25. Oktober, 15:30 Uhr, in Gladbach
Das rot-weiße Duell – 1. FC Köln, 1988/89

Zu Beginn der Saison schien undenkbar, dass sich Köln und München ein legendäres Duell um die Meisterschaft liefern würden: Am 8. Spieltag lagen die Domstädter mit 8:8 Punkten nur auf dem 8. Tabellenrang – der FCB stand auf Platz eins. Aber auch wenn sich die Kölner gern als Underdog inszenierten, sie hatten ein Team voller Top-Stars: Im Tor stand Nationalkeeper Bodo Ilgner, davor eine starke Achse von Jürgen Kohler und Pierre Littbarski bis zu Thomas Häßler. Der FC Bayern hingegen hatte Brehme und Matthäus abgegeben und sich mit Talenten wie Thon oder Reuter verstärkt. Kapitän Augenthaler wettete gegen Uli Hoeneß 2.000 Mark, dass dieses Team „nie und nimmer“ Meister werden würde. Aber Jupp Heynckes schuf ein perfekt funktionierendes Kollektiv. Auch Köln legte eine starke Serie hin, angefeuert von Christoph Daum: „Wenn kein Wind ist, fällt die Regatta aus. Dann muss man den Wind selbst machen.“ Nachdem die Bayern am 13. Mai 1989 0:2 bei den Stuttgarter Kickers verloren, war Köln nur noch einen Punkt hinter dem FCB. Es kam zum Doppel-Showdown: Erst duellierten sich Hoeneß und Daum im „Aktuellen Sportstudio“. Dann war der FCB am 31. Spieltag in Köln zu Gast. Der als Motivator geltende Daum hatte sich selbst übertroffen – nur bei der falschen Zielgruppe: „Wir waren so heiß“, erzählte Roland Wohlfarth, „ich wusste nicht mehr, wo oben und unten ist.“ Er schoss drei Tore. 3:1. Der FCB wurde souverän Meister, die Fans sangen: „Seppl Heynckes, du bist der beste Mann.“ Die erste Saison im Privatfernsehen – und gleich ein Drehbuch voller Drama.
>> Wiedersehen: 29. Oktober, 20:45 Uhr, in Köln
Die 99-Prozent-Saison – Bayer 04 Leverkusen, 1986/87

An seinem letzten Spiel im Olympiastadion bekam Udo Lattek eine Torte überreicht: „Rekordmeister Bayern München“ stand darauf, mit einer großen Zucker-Zehn. Er tunkte den Finger hinein und genoss. In der Saison 1986/87 wurde Bayern zum dritten Mal in Folge Meister – und löste Nürnberg als Rekordmeister ab. Es hätte die perfekte Saison sein können, wenn nicht ein junger Stürmer an einem verregneten Novembertag das Spiel seines Lebens gemacht hätte (und dann war da noch dieses Europapokalfinale in Wien).
Der 12. Spieltag. Olympiastadion. 47.000 Zuschauer, „viele bis auf die Haut nass“. Der ZDF-Reporter am Mikrofon jubelt: „Eines der besten Bundesliga-Spiele der letzten Jahre.“ Tabellenführer Bayern gegen Verfolger Leverkusen. Schnell erzielt Falko Götz das 0:1 per Kopf.
In der zweiten Halbzeit ziehen die Bayern ein Power-Play auf – Brehme, Mathy, Matthäus, Flick, Wohlfarth. 15 Ecken, aber kein zählbares Ergebnis. Auch Leverkusen spielt gut mit. Wolfgang Rolff dominiert das Mittelfeld, Bum-kun Cha zieht immer wieder schnelle Konter an und verlängert in der 87. Minute einen weiten Abschlag von Vollborn per Kopf in den Lauf von Götz, der mit einem Heber über Pfaff abschließt. 0:3. „Wenn mir das jemand vorher gesagt hätte …“, sagt Götz durch seinen Schnurrbart ins Mikrofon. Drei Jahre zuvor war der Stürmer während einer Länderspielreise der DDR-Nationalmannschaft in den Westen geflohen: Um Politik ging es ihm eher nicht: „Ich war ein großes Fußballtalent und wollte in der Bundesliga spielen.“ Bayer 04 übernahm die Tabellenführung. Am Ende konnten sie mit den Lattek-Bayern nicht mithalten, die nach dem ersten Trainingslager in Bahrain kein Spiel mehr verloren. Es war eben die perfekte Saison. Fast.
>> Wiedersehen: 1. November, 18:30 Uhr, in München
Der Text erschien im Mitgliedermagazin 51:
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