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Lea Schüller und Georgia Stanway vom FC Bayern München

FCB-Frauen: Die neue bayerische Welle

Die EM hat Millionen von Fans begeistert. Nun starten die FC Bayern Frauen in die Saison 2022/23 – mit der neuen Europameisterin Georgia Stanway, dem neuen Trainer Alexander Straus und viel neuem Schwung. Exklusiv aus dem Clubmagazin "Säbener 51" (Fotos Claudia Gori).

Nach ihrer Darbietung beim Einstandssingen im Trainingslager im italienischen Bagno di Romagna nimmt Lina Magull Georgia Stanway in den Schwitzkasten. Die Kapitänin verpasst der neuen Kollegin eine spielerische Kopfwäsche, denn Stanway hat gerade vor versammelter Mannschaft „Sweet Caroline“ geträllert – den Song, der sie mit der englischen Nationalmannschaft zwei Wochen zuvor bis zum Finalsieg bei der EM getragen hat, wobei sie das Endspiel gegen Lina Magull und die DFB-Kolleginnen gewonnen hatte. Die Neue traut sich was! Allerdings kam ihre Gesangseinlage gut an, alle hatten mitgeschunkelt. Lina Magull führt ihre Strafmaßnahme dann auch mit einem Lächeln durch: Solche Sticheleien gehören dazu, zum Sport wie zum Leben in einem Team. Die EM ist abgehakt, jetzt geht es im Trikot des FC Bayern gemeinsam auf zu neuen Zielen.

Giulia Gwinn, Linda Dallmann und Sarah Zadrazil vom FC Bayern in Italien.

Giulia Gwinn, Linda Dallmann und Sarah Zadrazil beim Trainingslager in Italien.

Aufmerksamkeit längst verdient

Das Turnier in England hat dem Frauenfußball viel Aufmerksamkeit beschert, und zum Start in die neue Saison lautet nun die spannende Frage, inwieweit der Boom anhalten wird. Lina Magull ist nach dem Finale von Wembley mit ihrer Teamkollegin Sydney Lohmann ein paar Tage zum Wandern an den Achensee in Tirol gefahren – die beiden Nationalspielerinnen wurden sogar auf einsamen Bergwegen angesprochen, das passierte ihnen bisher nicht einmal in der belebten Stadt. „Die Leute haben uns zur tollen EM gratuliert und sich bedankt, weil sie die Spiele so cool fanden“, erzählt die Kapitänin. Als sie einmal auf einer Hütte Platz auf der vollen Terrasse suchten, drehten sich bald alle Köpfe nach dem Duo um. Das war ungewohnt und den beiden fast ein bisschen peinlich. „Aber es freut uns auch, denn mehr Aufmerksamkeit hat unser Sport längst verdient“, so Magull, „wegen mir kann es so weitergehen.“

„Der FC Bayern ist ein Club, da willst du dabei sein“

Nach der EM haben die Bayern-Frauen jedenfalls keine Zeit verloren, daran zu arbeiten, dass der Trend anhält: Als die finalen EM-Heldinnen sowie die Neuverpflichtung Tainara de Souza da Silva, die mit Brasilien die Copa America gewonnen hatte, von ihren Kurzurlauben zum Team stießen, saßen sie nach einem hurtigen Empfang mit Blumen von Managerin Karin Danner sowie der Sportlichen Leiterin Bianca Rech bereits im Flieger zum Trainingscamp in der Emilia-Romagna. Georgia Stanway ist beeindruckt, wie schnell sich hier alles nach vorne ausrichtet. Als sie vom Interesse aus München erfahren hatte, „war die Entscheidung sehr leicht“, erzählt die 23-Jährige: „Der FC Bayern, das ist ein Club, da willst du dabei sein. Ich freue mich sehr auf alles, was kommt.“

Georgia Stanway ist als Stammkraft des neuen Europameisters eine Spielerin, die der Fantasie viel Raum gibt, denn solche Neuzugänge machen die gesamte Bundesliga interessanter und unterstreichen auch die großen Ambitionen der Münchnerinnen. Bereits als Juniorennationalspielerin ist sie als Kapitänin und Torjägerin immer vorangegangen, sie möchte nun auch in ihrem neuen Team ihre Qualitäten einbringen: „Ich will helfen mit Leistung und meinem Einsatz, denn es ist meine Natur, immer alles zu geben.“ Beim FC Bayern ist seit Jahren ein Großteil der vielversprechendsten deutschen Nationalspielerinnen am Ball, zudem wurden immer wieder internationale Top-Spielerinnen wie die Österreicherin Sarah Zadrazil oder Saki Kumagai aus Japan verpflichtet. Nun eben Stanway, die gleich in den ersten Tagen schnell Anschluss gefunden hat. Bereits in den Minuten nach dem knappen 2:1-Erfolg im EM-Finale hatte sie den Kontakt zu den Kolleginnen in spe gesucht. „Es war für sie ein bitterer Moment, aber sie hatten ein so großartiges Turnier gespielt, da musste man auch sie beglückwünschen. Sie hätten den Sieg an dem Tag genauso verdient gehabt“, sagt die Engländerin, und Lina Magull fand die Geste in den schweren Minuten toll, erzählt sie: „Georgia ist offen und hat ein großes Herz. Wir haben sofort einen Draht zueinander entwickelt. Die Chemie stimmt.“

