
Nach 12 Jahren im französischen Profi-Fußball kehrte Viviane Asseyi ihrem Heimatland im vergangenen Sommer den Rücken und wechselte nach München an die Isar. Die Erwartungen: Neue Mannschaft, neue Liga und neue Gegner – daraus wurde ausgerechnet bei ihrem FCB-Debüt nichts. Denn für die 27-Jährige war der erste Gegner im Bayern-Trikot der gleiche, wie bei ihrem viertletzten Spiel in der französischen Divison 1.
Neues Land, alter Gegner
„Das war schon eine sonderbare Situation“, blickt Asseyi auf das Champions-League-Viertelfinale der vergangenen Saison zurück. Damals trafen die FC Bayern Frauen in Bilbao auf den französischen Meister und Titel-Favoriten Olympique Lyon. Von der Ersatzbank musste die Angreiferin mit ansehen, wie ihre neue Mannschaft eine couragierte Leistung zeigte, aber nach 59 Minuten mit zwei Gegentreffern in Rückstand geriert. Ihr neuer Trainer Jens Scheuer handelte und brachte unter anderem Asseyi für Lineth Beerensteyn in die Partie. Trotz des Anschlusstreffers durch Carolin Simon und großer Schlussoffensive blieb es am Ende bei einer 1:2-Niederlage, was gleichbedeutend mit dem Ausscheiden aus dem Wettbewerb war.

Steh-Auf-Mentalität
Es war ein bitterer Abend für die Spielerinnen der FCB-Frauen und ein 'Nicht schon wieder'-Moment für Neuzugang Asseyi. Mit der Niederlage im europäischen Wettbewerb war es bereits das dritte Mal innerhalb weniger Jahre, dass der CL-Serienmeister ihr beim Titelkampf einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. So stand die Stürmerin zuvor vier Mal mit dem HSC Montpellier im Pokalfinale – nach Niederlagen gegen PSG und Saint-Etienne hieß der Endgegner 2012 und 2015 ebenfalls Olympique Lyon. Ein Grund zu verzagen war das für die Offensivspielerin aber nicht. Ganz im Gegenteil: „Ich bin ein Mensch, der immer gewinnen möchte. Selbst wenn ich mal verliere, hake ich das schnell ab, weil ich sofort wieder erfolgreich sein möchte. Das ist meine Mentalität.“
Diese optimistische und professionelle Herangehensweise habe ihr schon in der Vergangenheit auf ihrem Weg zur Profi-Fußballerin geholfen. Egal, ob es ihre ersten Monate beim FC Bayern, die Pokalfinals in ihrer Heimat oder die ersten Spiele mit 14 Jahren in der zweiten französischen Liga waren: „Ich weiß, welche Chance mir gegeben wurde. Seit ich ein kleines Kind bin, wollte ich immer Fußball spielen und jetzt kann ich davon leben. Eine positive Einstellung braucht man aber, um zu gewinnen.“

Perfekter Start
Um ihre Steh-Auf-Qualitäten beim FCB unter Beweis zu stellen, brauchte sie nicht lange. Zwei Wochen nach dem Ausscheiden im europäischen Wettbewerb stahl sich Asseyi im ersten Ligaspiel gegen den SC Sand nach einem Freistoß davon und köpfte nach nur zwei Minuten zur Führung ein. Über sechs Monate später weiß sie immer noch, bei wem sie sich für diesen Treffer zu bedanken hat: „Lina (Magull Anm. d. Red.) hat einen richtig guten Fuß und mir den Ball perfekt auf den Kopf serviert“, erklärt die Nummer 18 der Münchnerinnen, die sich über ihre erste Bude im roten Trikot besonders freute: „Ich bin immer sehr glücklich, wenn ich ein Tor erziele, aber damals war es etwas Besonderes. Es war mein erster Treffer für Bayern in einer komplett neuen Liga.“ Eine Liga, in der sie in den darauffolgenden Wochen noch Furcht und Schrecken in den gegnerischen Strafräumen verbreiten sollte. So traf Asseyi nicht nur beim nächsten Spiel gegen Werder Bremen, sondern trug sich noch weitere vier Mal (Bundesliga und DFB-Pokal) in die Torschützenliste ein.

Schwierige Phase mit Happy End
Die Jagd nach weiteren Toren im FCB-Trikot hatte jedoch ein jähes Ende. In der Vorbereitung auf ihre 47. Partie für die Équipe Tricolore verletzte sich Asseyi im Training bei der französischen Nationalmannschaft Ende November am Sprunggelenk und wusste sofort, dass es eine ernsthafte Blessur ist. „Ich habe ein lautes Knacken gehört und gemerkt, dass etwas kaputt ist“, blickt die Torjägerin zurück, die diesen Rückschlag trotz ihrer lebensfrohen Art erstmal sacken lassen musste. Sie sei sehr traurig gewesen, habe sich damit aber auch nicht zu lange aufgehalten. „An dem Tag, an dem die Operation anstand, habe ich schon wieder direkt an die Zukunft und an die Reha gedacht. Denn selbst in diesen Momenten muss man das Positive daraus ziehen“, so Asseyi, die seit diesem Zeitpunkt an ihrer Rückkehr auf den Platz arbeitete.
Wann das sein würde, war zunächst unklar. Ein genaues zeitliches Ziel für ihr Comeback hatte sich die Französin nämlich nicht gesetzt – bis sie am Sonntag gegen den SC Freiburg ihre Rückkehr feierte. Lediglich 20 Minuten brauchte sie, um als Joker ihren nicht verlorenen Killerinstinkt zu beweisen und schoss kurz vor Schluss zum 5:1-Enstand ein. Was für ein Comeback für Asseyi, die mehr als glücklich ist, wieder auf dem Platz zu stehen. Denn ihre Teamkolleginnen von der Tribüne aus zu unterstützen, mache zwar Spaß, aber wöchentlich nicht um drei Punkte auf dem Platz kämpfen zu können, hatte ihr sehr gefehlt: „Es ist wirklich sehr hart, weil ich es so liebe, Fußball zu spielen. Ich freue mich, dass die Mädels erfolgreich sind und wir diese Momente auch zusammen teilen können. Aber für mich persönlich war es eine schwere Zeit und hart, zuzuschauen. So ist das Leben. Man kann sich nicht alles aussuchen.“

Gewappnet für die kommenden Aufgaben
Falls im Verlauf der Saison dann tatsächlich ein erneutes Duell mit Olympique Lyon warten sollte, sind die FC Bayern Frauen gewappnet, denn Asseyi ist überzeugt, dass man aus der letzten Begegnung im August 2020 einiges gelernt hat. Kein einziges Spiel hat das Team von Jens Scheuer seither verloren. Und egal, ob sie dann während des Spiels auf dem Platz, der Bank oder der Tribüne ist – eins ist klar: Viviane Asseyi wird mit ihrer positiven Art alles dafür geben, um ihrer Mannschaft zum Sieg zu verhelfen.
Beim 5:1-Sieg gegen Freiburg feierte Asseyi ihr Comeback - und mit ihrem Team den 20. Pflichtspielsieg in Folge. Der Spielbericht:
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