„Es war das schönste Tor, das ich je feiern durfte“

Die Zutaten sind also schon gut vermischt, um dem Frauenfußball zur nächsten Explosion – im positiven Sinn – zu verhelfen. Die EM hat noch einmal einen großen Schub gegeben, allen Teilnehmerinnen, und sinnbildlich dafür steht nicht nur die siegreiche englische, sondern auch die an diesem Tag unterlegene deutsche Seite. „Es war der beste Tag in meinem Leben“, sagt Stanway über das Finale in Wembley vor 90.000 Zuschauern. Lina Magull sieht das kaum anders, obwohl es am Ende nicht mit dem Sieg geklappt hatte. Die Mittelfeldspielerin hatte das zwischenzeitliche 1:1 erzielt. „Ein geiles Gefühl“, sagt sie. „Es hat sich so natürlich und automatisch angefühlt, den Ball reinzumachen.“ Sie lief direkt in die Kurve der deutschen Fans. „Das war Gänsehaut pur – es war das schönste Tor, das ich je feiern durfte.“ Sie macht eine kurze Pause, dann schmunzelt sie und fügt an: „Das schönste Tor, das ich bis jetzt feiern durfte.“ Die Kapitänin des FC Bayern hat noch einiges vor, in der Nationalelf wie in München.

FC Bayern Frauen mit Kapitänin Lina Magull.

Gute Laune: Kapitänin Lina Magull und die FCB-Frauen beim Warmup.

Die ersten Testspiele, zunächst in Italien und später beim Gewinn des AMOS Women’s French Cup in Toulouse, liefen dabei nach Maß; einem 2:0 über Sassuolo Calcio folgte beim Turnier in Frankreich ein 2:1 gegen den FC Barcelona und ein 3:0 gegen Manchester United. Die Liste der Torschützinnen liest sich illuster. Lina Magull traf im Finale gegen Manchester, außerdem waren in der Vorbereitung unter anderem Klara Bühl, Giulia Gwinn, Saki Kumagai, Neuzugang Emelyne Laurent von Olympique Lyon und auch die in der vergangenen Saison lange schmerzlich vermisste Rekonvaleszentin Jovana Damnjanovic erfolgreich. Die Stimmung unter dem neuen Trainer Alexander Straus ist hervorragend, gut zu sehen war das bei einer Szene, als ein Teil der Mannschaft auf dem Weg zum Gym plötzlich die Orientierung verloren hatte und an einer Straßenkreuzung festsaß. Jovana Damnjanovic drehte die Soundbox laut, dann wurde gesungen und getanzt, unter anderem ein griechischer Sirtaki – diese Frauen wissen, wie man das Beste aus jeder Situation macht.

„Es stimmt, dass der FC Bayern eine große Familie ist“

Georgia Stanway ist bereits vor ihrem Start in München bewusst geworden, „dass der FC Bayern ein besonderer Club ist“. Während des Turniers erhielten alle Spielerinnen immer wieder Videobotschaften von Präsident Herbert Hainer, auch sie, obwohl sie ja noch gar nicht in München Fuß gefasst hatte. „Wenn dir der Präsident solche Nachrichten schickt, ist das eine zusätzliche Motivation. Da spürst du, welche Wertschätzung die Spielerinnen im Club bekommen – und dass es stimmt, dass es beim FC Bayern tatsächlich eine große Familie ist“, erzählt sie. Bei den Vertragsverhandlungen hatte die Sportliche Leitung ihr „schnell das Gefühl gegeben, dass ich in diesem Club ein Zuhause weit weg von Zuhause finden werde – ich habe solche ,Family Vibes‘ wie hier noch nie gespürt und wollte unbedingt ein Teil davon werden“.

Sydney Lohmann FC Bayern Frauen

Sydney Lohmann und ihre Teamkolleginnen.

„Das war eine starke Geste“

Vor dem 2:0 der Männermannschaft gegen den VfL Wolfsburg wurden die EM-Finalistinnen sowie die Copa-Siegerin Tainara de Souza da Silva von Hainer, dem Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic in der ausverkauften Allianz Arena geehrt. „Das war eine starke Geste“, sagt Lina Magull, die sich ein großes Ziel gesetzt hat: Im Frühjahr waren 13.000 Zuschauer zu ihrem Champions League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain gekommen – „so ein Spiel möchten wir in der Allianz Arena wieder erleben, und dann mit noch mehr Fans auf den Rängen“. Die EM hat Appetit auf mehr gemacht, auch dank der Einschaltquoten in Deutschland mit bis zu 18 Millionen Zuschauern. Spätestens beim Empfang am Frankfurter Römer sei ihnen bewusst geworden, so Lina Magull, „wie viele Menschen wir erreicht und wie viel wir gewonnen haben. Es war wirklich ein kleines Sommermärchen.“ Bis heute kommt sie kaum nach, die Nachrichten auf ihrem Handy und über Social Media zu beantworten.

Klare Meinung zu „Equal Pay“

Bei der Debatte um „Equal Pay“, der gleichen Bezahlung von Männern wie Frauen, haben Lina Magull und Georgia Stanway eine klare Meinung. „Viel wichtiger wäre es, die Infrastruktur in der Bundesliga weiter zu verbessern, um für gleiche Chancen im Wettkampf und damit für ein gesundes Wachstum zu sorgen, das letztlich mehr Fans und Sponsoren anzieht“, sagt Magull. „Wir müssen spannende Wettbewerbe für die Zuschauerinnen und Zuschauer bieten“, sagt Georgia Stanway. Nach dem Turniersieg in Toulouse sang sie übrigens schon lautstark „Bayern, das samma mia“ mit. Klingt, als würden sie bald die Gegnerinnen gemeinsam in den Schwitzkasten nehmen. 

Das Trainingslager im Video!